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Zeitschrift für christliche Kunst — 15.1902

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Schnütgen, Alexander: Die kunsthistorische Ausstellung in Düsseldorf, [5]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4074#0156

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241

1902. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 8.

242

Die kunsthistorische Ausstellung in Düsseldorf.

V.
(Mit 4 Abbildungen.)

14. Die romanische Holzthüre von
St. Maria im Kapitol zu Köln.

jjnter den Gipsabgüssen hervorragen-
der Skulpturdenkmale aus Rhein-
land und Westfalen in der Düssel-
dorfer kunsthistorischen Ausstellung
verdient die Portalsthür von St. Maria im Ka-
pitol zu Köln eine eingehende Besprechung.
In Köln gehen die meisten Besucher der Kirche
achtungslos an einem der ältesten Bildwerke
vorüber; nur die Kenner wissen es zu schätzen,
können aber wegen mangelhafter Beleuchtung
nur weniges genauer sehen. In Düsseldorf ist
zum ersten Male Gelegenheit geboten, die
Schönheit und archäologische Bedeutung des
Werkes zu würdigen.

Die Thüre, welche der Ausstellungs-Katalog
Nr. 31 dem XI. Jahrh., Kugler der Zeit um
1100, aus'm Weerth dem XL oder Anfang des
XII. Jahrhunderts zuweist, zeigt in den Orna-
menten einen feinen Sinn für schöne und reiche
Formgebung, während die Figuren noch derb
und unbehülflich sind. Spärliche Reste von
Polychromirung verrathen allerdings, dafs die
Wirkung durch den Wechsel der Farben eine
viel gefälligere gewesen sein mufs.

Zunächst zeigt die Anordnung des Ganzen
eine glückliche Hand. Die Szenen aus dem
Leben Jesu folgen nicht wie auf den Thüren
am Dom zu Hildesheim und an S. Zeno in
Verona alle gleichmäfsig aufeinander. Der
Bildhauer zerlegt die Thüren in lebendigem
Wechsel von liegenden und stehenden Tafeln
in eine Prädella, und je 4 Tafeln, welche
zwischen 3 Quertafeln geordnet sind. Die
beiden Flügel sind von schweren, mit Blatt-
formen gezierten Wülsten eingefafst. Die Rahmen
der Einzelbilder bestehen aus flachen mit Perl-
stäben umsäumten Streifen von durchbrochenen
Bandverschlingungen; 54 kräftige Nagelköpfe
in ornamentirter Pinienapfel- oder Knospenform
bezeichnen mit reicher Wirkung die Durch-
querung der Leisten. Die vortreffliche Photo-
graphie des Katalogs läfst die festliche Pracht
der ganzen Ordnung kräftig in die Erscheinung
treten.

Die Bilderreihe beginnt oben links und
erzählt das Leben Jesu bis zur Herabsendung

des Hl. Geistes. Die erste Quertafel zeigt
Maria Verkündigung, die Heimsuchung und das
Magnifikat. Wir haben hier die in der alten
Kunst oft beobachtete Erscheinung synchroni-
stischer Darstellung, dafs auf einer Bildfläche
dieselben Personen in verschiedener Handlung
dargestellt werden. Man vergleiche in dem-
selben Kataloge den Gobelin von Lyskirchen
Nr. 54, wo Aussetzung und Findung Mosis in
einem Rahmen übereinander dargestellt sind.
Der Engel Gabriel erhebt die rechte Hand in
lebhafter Anrede und trägt in der Linken ein
Kreuz: der Tod des Erlösers im Kreuze ist
der Zweck der Menschwerdung. Daneben be-
grüfst Elisabeth die Mutter des Herrn. Zwischen
beiden Gruppen steht eine weibliche Heilige
mit gekreuzten Händen und zum Himmel ge-
wandtem Blick. Mit aus'm Weerth darin die
Mutter Anna zu sehen, ist wohl nicht angänglich,
da sie geschichtlich nicht dahin gehört. Es ist
ohne Zweifel das Magnifikat, wie auch schon
die feierliche Haltung der Figur andeutet.

Im zweiten Felde folgt die Verkündigung
der Geburt. So sehr ist einer der Hirten durch
den Engel erschreckt worden, dafs er fast hinten
über fällt und sich auf seinen Stab stützen mufs.
Das Krippenbild zeigt das Jesukind über einer
Bogenstellung, wie es um diese Zeit üblich. Maria
und Joseph schmiegen die Wange in die
Hand und schauen sitzend das Kindlein an. —
Im vierten Felde verlassen die hl. Dreikönigs
den Herodes, um im fünften ihre Gaben dar
zubringen. Maria sitzt feierlich, die Füfse auf
einen Schemel gestellt, der ebenso wenig dem
Herodes, wie Maria und Joseph an der Krippe
fehlt; auf ihrem Schofse sitzt das bekleidete
Kind; es erhebt segnend die Hand und trägt
in der Linken ein Buch als Verkündiger der
Wahrheit.

Das zweite Querbild zeigt die Flucht nach
Egypten, eingeleitet durch die Erscheinung des
Engels, der Joseph warnt. Joseph liegt auf dem
Bette; eine darunter kauernde Gestalt soll wohl
andeuten, dafs in nachtschlafender Zeit die
Flucht erfolgte. Recht volksthümlich ist der
Zug, dafs der hl. Joseph behaglich die linke
Hand unter dem Kopfe durchgesteckt hat. Die
Mutter Gottes sitzt, das Kindlein auf dem
 
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