Register bzw. Registerkombinationen auswählen. Drück-
te er eine Taste, erklangen grundsätzlich sämtliche zu
dieser Taste gehörenden Pfeifen. Daher wurden die
mittelalterlichen Orgeln auch als Blockwerke bezeichnet.
Außerdem umfasste die Klaviatur damals noch nicht vier
oder mehr Oktaven, wie dies heute der Fall ist. Die Tasten
waren wesentlich breiter, weil sich ihr Zuschnitt an dem
Umfang der breitesten Pfeifen orientierte. Auch eine
Pedalklaviatur mit eigenständigen Registern gab es noch
nicht. Offenbar waren dies aber durchaus wesentliche
Defizite, wie die Bemühungen um Abhilfe während der
folgenden Jahrhunderte aufzeigen.
Erst um die Wende zum 13. Jahrhundert kam es aber zu
einer ersten Erfindung, die folgenreich für den Orgelbau
werden sollte: das Wellenbrett (Abb 2).23 Mit seiner Hilfe
war es möglich, den Tastenimpuls seitlich umzulenken,
also um ein bestimmtes Maß aus der Achse der Taste ver-
setzt weiterzuleiten. Das bedeutet, dass die Tastenbreite
fortan nicht mehr an der Breite der Pfeifen ausgerichtet
werden musste. Die Tasten konnten schmaler angefertigt
werden, was auch dazu führte, dass innerhalb der
Reichweite des Organisten mehr Tasten und damit ein
größerer Tonumfang untergebracht werden konnten. Ein
weiterer Effekt: Die Pfeifen mussten nicht mehr in der
Abfolge der Tasten - also chromatisch - aufgestellt wer-
den, sondern konnten unabhängig von ihrer Abfolge
angeordnet werden. Damit war die Grundlage sowohl
für die Entwicklung der Spielanlage, das heißt des
Arbeitsplatzes des Organisten, insbesondere die Aus-
weitung des Tasten- bzw. Tonumfangs der Klaviaturen,
2 Wellenbrett, Bestandteile und Funktionsprinzip
3 Schleif lade spätmittelalterlicher Zeit (groove = Kanzelle, sli-
der = Schleife)
als auch der architektonisch motivierten Anordnung der
Pfeifen im Orgelprospekt gelegt.
Die zweite entscheidende Neuerung betraf die Möglich-
keit des Registrierens.24 Wie bereits geschildert, besaß
schon die mittelalterliche Orgel pro Taste mehrere Pfeifen
unterschiedlicher Größe, das heißt Tonhöhe, um einen
charakteristischen Klang und die gewünschte Lautstärke
zu erzeugen. Im Sinne der obigen „Minimaldefinition"
erklingen sämtliche Pfeifen, die zu dem Ventil gehören,
das der Organist durch den Druck auf eine Taste öffnet.
Wollte man aber eine klanglich zusammengehörige
Reihe von Pfeifen separat spielbar machen, brauchte
man eine Vorrichtung zum Ein- bzw. Ausschalten solcher
„Register". Diesem Zweck sollte eine Holzleiste dienen,
die so viele Bohrungen erhielt, wie das Register Pfeifen
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