B Methodischer Teil
Zur rechtlichen Situation der Orgeldenkmalpflege in Niedersachsen
Kirchliche Kulturgüter und staatliche
Denkmalpflege
Ansatzpunkt für die Beschäftigung des NLD mit histori-
schen Orgeln’ ist der oben aufgezeigte und für die Ge-
schichte des Orgelbaus durchgängige Sachverhalt, dass
sie ab einem bestimmten Alter einer ständigen Gefähr-
dung durch Umbau oder Abbau unterliegen.2 Daraus
resultiert der grundsätzliche Auftrag der Denkmalpflege,
die Grundlagen für den Schutz und die Erhaltung sowie
die Pflege denkmalwerter Orgeln zu legen. Dies er-
streckt sich in erster Linie und bezogen auf Niedersach-
sen auf die Erfassung, Dokumentation und Beurteilung
der Instrumente hinsichtlich ihres Denkmalwerts sowie -
und darauf aufbauend - auf die konservatorische
Betreuung und Beratung.3 Kirchliche und staatliche
Stellen sind mit Blick auf eine dem jeweiligen Instrument
angemessene Lösung verstärkt um Austausch und
Zusammenarbeit bemüht. Voraussetzung hierfür ist
aber, dass seitens der Denkmalfachbehörde ein verbind-
liches und aktuelles Verzeichnis derjenigen Orgeln zur
Verfügung gestellt wird, an deren Erhaltung ein öffent-
liches Interesse besteht. Das Niedersächsische Denkmal-
schutzgesetz legt zwar sowohl für inventarisatorische als
auch konservatorische Maßnahmen die Rahmenbedin-
gungen fest. Die Beschäftigung mit Orgeln, die sich in
kirchlichem Besitz befinden, unterliegt aber weiteren
Regelungen, die im Folgenden erläutert werden sollen.
Zunächst bedürfen die gesetzlichen Regelungen für die
Zusammenarbeit zwischen den Kirchen und dem Staat
besonderer Beachtung.4 Dies erklärt sich daraus, dass
Kulturgüter im Eigentum der Kirchen den klassischen
Fall einer „res mixta" darstellen: Hiernach sind die
Kirchen einerseits grundsätzlich berechtigt, ihre
Angelegenheiten selbständig zu verwalten, und zwar
„innerhalb der Schranken des für alle geltenden
Gesetzes".5 Andererseits sind Schutz und Förderung von
Kunst und Kultur als Staatsziele in der Niedersächsischen
Verfassung festgeschrieben. Das Land, die Gemeinden
und die Landkreise sind auf dieses Ziel verpflichtet.6
Diesem Verfassungsziel folgend gilt das NDSchG
zunächst grundsätzlich für alle Kulturdenkmale, die sich
auf dem Gebiet des Landes Niedersachsen befinden.
Ausgenommen sind gemäß Art. 140 GG i.V. mit Art.
137 WRV und Art. 138 Abs. 2 WRV jedoch die kirch-
lichen Kulturdenkmale im Sinne der Kirchenverträge.7 In
diesem Fall greift nun § 36 NDSchG, in dem die Geltung
der folgenden Kirchenverträge festgeschrieben ist:8
■Loccumer Vertrag vom 19.03.1955, hier insbesondere:
Art. 20
•Konkordat mit dem Hl. Stuhl vom 26. 02. 1965, hier:
§ 13 der Anlage.
Die Kirchenverträge haben die Funktion, die beiden
Rechtsgüter, nämlich den Denkmalschutz und die
Kirchenautonomie, zum Ausgleich zu bringen.9 Die
Ausgleichsfunktion bewirkt, dass die einschlägigen ver-
traglichen Regelungen den entsprechenden Vorschriften
des NDSchG als Sonderregelung prinzipiell vorgehen.10
Folgende Differenzierungen sind aber zu beachten:
a) Unberührt, das heißt anwendbar, bleibt § 3 NDSchG.
Das bedeutet: Ob eine Sache, die sich im Eigentum der
Kirche befindet, Kulturdenkmal im Sinne des NDSchG ist,
wird von der in diesem Fall zuständigen Denkmal-
fachbehörde, das heißt dem Landesamt für Denkmal-
pflege beurteilt.11 In gleicher Weise gilt auch § 4 NDSchG,
das heißt die Kirchenverträge hindern nicht an der
Eintragung kirchlicher Kulturdenkmale in das Verzeichnis
der Kulturdenkmale.12
b) Werden nun Maßnahmen an eingetragenen Kultur-
denkmalen geplant bzw. sollen solche durchgeführt wer-
den, bedürfen die Kirchen entsprechend der oben
genannten Regelung keiner denkmalrechtlichen Geneh-
migung gemäß § 10 NDSchG. Allerdings sollen sie sich
mit der zuständigen Denkmalbehörde ins „Benehmen"
setzen.13 Der Begriff des „Benehmens" ist abzugrenzen
von dem des „Einvernehmens". Während im letzteren
Fall die Zustimmung der genehmigenden Behörde erfor-
derlich ist, geht es hier um die Beteiligung der staatlichen
Denkmalpflege. Diese Beteiligung soll nach SCHMALTZ &
WIECHERT in der Weise erfolgen, dass die staatliche
Denkmalbehörde nach Einsicht in die sachbezogenen
Unterlagen eine Stellungnahme abgibt. Sind darin
„Einwendungen" oder „Änderungswünsche" enthalten,
soll die Kirche sich um eine Verständigung bemühen.
Kommt eine solche nicht zustande, kann die Kirche nach
ihrem Gutdünken verfahren, soweit die Erhaltung des
Kulturdenkmals selbst nicht gefährdet ist.14
c) Im letzteren Fall greift eine weitere Vereinbarung zwi-
schen der Landesregierung und den Kirchen, wonach die
Kirche solange von einem Abbruch oder dergleichen
absieht, wie die Erhaltung, auch nach Einbeziehung
staatlicher Fördermittel, wirtschaftlich zumutbar ist.15
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Zur rechtlichen Situation der Orgeldenkmalpflege in Niedersachsen
Kirchliche Kulturgüter und staatliche
Denkmalpflege
Ansatzpunkt für die Beschäftigung des NLD mit histori-
schen Orgeln’ ist der oben aufgezeigte und für die Ge-
schichte des Orgelbaus durchgängige Sachverhalt, dass
sie ab einem bestimmten Alter einer ständigen Gefähr-
dung durch Umbau oder Abbau unterliegen.2 Daraus
resultiert der grundsätzliche Auftrag der Denkmalpflege,
die Grundlagen für den Schutz und die Erhaltung sowie
die Pflege denkmalwerter Orgeln zu legen. Dies er-
streckt sich in erster Linie und bezogen auf Niedersach-
sen auf die Erfassung, Dokumentation und Beurteilung
der Instrumente hinsichtlich ihres Denkmalwerts sowie -
und darauf aufbauend - auf die konservatorische
Betreuung und Beratung.3 Kirchliche und staatliche
Stellen sind mit Blick auf eine dem jeweiligen Instrument
angemessene Lösung verstärkt um Austausch und
Zusammenarbeit bemüht. Voraussetzung hierfür ist
aber, dass seitens der Denkmalfachbehörde ein verbind-
liches und aktuelles Verzeichnis derjenigen Orgeln zur
Verfügung gestellt wird, an deren Erhaltung ein öffent-
liches Interesse besteht. Das Niedersächsische Denkmal-
schutzgesetz legt zwar sowohl für inventarisatorische als
auch konservatorische Maßnahmen die Rahmenbedin-
gungen fest. Die Beschäftigung mit Orgeln, die sich in
kirchlichem Besitz befinden, unterliegt aber weiteren
Regelungen, die im Folgenden erläutert werden sollen.
Zunächst bedürfen die gesetzlichen Regelungen für die
Zusammenarbeit zwischen den Kirchen und dem Staat
besonderer Beachtung.4 Dies erklärt sich daraus, dass
Kulturgüter im Eigentum der Kirchen den klassischen
Fall einer „res mixta" darstellen: Hiernach sind die
Kirchen einerseits grundsätzlich berechtigt, ihre
Angelegenheiten selbständig zu verwalten, und zwar
„innerhalb der Schranken des für alle geltenden
Gesetzes".5 Andererseits sind Schutz und Förderung von
Kunst und Kultur als Staatsziele in der Niedersächsischen
Verfassung festgeschrieben. Das Land, die Gemeinden
und die Landkreise sind auf dieses Ziel verpflichtet.6
Diesem Verfassungsziel folgend gilt das NDSchG
zunächst grundsätzlich für alle Kulturdenkmale, die sich
auf dem Gebiet des Landes Niedersachsen befinden.
Ausgenommen sind gemäß Art. 140 GG i.V. mit Art.
137 WRV und Art. 138 Abs. 2 WRV jedoch die kirch-
lichen Kulturdenkmale im Sinne der Kirchenverträge.7 In
diesem Fall greift nun § 36 NDSchG, in dem die Geltung
der folgenden Kirchenverträge festgeschrieben ist:8
■Loccumer Vertrag vom 19.03.1955, hier insbesondere:
Art. 20
•Konkordat mit dem Hl. Stuhl vom 26. 02. 1965, hier:
§ 13 der Anlage.
Die Kirchenverträge haben die Funktion, die beiden
Rechtsgüter, nämlich den Denkmalschutz und die
Kirchenautonomie, zum Ausgleich zu bringen.9 Die
Ausgleichsfunktion bewirkt, dass die einschlägigen ver-
traglichen Regelungen den entsprechenden Vorschriften
des NDSchG als Sonderregelung prinzipiell vorgehen.10
Folgende Differenzierungen sind aber zu beachten:
a) Unberührt, das heißt anwendbar, bleibt § 3 NDSchG.
Das bedeutet: Ob eine Sache, die sich im Eigentum der
Kirche befindet, Kulturdenkmal im Sinne des NDSchG ist,
wird von der in diesem Fall zuständigen Denkmal-
fachbehörde, das heißt dem Landesamt für Denkmal-
pflege beurteilt.11 In gleicher Weise gilt auch § 4 NDSchG,
das heißt die Kirchenverträge hindern nicht an der
Eintragung kirchlicher Kulturdenkmale in das Verzeichnis
der Kulturdenkmale.12
b) Werden nun Maßnahmen an eingetragenen Kultur-
denkmalen geplant bzw. sollen solche durchgeführt wer-
den, bedürfen die Kirchen entsprechend der oben
genannten Regelung keiner denkmalrechtlichen Geneh-
migung gemäß § 10 NDSchG. Allerdings sollen sie sich
mit der zuständigen Denkmalbehörde ins „Benehmen"
setzen.13 Der Begriff des „Benehmens" ist abzugrenzen
von dem des „Einvernehmens". Während im letzteren
Fall die Zustimmung der genehmigenden Behörde erfor-
derlich ist, geht es hier um die Beteiligung der staatlichen
Denkmalpflege. Diese Beteiligung soll nach SCHMALTZ &
WIECHERT in der Weise erfolgen, dass die staatliche
Denkmalbehörde nach Einsicht in die sachbezogenen
Unterlagen eine Stellungnahme abgibt. Sind darin
„Einwendungen" oder „Änderungswünsche" enthalten,
soll die Kirche sich um eine Verständigung bemühen.
Kommt eine solche nicht zustande, kann die Kirche nach
ihrem Gutdünken verfahren, soweit die Erhaltung des
Kulturdenkmals selbst nicht gefährdet ist.14
c) Im letzteren Fall greift eine weitere Vereinbarung zwi-
schen der Landesregierung und den Kirchen, wonach die
Kirche solange von einem Abbruch oder dergleichen
absieht, wie die Erhaltung, auch nach Einbeziehung
staatlicher Fördermittel, wirtschaftlich zumutbar ist.15
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