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Müller, Michael Christian; Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Editor]; Institut für Denkmalpflege [Editor]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: Orgeldenkmalpflege: Grundlagen und Methoden am Beispiel des Landkreises Nienburg/Weser — Hameln: Niemeyer, Heft 29.2003

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.51261#0054
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Unter der Rubrik D - Pfeifenwerk werden zunächst die
Anzahl der Register je Werk - auch zur Kontrolle - ange-
geben, weiterhin Angaben zu eventuellen Transmissio-
nen, zu den Prospektregistern und gegebenenfalls der
Stimmtonhöhe. Die Disposition selbst wird separat auf-
geführt. Sie umfasst die Auflistung der Register geord-
net nach Labial- und Lingualregistern sowie der Fußlage.
Unbedingt sinnvoll ist - wenn leistbar - die Protokollie-
rung der Zeitstellung der einzelnen Register. Wenn ein
Instrument des Jahres 1970 noch Register aus der Mitte
des 18. Jahrhunderts besitzt, kann dies bekanntlich von
erheblichem Einfluss auf die Beurteilung des Denkmal-
wertes sein. Umgekehrt gilt dies auch für neuere Regis-
ter bzw. Pfeifen in einer Orgel aus dem 19. Jahrhundert.
Wenn keine eindeutige Zuweisung zu einer datierbaren
Maßnahme möglich ist, genügt vorübergehend auch
eine relative Aussage, zum Beispiel im Sinne eines .älter'
oder Jünger', da hierdurch die zeitliche Verschiedenheit
zur beurteilungsrelevanten Maßnahme ausgedrückt ist.
Unter Rubrik E schließen sich die Angaben zur Windver-
sorgung an. Der Standort des Gebläses gibt Auskunft
darüber, von wo der Orgelwind angesaugt wird, was
nicht unerheblich für den Zustand einer Orgel, letztlich
auch ihrer Lebensdauer ist. Es folgen die Informationen
zu der Art und der Anzahl der Bälge, die wiederum zeit-
typisch sind, sowie zum Winddruck, wenn dieser be-
kannt sein sollte. Unter dieser Rubrik könnten mit Blick
auf konservatorische Fragestellungen auch Angaben zur
Heizungsanlage in der Kirche, also System, Baujahr,
Temperatureinstellungen oder Aufheizzeiten ergänzt
werden.
Von entscheidender Bedeutung ist schließlich, dass jede
der aufgeführten Aussagen ergänzt wird durch ein Feld
zum Ankreuzen, das Auskunft über den Erhaltungs-
zustand gibt: .erhalten' oder .nicht erhalten'. Die Aus-
sage .erhalten' meint, dass ein Element der Orgel, zum
Beispiel die Spieltraktur, Bestandteil der Gesamtkonzep-
tion ist, welche die Orgel aktuell prägt. Auch Elemente,
die aus Vorgängerorgeln übernommen und in die neue
Konzeption integriert worden sind, fallen unter das
Merkmal .erhalten', sollten aber bezogen auf ihren
eigenen Entstehungszusammenhang gesondert
gekennzeichnet werden, zum Beispiel mit einer
Datierung. Wurden hingegen Bestandteile ausge-
tauscht, ob nun Register oder Bälge, werden sie mit
.nicht erhalten' markiert. Letztlich wären die oben auf-
gelisteten Informationen wertlos, wenn sie nicht durch
diese Angabe zum Erhaltungszustand flankiert würden.
Aus diesem Status, .erhalten' oder .nicht erhalten',
bemisst sich denn auch der Erhaltungsgrad, der wiede-
rum Ausgangspunkt für die Beurteilung des
Denkmalwertes ist. Befinden sich Gehäuse, Spielanlage,
Pfeifenwerk etc. im bauzeitlichen, das heißt im
Originalzustand, wird dies durch .gesamt erhalten'
angegeben.

Der Erfassungsbogen durchlief mehrere Stufen der
Erprobung. Als Hilfsmittel zur systematischen Erfassung
von Orgeln wird er auch weiterhin verbesserungsfähig
sein. In jedem Fall dokumentiert er, welche Merkmale
einer Orgel für die Denkmalpflege als beurteilungsrele-
vant gelten und auch erfassungstauglich sind. Er doku-
mentiert als Resultat fünfmonatiger Erprobung aber
damit auch die Grenzen einer inventarisatorischen Be-
schäftigung mit Orgeln. So hat sich die oben bereits
erwähnte Beschränkung der Erfassungsinhalte als sinn-
voll erwiesen und sich bestätigt, dass eine umfassende
Dokumentation, zum Beispiel des Pfeifenwerks mit
Aufnahme der Mensuren, vor dem Hintergrund der zeit-
lichen und personellen Ressourcen zwar wünschenswert,
aber nicht sinnvoll, sondern erst im Vorfeld zum Beispiel
einer Restaurierungsmaßnahme angemessen ist.
Praktische Umsetzung des Projekts -
Arbeit vor Ort
Zu Beginn der Projektphase wurde darauf verzichtet, eine
Beschränkung der Erfassungszeit je Orgel anzusetzen. Es
stellte sich denn auch heraus, dass je nach Größe der
Orgel - im Landkreis Nienburg sind Orgeln maximal von
mittlerer Größe und große Instrumente selten - und
Schwierigkeitsgrad die zu veranschlagende Zeit stark
variiert. Dies bezieht sich in der Hauptsache auf die Ar-
beit an der Orgel selbst. Für die Durchsicht der Orgelakte
oder auch weitergehendes Archivstudium ist entspre-
chend mehr Zeit einzuplanen. Es soll aber auch noch ein-
mal betont werden, dass im Zentrum des Erfassungs-
projektes die Sichtung und Beurteilung der Substanz
selbst stand. Die Erarbeitung von Schriftquellen stellt
demgegenüber einen weiteren Schritt in der Erforschung
eines Instruments dar, die meist jedoch erst im Zusam-
menhang mit einer geplanten Maßnahme in Betracht
kommt. Insofern handelt es sich bei dieser Erfassung von
Orgeln in der Tat um eine Bestandsaufnahme, deren
Augenmerk auf der Dokumentation der bauzeitlichen
Substanz und deren Bewertung liegt.
Der Inhalt und die Abfolge der Arbeiten am Instrument
ergeben sich schlüssig aus dieser Ausrichtung:
■ Das Gehäuse der Orgel wird zunächst vom
Gemeinderaum und vom Standort aus nach einheitli-
chem Schema fotografiert.
• Die Orgel wird zum Abgleich mit den Informationen
aus ORDA einer ersten Besichtigung unterzogen,
etwa um jüngere Veränderungen zu erkennen.
■ Die Register werden einzeln und in zeittypischen
Kombinationen angespielt.
■ Die Orgel wird von innen besichtigt. Das Pfeifenwerk
steht hierbei im Mittelpunkt, um dessen
Zusammensetzung - auch im Abgleich mit Vorinfor-
mationen - festzustellen.
■ Die Ergebnisse der Besichtigung werden protokolliert.

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