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Müller, Michael Christian; Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Hrsg.]; Institut für Denkmalpflege [Hrsg.]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: Orgeldenkmalpflege: Grundlagen und Methoden am Beispiel des Landkreises Nienburg/Weser — Hameln: Niemeyer, Heft 29.2003

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https://doi.org/10.11588/diglit.51261#0070
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Spitz- und Rundtürmen - war prägend für die zukünfti-
gen Projekte. 1959 war auch Führers Neffe Fritz Schild in
den Betrieb eingetreten. Mit seiner Tätigkeit veränderte
sich das Klangbild der Neubauten hin zu mehr
Differenziertheit und Fülle, wurden die Orgeln in ihrem
Aufbau und in ihrer technischen Ausstattung immer kon-
sequenter nach „barocken" Prinzipien konstruiert.
Diesen Abschnitt der Firmengeschichte spiegelt die Orgel
der evangelischen Kirche in Marklohe wider, die aus dem
Jahr 1961 stammt und in ihrem ursprünglichen Zustand
erhalten ist (Abb. 148-150). Inzwischen ist die Ge-
schäftsleitung von Fritz Schild an Heiko Lorenz überge-
gangen. Wie die Firma Gebr. Hillebrand widmet sich
Führer schließlich auch intensiv der Restaurierung histori-
scher Instrumente.99
Neben diesen größeren Betrieben sind im Landkreis
Nienburg auch kleinere Werkstätten tätig. Von ihnen
wurden hauptsächlich Restaurierungen durchgeführt
und die Pflege der Instrumente wahrgenommen. Zu
ihnen gehören Martin Haspelmath, der Schüler von Paul
Ott gewesen ist,100 Franz Rietzsch in Hemmingen und
Jörg Bente in Helsinghausen.
Mit den Restaurierungen historischer bzw. denkmalwer-
ter Orgeln lässt sich am Ende dieser Übersicht wieder ein
Bogen in die Geschichte schlagen. Der Orgelbau im
Landkreis Nienburg macht auf verblüffend umfassende
Weise deutlich, wie sehr die Geschehnisse dort mit den
großen Zügen der Orgelbaugeschichte verknüpft sind.
Ob dies die vorbarocken Entwicklungen im Umfeld der
Siegel sind oder der Orgelbau der Schnitger-Schule, ob
dies die Geschichte des ländlich-romantischen Orgelbaus
oder die Orgelbewegung und deren Nachwirken bis in
die 1960er Jahre sind: Der Zeugnis- und Erlebniswert der
genannten Instrumente weist weit über sie selbst hinaus.
So zeigt sich an dieser Stelle ein weiteres Mal, wie umfas-
send, weil vom Wesen der Orgel her betrachtet ganz-
heitlich, ihre Bedeutung zum Beispiel für das Verständnis
der musik- und damit kulturgeschichtlichen Position des
Kreises ist. In der Tat bestätigt sich damit die im
Eingangszitat vermittelte Einsicht: Orgelgeschichte und
Musikgeschichte korrelieren, das heißt verweisen gegen-
seitig aufeinander, weil sie gemeinsamer Ausdruck der
übergeordneten kulturellen Gesamtsituation, der kultu-
rellen Identität sind.

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