Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Müller, Michael Christian; Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Hrsg.]; Institut für Denkmalpflege [Hrsg.]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: Orgeldenkmalpflege: Grundlagen und Methoden am Beispiel des Landkreises Nienburg/Weser — Hameln: Niemeyer, Heft 29.2003

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.51261#0202
Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Anmerkungen
A Einleitung
Die Orgel als Kulturdenkmal - Orgeldenkmalpflege in
Niedersachsen
1 1987 erschien die von dem Deutschen Nationalkomitee für
Denkmalschutz herausgegebene Schrift „Architektur und
Städtebau der fünfziger Jahre", in der die Autoren, ausgehend
von den Bedingungen nach den Kriegszerstörungen, den theo-
retischen Kontext dieser Baukultur und einzelne charakteristi-
sche Bauaufgaben vorstellen; vgl. DURTH & GUTSCHOW 1987.
2 Vgl. SCHOMANN 2002, S. 53-74.
3 Eine Bilanz zu dreißig Jahren Industriedenkmalpflege wird in
einer Sonderausgabe der Denkmalschutz Informationen im
Oktober 2002 gezogen; vgl. INDUSTRIEDENKMALPFLEGE 2002.
Vgl. auch FÖHL 1994, mit Darstellungen zu den verschiedenen
Funktionstypen (Produktion, Verkehr, Versorgung) und
Diskussion der Nutzungs- bzw. Umnutzungsproblematiken.
4 Vgl. MÜLLER 2001 zur Wechselwirkung der unterschiedlichen
Bestandteile einer Orgel, die einer einheitlichen Konzeption ent-
stammen. Diese Ganzheitlichkeit, die keine Besonderheit der
Orgel, wohl aber an dieser in eindrücklicher Weise demonstrier-
bar ist, darf als wesentliches Merkmal eines erhaltenen Instru-
ments gelten. Erst durch sekundäre Maßnahmen wird diese
Ganzheit gestört, der komplexe Überlieferungswert der Orgel
eingeschränkt oder schlimmstenfalls vernichtet. Für die
Konsequenzen aus diesem Merkmal der Orgel, mit dem sich der
zweite Teil von Kap. A ausführlich befasst, vgl. insbesondere
Kap. B mit Blick auf den Erhaltungsgrad historischer Instru-
mente sowie MÜLLER 2002, S. 198-202, wo anhand zweier
Beispiele der inventarisatorische Umgang mit unterschiedlich
erhaltenen Orgeln aufgezeigt und denkmalpflegerische
Zielvorstellungen für den weiteren Umgang entwickelt werden.
5 KAUFMANN 2001, S. 67, beschreibt, bezogen auf die musika-
lisch-künstlerische Aussage der Orgel, deren Wechselbezug zum
Wandel der grundlegenden Formprinzipien in der Musikge-
schichte, vor allem die Gegensätzlichkeit barocker und romanti-
scher Musiksprache: einerseits das „rhetorische“ Prinzip aufein-
ander bezogener Tonfolgen, die den Affekt eines barocken
Musikstücks zum Ausdruck bringen, andererseits der „maleri-
sche" Charakter vielschichtiger harmonischer Strukturen in der
romantischen Musik, die für sich genommen aber auch in ihrer
funktional-harmonischen Verknüpfung den „Charakter" des
Stückes darstellen. Während ersteres Formprinzip mit den „far-
bigen" Solo- oder Cantus firmus-Stimmen der Orgel korreliert,
die eine Melodie in unterschiedlicher Weise interpretieren kön-
nen, entspricht letzterem die dynamisch ausdifferenzierte
Schichtung grundtöniger Register, die „Klangmalereien" unter-
schiedlicher Aussagequalität ermöglichen.
6 Vielfach erscheint die Klangsprache solcher Orgeln, die in dem
Zeitraum von ca. 1950 bis in die 1980er Jahre hinein erbaut wur-
den, nicht mehr zeitgemäß, weil sie dem heute bei Neubauten
realisierten, eher grundtönig-romantische Klangfarben berük-
ksichtigenden Klangbild nicht entsprechen. Daher weist BALZ
1999, S. 17, in einem öffentlichkeitswirksamen Artikel darauf

hin, dass nicht nur technische oder intonatorische Korrekturen
vorgenommen werden, die ihrerseits ja auch bereits einen fol-
genreichen Eingriff darstellen. Vielmehr werden die Dispo-
sitionen umgestellt, oder es gibt sogar „Totalverluste“ durch den
Bau neuer Orgeln, wodurch historisch bedeutsame Instrumente
zerstört werden, die als Zeugen einer Epoche gelten können, die
im Bewusstsein vieler wieder verstärkt Beachtung findet: der
Nachkriegsjahrzehnte, also der 1950er, -60er und -70er Jahre.
SCHWARTZ 1995 vermittelt an mehreren Beispielen einen
Eindruck von den unterschiedlichen Ausprägungen der
Instrumente, die im Zuge und in der Nachfolge der sog. Orgel-
bewegung (vgl. Kap. A, S. 33-35 und Kap. C, S. 64-68 entstan-
den sind. Er gibt auch einen Überblick zu Möglichkeiten des
Umgangs mit solchen „neobarocken" Orgeln und den Mög-
lichkeiten, Verluste zu vermeiden (S. 428-446).
7 Zur Erweiterung des Denkmalverständnisses vom Kunst-, über
das Klang- bis zum Technikdenkmal, aber auch die damit ver-
bundene Problematik, den an sämtlichen Funktionsteilen auf-
tretenden Verschleiß bei der Beurteilung des Denkmalwerts der
Orgel angemessen zu berücksichtigen vgl. KAUFMANN 2001, S.
66. Einen historischen Vergleich der ideellen Hintergründe
sowie methodischen Ansätze bieten die Thesen, die Kirchen-
musikdirektor Biehle während des Tages für Denkmalpflege und
Heimatschutz 1926 in Breslau vortrug. Für ihn waren
Pfeifenwerk und Windladen von besonderem Interesse, weil sie
ja „zur Wiedergewinnung früherer Klangideale und zur
Wiederbelebung einer originalgetreuen Wiedergabe der
Orgelliteratur" wichtig seien, MÜHLEN 1990, S. 107. REHN
2001, S. 181f., weist auf die Restaurierungen seit den 1940er
Jahren in der Schweiz hin. Bis in die 1950er Jahre sei es vorge-
kommen, dass Prospekt und Pfeifenwerk im Mittelpunkt des
Erhaltungsinteresses gestanden hätten, während Trakturen und
Windladen „auf den jeweils modernsten Stand der Entwicklung
gebracht (...)" worden seien. Heute werde „ein Orgelwerk in
seiner Gesamtheit unter denkmalpflegerischen Gesichtspunk-
ten" beurteilt. So wird letztlich aus dem geschichtlich/wissen-
schaftlichen Zeugniswert der technischen Bestandteile einer
Orgel einerseits und der Gebrauchsfähigkeit als Musikinstru-
ment andererseits abzuleiten sein, ob und wie sie für die
Zukunft zu erhalten sind, vgl. auch MÜLLER 2002, S. 199-202.
8 Vgl. GENZMER 1964, S. 52f. Das Regulativ äußert sich zu
„Inventarisation, Pflege, Instandsetzung und Restaurierung des
Klangwertes alter Orgeln." (S. 53). Vgl. auch MÜHLEN 1990, S.
103.
9 REGULATIV 1970, S. 1424.
10 Das Faltblatt enthält auch einen Abriss der Orgelbaugeschich-
te in Niedersachsen und ein Glossar, das die wichtigsten
gebräuchlichen Fachbegriffe erläutert; vgl. FALTBLATT ORGEL
2002. Vgl. auch die Ausführungen der Präsidentin des NLD, Dr.
Christiane Segers-Glocke, zur „Denkmalpflege in schwieriger
Zeit" im Rahmen der Tagung Kirche und Denkmalpflege der
Evangelischen Akademie Loccum im Jahre 1998 in: Berichte zur
Denkmalpflege in Niedersachsen, 1998, 3, S. 108, sowie mit
besonderer Berücksichtigung der Orgeldatenbank in: Nieder-
sächsische Denkmalpflege 16, 2001, S. 29.
" Vgl. FALTBLATT ORGEL 2002 und MÜLLER 2002, S. 198, 200f.
12 Vgl. die einführenden Erläuterungen zu den Würdigungen der

200
 
Annotationen