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Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Hrsg.]; Institut für Denkmalpflege [Hrsg.]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: System Denkmalpflege - Netzwerke für die Zukunft — Hannover: Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege, Heft 31.2004

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Sektion 3: System Kulturlandschaft Harz
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https://doi.org/10.11588/diglit.51150#0190
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Sektion 3: System Kulturlandschaft Harz

Bergbau und Verhüttung in der Frühzeit

Frühe Industrielandschaft Harz - Ein Bodenarchiv ersten Ranges
Lothar Klappauf

Abb. 1: Das Bild des Harzes
wird vom dichten Fichtenforst
geprägt und von Halden des
frühneuzeitlichen Bergbaus,
2001.

Mittelgebirge gelten - der Harz ebenso wie der
Schwarzwald oder das Erzgebirge und auch die
Pyrenäen oder Karpaten - nicht nur als vom Menschen
bis in das fortgeschrittene Mittelalter auf Grund ihrer
Unwirtlichkeit gemiedene Gegenden, sondern sie
werden sogar als entscheidende Sperren für die Aus-
breitung früher Kulturen angesehen. Auf den ersten
Blick wird diese für die Denkmalpflege bequeme Auf-
fassung durch die schriftliche Überlieferung gestützt,
die - wie in den meisten Regionen - erst seit dem hohen
Mittelalter verstärkt einsetzt. Allerdings scheint diese
Auffassung eher durch das für den heutigen Menschen
schwierig begehbare Gelände verursacht zu sein
(Abb. 1). Das scheinbar sporadische Fundaufkommen,
das die Nutzung der Mittelgebirge seit dem Neolithikum
nur zu gelegentlichen, vor allem waidmännischen und
kultischen Zwecken zu unterstreichen scheint, wird
auch im Harz gerne als Begründung für die seltenen
archäologischen Aktivitäten während der vergangenen
Jahrzehnte akzeptiert, in denen sich die großen For-
schungsschwerpunkte auf die klassischen Siedlungs-
landschaften allenfalls im weiteren Harzvorland kon-
zentrierten. Noch in der Mitte der achtziger Jahre
wurden die Bodendenkmale des Mittelgebirges aus der
Inventarisation ausgeschlossen, da sie zu spezielle
Kenntnisse erforderten.
Als im Jahre 1981 am Rand des kleinen Dorfes Düna
bei Osterode eine Sondierungsgrabung notwendig
wurde, ahnte kaum jemand, dass sich daraus nicht nur
eine der größten Siedlungsgrabungen am Fuße des


Harzgebirges entwickeln würde, sondern dass sie die
Erforschung des Lagerstättengebietes selbst zur Folge
haben würde. Neben der überraschenden Freilegung
eines repräsentativen Steingebäudes des 10. Jahrhun-
derts n. Chr. (Abb. 2) konnten in datierten Befunden
Erze und Schlacken gefunden werden, deren Herkunft
durch Analysen an der TU Clausthal bestimmt werden
konnte. Eisenerze vom Iberg bei Bad Grund und aus
dem Lerbacher Revier bei Osterode wurden in den
Jahren vor Christi Geburt in Düna verhüttet. Oberharzer
Gangerze lieferten spätestens seit dem 2./3. Jahrhundert
n. Chr. das wertvolle Silber und nur wenig später ist der
Einsatz von Rammeisberger Erz zur Gewinnung von
Kupfer nachzuweisen. Im Gegensatz zur Interpretation
der wenigen schriftlichen Quellen, die den Beginn des
Bergbaus am Rammeisberg für die Jahre um 968 n. Chr.
und den im Oberharz etwas später im 12. Jahrhundert n.
Chr. für erwiesen ansahen.
Für die Archäologen waren diese Ergebnisse der
Anlass, im Lagerstättenrevier selbst nach den Spuren
des vor die ersten schriftlichen Quellen reichenden
Montan wesens zu suchen. Ausgrabungen des 1986 neu
entdeckten Schmelzplatzes am Johanneser Kurhaus auf
dem Zellerfelder Hauptzug im bedeutenden Lager-
stättenrevier bei Clausthal-Zellerfeld gelegen, brachten
in den Jahren 1987-91 erstes Licht in die Verhüttung
Oberharzer Gangerze auf Blei/Silber in der Zeit vom 10.
bis 13. Jahrhundert n. Chr. Die Ausgrabung am Riefen-
bach bei Bad Harzburg 1990/91 deckte einen Schmelz-
platz des 11./12. Jahrhunderts n. Chr. auf (Abb. 3), an
dem aus Rammeisberger Erz Kupfer und möglicher-
weise auch Blei/Silber geschmolzen wurde. Gleich-
zeitig brachte die Ausgrabung 1989/90 am Kunzenloch
bei Osterode etwas Licht in das Rätsel um die vieldis-
kutierten, als Hinweis auf bronzezeitliche Verhüttung
angesehenen Plattenschlacken, die hier erstmals zu
Scheiben zusammengesetzt und als typische Abfälle der
Verhüttung von Rammeisberger Erz auf Kupfer im
10./11. Jahrhundert n. Chr. identifiziert werden konnten.
Die etwa 15 Ausgrabungen der vergangenen zehn
Jahre konzentrierten sich auf Lokalitäten, an denen
durch verschiedene Maßnahmen Schmelzplätze gefähr-
det waren. Daneben wurden im Bereich der Stadt Goslar
etwa fünf größere Notgrabungen durchgeführt. Die
Konzentration der archäologischen Untersuchungen auf
Schmelzplätze ist vor allem dadurch erklärbar, dass sie
nicht, wie die Bergbaurelikte, über einen zum Teil
großen Zeitraum genutzt wurden, sondern bis in das 13.
Jahrhundert hauptsächlich von den Energieressourcen
abhängig und nur saisonal und kurzzeitig in Betrieb
waren.
Die hervorragende Erhaltung des Bodenarchivs im
Harz profitiert besonders von zwei Faktoren. Landwirt-
schaft war - erst recht nach der Klimaverschlechterung
 
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