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Sektion 6: Historische Forschung in der Denkmalpflege - Das Beispiel der Stadt
Abb. 3: Ellwangen, Blick aus
der Oberamtsstraße auf das
ehemalige Palais Adelmann,
2002.
Abb. 4: Ellwangen, Marien-
straße von Süden mit den
Türmen von Basilika und
ehemaliger Jesuitenkirche
im Hintergrund, 2002.
Der Fachplan und seine Bedeutung für
die Arbeit der Stadtverwaltung
Heute, da der Denkmalpflegerische Fachplan nach einer
eingehenden Untersuchung der Stadt fertig gestellt ist,
sind wir in einer wesentlich komfortableren Situation
und vor allem in einer Lage, in der wir rasch, aber ohne
Zeitdruck in Folge vorher erforderlich werdender Unter-
suchungen reagieren können. Das sind auch notwendig,
denn wir befinden uns mit dem Sanierungsabschnitt Ell-
wangen-Mitte in einer Gegend, wo es viele Über-
raschungen geben kann. Da sind der Marktplatz und
frühere Klosterfriedhof, als geistliches Zentrum. In
seinem nahen Umkreis befindet sich wohl auch die
Siedlung, die älter als das Kloster von 764 war und die
der Fachplan jetzt in der Nähe des Klosters lokalisiert
hat. Es geht also um Keimzellen der Stadt, dort stehen
ferner viele Häuser in ehemals fürstpröpstlichem Besitz,
bis heute teilweise in dem der öffentlichen Hand. Ihre
detaillierte Untersuchung liegt nun vor, zu einem Teil
gestützt durch dendrochronologische Untersuchungen.
Der Fachplan zeigt uns auch erstmals auf, dass eine Hie-
rarchie der Haustypen in fürstpröpstlicher Zeit nach-
weisbar und bis heute an der Struktur der jeweiligen
Gebäude ablesbar ist. Sie beginnt, insoweit noch geläu-
fig, mit den prächtigen Chorherrenhäusem, es folgen die
Gebäude der Chorvikare, die Amtshäuser, schließlich
die Bürgerhäuser der Oberschicht, der Mittelschicht und
der Kleinbürger. Ihnen allen ist eine bestimmte Grund-
rissgestaltung zu eigen, eine einfachere oder auf-
wendigere Ausführung der Erschließung. Die einstige
Sozialtopographie der Stadt lässt sich bis heute in der
Konzentration bestimmter Haustypen auf einzelne Gas-
sen oder Quartiere nachvollziehen. Dies war früher in
dieser Weise nicht bekannt, was vor allem den Abbruch
mancher Häuser der Kleinbürger und der Mittelschicht
bedeutete.
Damit sind Kenntnisse gewonnen, die bislang nur
ansatzweise vorhanden waren, aber eigentlich für Stadt-
planung und -Sanierung in einer 1250-jährigen Stadt
unentbehrlich sind, will man das erhalten, was für ihre
Identität typisch ist. Bei diesem Sanierungsabschnitt
wird uns auch der Fachplan mit seinen Kenntnissen über
ursprüngliche Straßenführungen und den Verlauf der
Befestigungsanlagen wichtige Anhaltspunkte für die
Stadtplanung geben. Der Fachplan zeigt auch mitten in
der Stadt die Stelle auf, wo ein ehemals dörfliches
kleines Quartier in die mittelalterliche Stadtentwicklung
einbezogen wurde, eine Stelle übrigens, die der Stadt-
planung immer Rätsel aufgab und wo sie mit allerhand
Passagenlösungen ansetzte, um am Schluss alles beim
Alten zu lassen. Erstmals ist auch eine systematische
Untersuchung von mehr als 60 Kellern erfolgt, welche
gerade im Bereich der ältesten Siedlungsstruktur
unerlässlich für die Planung ist. Dabei sind wichtige
archäologische Erkenntnisse gewonnen worden. Von
Bedeutung sind auch die Erkenntnisse über die Ent-
wicklung der Stadtränder und damit verbunden die
Wertigkeit von Grün- und Freiflächen.
Karten zur stadtbaugeschichtlichen Entwicklung und
historischen Sozialtopographie, zum Parzellengefüge,
zu den Freiflächen, zum Baualter, zu den Gebäudetypen
sowie schließlich eine Liste der Kulturdenkmale auf
dem neuesten Stand der Erkenntnis sind eine weitere
wichtige Beigabe des Fachplans. Für eine Stadt, in
welcher, um Wolfgang Braunfels nochmals zu zitieren,
alle politischen Ordnungen in guter Architektur an-
schaulich blieben, ist die Zusammenschau des Fach-
planes eigentlich unersetzlich, will man diese Beson-
derheit durch Planen und Handeln erhalten. Man muss
dazu auch, wie es der Fachplan macht, die Geschichte
dieser politischen Ordnungen noch deutlicher machen,
indem sie durch ein dichtes Netz von Detailinfor-
mationen miteinander verknüpft und verständlich ge-
macht werden.
Nur dann wird eine Stadtverwaltung Eigentümer
auch überzeugen, wenn sie ihnen Bedeutung und
Sektion 6: Historische Forschung in der Denkmalpflege - Das Beispiel der Stadt
Abb. 3: Ellwangen, Blick aus
der Oberamtsstraße auf das
ehemalige Palais Adelmann,
2002.
Abb. 4: Ellwangen, Marien-
straße von Süden mit den
Türmen von Basilika und
ehemaliger Jesuitenkirche
im Hintergrund, 2002.
Der Fachplan und seine Bedeutung für
die Arbeit der Stadtverwaltung
Heute, da der Denkmalpflegerische Fachplan nach einer
eingehenden Untersuchung der Stadt fertig gestellt ist,
sind wir in einer wesentlich komfortableren Situation
und vor allem in einer Lage, in der wir rasch, aber ohne
Zeitdruck in Folge vorher erforderlich werdender Unter-
suchungen reagieren können. Das sind auch notwendig,
denn wir befinden uns mit dem Sanierungsabschnitt Ell-
wangen-Mitte in einer Gegend, wo es viele Über-
raschungen geben kann. Da sind der Marktplatz und
frühere Klosterfriedhof, als geistliches Zentrum. In
seinem nahen Umkreis befindet sich wohl auch die
Siedlung, die älter als das Kloster von 764 war und die
der Fachplan jetzt in der Nähe des Klosters lokalisiert
hat. Es geht also um Keimzellen der Stadt, dort stehen
ferner viele Häuser in ehemals fürstpröpstlichem Besitz,
bis heute teilweise in dem der öffentlichen Hand. Ihre
detaillierte Untersuchung liegt nun vor, zu einem Teil
gestützt durch dendrochronologische Untersuchungen.
Der Fachplan zeigt uns auch erstmals auf, dass eine Hie-
rarchie der Haustypen in fürstpröpstlicher Zeit nach-
weisbar und bis heute an der Struktur der jeweiligen
Gebäude ablesbar ist. Sie beginnt, insoweit noch geläu-
fig, mit den prächtigen Chorherrenhäusem, es folgen die
Gebäude der Chorvikare, die Amtshäuser, schließlich
die Bürgerhäuser der Oberschicht, der Mittelschicht und
der Kleinbürger. Ihnen allen ist eine bestimmte Grund-
rissgestaltung zu eigen, eine einfachere oder auf-
wendigere Ausführung der Erschließung. Die einstige
Sozialtopographie der Stadt lässt sich bis heute in der
Konzentration bestimmter Haustypen auf einzelne Gas-
sen oder Quartiere nachvollziehen. Dies war früher in
dieser Weise nicht bekannt, was vor allem den Abbruch
mancher Häuser der Kleinbürger und der Mittelschicht
bedeutete.
Damit sind Kenntnisse gewonnen, die bislang nur
ansatzweise vorhanden waren, aber eigentlich für Stadt-
planung und -Sanierung in einer 1250-jährigen Stadt
unentbehrlich sind, will man das erhalten, was für ihre
Identität typisch ist. Bei diesem Sanierungsabschnitt
wird uns auch der Fachplan mit seinen Kenntnissen über
ursprüngliche Straßenführungen und den Verlauf der
Befestigungsanlagen wichtige Anhaltspunkte für die
Stadtplanung geben. Der Fachplan zeigt auch mitten in
der Stadt die Stelle auf, wo ein ehemals dörfliches
kleines Quartier in die mittelalterliche Stadtentwicklung
einbezogen wurde, eine Stelle übrigens, die der Stadt-
planung immer Rätsel aufgab und wo sie mit allerhand
Passagenlösungen ansetzte, um am Schluss alles beim
Alten zu lassen. Erstmals ist auch eine systematische
Untersuchung von mehr als 60 Kellern erfolgt, welche
gerade im Bereich der ältesten Siedlungsstruktur
unerlässlich für die Planung ist. Dabei sind wichtige
archäologische Erkenntnisse gewonnen worden. Von
Bedeutung sind auch die Erkenntnisse über die Ent-
wicklung der Stadtränder und damit verbunden die
Wertigkeit von Grün- und Freiflächen.
Karten zur stadtbaugeschichtlichen Entwicklung und
historischen Sozialtopographie, zum Parzellengefüge,
zu den Freiflächen, zum Baualter, zu den Gebäudetypen
sowie schließlich eine Liste der Kulturdenkmale auf
dem neuesten Stand der Erkenntnis sind eine weitere
wichtige Beigabe des Fachplans. Für eine Stadt, in
welcher, um Wolfgang Braunfels nochmals zu zitieren,
alle politischen Ordnungen in guter Architektur an-
schaulich blieben, ist die Zusammenschau des Fach-
planes eigentlich unersetzlich, will man diese Beson-
derheit durch Planen und Handeln erhalten. Man muss
dazu auch, wie es der Fachplan macht, die Geschichte
dieser politischen Ordnungen noch deutlicher machen,
indem sie durch ein dichtes Netz von Detailinfor-
mationen miteinander verknüpft und verständlich ge-
macht werden.
Nur dann wird eine Stadtverwaltung Eigentümer
auch überzeugen, wenn sie ihnen Bedeutung und