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Restaurierungsgeschichte mittelalterlicher Gewölbe- und Wandmalereien im Gebiet des heutigen Niedersachsen
vators durchgeführt. Erst als es zur Wiederherstellung
kommen sollte, wandte sich der Superintendent an
den Konservator und äußerte sein Bedauern wegen
des eigenmächtigen Vorgehens. Die Kirchengemeinde
in Gehrden-Leveste hatte bereits in den 1880er Jahren
Spuren von Wandmalereien entdeckt, diese aber nach
gescheiterten Freilegeversuchen wieder übertüncht.
Erst 20 Jahre später gelangte diese Information an
den Provinzialkonservator, der die Angelegenheit
jedoch nicht weiter verfolgte. Weitere 20 Jahre später
wurden die vorhandenen Wandmalereien im Kirchen-
visitationsbericht erwähnt, der abschriftlich auch an
den Provinzialkonservator ging. Dieser initiierte dann
die Freilegung. Wie schon zuvor, stand die Kirchen-
gemeinde auch zu dieser Zeit dem Vorhaben kritisch
gegenüber, da sie hohe Kosten und einen fragmenta-
rischen Erhaltungszustand fürchtete. In Hessisch-
Oldendorf-Großenwieden wurde der von der Kirchen-
gemeinde geplanten Kirchenrenovierung 1927 zwar
auf Seiten der Landeskirche zugestimmt, die sich mit
der Provinzialregierung verständigte, der gesamte
Umbau einschließlich der Restaurierungsmaßnahmen
an der Chorausmalung verlief jedoch ohne Hinzu-
ziehung des Konservators.
Konsequenzen hatte das geschilderte Verhalten der
Kirchengemeinden mit Ausnahme der genannten
Sistierungen nicht.
Der überwiegende Anteil der Quellen weist immerhin
eine korrekte Vorgehensweise seitens der Kirchen-
gemeinden auf, die den Rat des Provinzialkonser-
vators annahmen. Dieser beinhaltete fast immer, die
Freilegung und Restaurierung der Wand- oder
Gewölbemalereien durchzuführen. Meist gab er auch
Empfehlungen bezüglich des zu beauftragenden
Kirchenmalers. Dass die Kirchengemeinden so bereit-
willig von ihren ursprünglichen Plänen abrückten,
wurde begünstigt durch die Aussicht auf staatliche
Förderung, wenn sie im denkmalpflegerischen Sinne
handelten. Die meisten der ausgewählten histori-
schen Restaurierungen wurden durch staatliche
Beihilfen teilfinanziert, was der Denkmalpflege zu
größerem Einfluss verhalf. Der Zuschuss bot eine Art
Druckmittel gegenüber der Gemeinde, auf die
Empfehlungen des Provinzialkonservators einzuge-
hen.140 In einigen Fällen hieß es von vornherein, dass
die staatlichen Beihilfen nur gewährt würden, wenn
die Restaurierung nach bestimmten Methoden oder
zumindest gemäß der Forderungen des Provinzialkon-
servators erfolgte. Durch die finanzielle Beihilfe konn-
te sich der Staat demnach in die Restaurierungs-
maßnahmen ,einkaufen', unabhängig von der Bereit-
schaft und dem denkmalpflegerischen Gespür einer
Kirchengemeinde. 1904 bewilligte der preußische
Minister der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal-
angelegenheiten eine Beihilfe für die Restaurierung
der Chorausmalung der Kirche in Wittingen-Ohrdorf
unter der Bedingung, dass die Malereien nicht über-
malt, sondern nur ausgebessert würden. 1905 sollte
die Kirchengemeinde von Marklohe einen staatlichen
Zuschuss erhalten, wenn die Restaurierung unter
Leitung des Provinzialkonservators und nach dessen
Methodik erfolge.
Dass die anschließenden Maßnahmen dennoch nicht
immer im Sinne der Denkmalpflege durchgeführt
wurden, zeigen in Einzelfällen die abschließenden Be-
wertungen.
Auch wenn eine klar ausgesprochene Kritik der Kon-
servatoren selten war, so ist man im Vergleich der
Quellenstudien mit den vorhandenen Wandmalereien
des öfteren überrascht vom Ergebnis der Restau-
rierungen, war es doch häufig anders ausgefallen als
die Anordnungen des Konservators vermuten lassen.
Dass ungeachtet der anfänglichen Kooperationsbe-
reitschaft der Kirchengemeinden abschließend Kritik
an den Restaurierungsmaßnahmen geübt wurde oder
dass das Ergebnis anders ausfiel als zu Beginn einer
Restaurierung vorgegeben, hat vielschichtige Gründe:
Dazu gehören unterschiedliche Zielsetzungen von
Kirchengemeinden und Denkmalpflege, missver-
ständliche und unklare Formulierungen bezüglich der
Ausführungsvorgaben, mangelnde Qualifikation der
ausführenden Kirchenmaler und Restauratoren sowie
unkontinuierliche Betreuung durch die Konservato-
ren. Diese Gründe und ihre Folgen werden auf den
Seiten 44-79 ausführlicher betrachtet.
Restaurierungsgeschichte mittelalterlicher Gewölbe- und Wandmalereien im Gebiet des heutigen Niedersachsen
vators durchgeführt. Erst als es zur Wiederherstellung
kommen sollte, wandte sich der Superintendent an
den Konservator und äußerte sein Bedauern wegen
des eigenmächtigen Vorgehens. Die Kirchengemeinde
in Gehrden-Leveste hatte bereits in den 1880er Jahren
Spuren von Wandmalereien entdeckt, diese aber nach
gescheiterten Freilegeversuchen wieder übertüncht.
Erst 20 Jahre später gelangte diese Information an
den Provinzialkonservator, der die Angelegenheit
jedoch nicht weiter verfolgte. Weitere 20 Jahre später
wurden die vorhandenen Wandmalereien im Kirchen-
visitationsbericht erwähnt, der abschriftlich auch an
den Provinzialkonservator ging. Dieser initiierte dann
die Freilegung. Wie schon zuvor, stand die Kirchen-
gemeinde auch zu dieser Zeit dem Vorhaben kritisch
gegenüber, da sie hohe Kosten und einen fragmenta-
rischen Erhaltungszustand fürchtete. In Hessisch-
Oldendorf-Großenwieden wurde der von der Kirchen-
gemeinde geplanten Kirchenrenovierung 1927 zwar
auf Seiten der Landeskirche zugestimmt, die sich mit
der Provinzialregierung verständigte, der gesamte
Umbau einschließlich der Restaurierungsmaßnahmen
an der Chorausmalung verlief jedoch ohne Hinzu-
ziehung des Konservators.
Konsequenzen hatte das geschilderte Verhalten der
Kirchengemeinden mit Ausnahme der genannten
Sistierungen nicht.
Der überwiegende Anteil der Quellen weist immerhin
eine korrekte Vorgehensweise seitens der Kirchen-
gemeinden auf, die den Rat des Provinzialkonser-
vators annahmen. Dieser beinhaltete fast immer, die
Freilegung und Restaurierung der Wand- oder
Gewölbemalereien durchzuführen. Meist gab er auch
Empfehlungen bezüglich des zu beauftragenden
Kirchenmalers. Dass die Kirchengemeinden so bereit-
willig von ihren ursprünglichen Plänen abrückten,
wurde begünstigt durch die Aussicht auf staatliche
Förderung, wenn sie im denkmalpflegerischen Sinne
handelten. Die meisten der ausgewählten histori-
schen Restaurierungen wurden durch staatliche
Beihilfen teilfinanziert, was der Denkmalpflege zu
größerem Einfluss verhalf. Der Zuschuss bot eine Art
Druckmittel gegenüber der Gemeinde, auf die
Empfehlungen des Provinzialkonservators einzuge-
hen.140 In einigen Fällen hieß es von vornherein, dass
die staatlichen Beihilfen nur gewährt würden, wenn
die Restaurierung nach bestimmten Methoden oder
zumindest gemäß der Forderungen des Provinzialkon-
servators erfolgte. Durch die finanzielle Beihilfe konn-
te sich der Staat demnach in die Restaurierungs-
maßnahmen ,einkaufen', unabhängig von der Bereit-
schaft und dem denkmalpflegerischen Gespür einer
Kirchengemeinde. 1904 bewilligte der preußische
Minister der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal-
angelegenheiten eine Beihilfe für die Restaurierung
der Chorausmalung der Kirche in Wittingen-Ohrdorf
unter der Bedingung, dass die Malereien nicht über-
malt, sondern nur ausgebessert würden. 1905 sollte
die Kirchengemeinde von Marklohe einen staatlichen
Zuschuss erhalten, wenn die Restaurierung unter
Leitung des Provinzialkonservators und nach dessen
Methodik erfolge.
Dass die anschließenden Maßnahmen dennoch nicht
immer im Sinne der Denkmalpflege durchgeführt
wurden, zeigen in Einzelfällen die abschließenden Be-
wertungen.
Auch wenn eine klar ausgesprochene Kritik der Kon-
servatoren selten war, so ist man im Vergleich der
Quellenstudien mit den vorhandenen Wandmalereien
des öfteren überrascht vom Ergebnis der Restau-
rierungen, war es doch häufig anders ausgefallen als
die Anordnungen des Konservators vermuten lassen.
Dass ungeachtet der anfänglichen Kooperationsbe-
reitschaft der Kirchengemeinden abschließend Kritik
an den Restaurierungsmaßnahmen geübt wurde oder
dass das Ergebnis anders ausfiel als zu Beginn einer
Restaurierung vorgegeben, hat vielschichtige Gründe:
Dazu gehören unterschiedliche Zielsetzungen von
Kirchengemeinden und Denkmalpflege, missver-
ständliche und unklare Formulierungen bezüglich der
Ausführungsvorgaben, mangelnde Qualifikation der
ausführenden Kirchenmaler und Restauratoren sowie
unkontinuierliche Betreuung durch die Konservato-
ren. Diese Gründe und ihre Folgen werden auf den
Seiten 44-79 ausführlicher betrachtet.