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Restaurierungsgeschichte mittelalterlicher Gewölbe- und Wandmalereien im Gebiet des heutigen Niedersachsen
Hannover aus, entwarf einen Wandfries für die han-
noversche Bauhütte und in Zusammenarbeit mit dem
Architekten Eduard Wendebourg versah er viele von
dessen Bauten mit Ausmalungen. Seit den 1920er
Jahren arbeitete er als Restaurator für das
Provinzialmuseum in Hannover. Sowohl bei Koch als
auch bei Wichtendahl ist die Annahme naheliegend,
dass sich für sie als Kunstmaler der traditionellen,
historistischen Schule durch den Zerfall des Kaiser-
reichs und des Adels nach dem Ersten Weltkrieg und
den damit einhergehenden Wegfall wichtiger Auf-
traggeber die Arbeitssituation drastisch verschlechter-
te. Ein Ausweichen auf das Gebiet der Restaurierung,
was sie schon vorher nebenbei betrieben hatten,
brachte ein gesichertes Einkommen. Auch für Morisse
war die Landschaftsmalerei allein vermutlich nicht
ausreichend, um seinen Lebensunterhalt zu verdie-
nen.203 So führte er nicht nur Restaurierungen aus,
sondern fertigte auch Auftragsarbeiten in Form von
Firmenbriefköpfen und Druckgrafiken an und malte
im Auftrag des Großherzogs. In den 1920er Jahren ist
verstärkt bei Martin Gotta eine Verschlechterung der
wirtschaftlichen Situation feststellbar. Er bewarb sich
vielfach initiativ bei Kirchengemeinden um Ausmalun-
gen und Restaurierungen.204 Die Untersuchung der
Kirchengewölbe in Gehrden-Leveste bot er 1927 als
unbezahlte Leistung an, in der Hoffnung, anschlie-
ßend mit Freilegung und Restaurierung beauftragt zu
werden.205
Einige der Maler waren überregional tätig. Vor allem
Quensen arbeitet im gesamten preußischen Gebiet.
Aber auch bei Olbers und Wichtendahl sind größere
Wirkungskreise feststellbar. Bei den rein handwerklich
ausgebildeten Malern zeigt sich dagegen eine regio-
nale Beschränkung. Kruse und Hustermeier waren
verstärkt im Osnabrücker Raum tätig. Ebelings Tä-
tigkeitsgebiet war weitläufiger, beschränkte sich
jedoch weitestgehend auf die Provinz Hannover und
umliegende Regionen. So ist seine Arbeit in der
Krypta der Quedlinburger Stiftskirche und in verschie-
denen Kirchen im westfälischen Raum nachzuweisen.
Die überwiegende Zahl der aufgeführten Maler ist
heute weitgehend in Vergessenheit geraten oder
hatte schon zur Schaffenszeit keinen großen Bekannt-
heitsgrad erlangt. Selbst diejenigen, die zu ihrer Zeit
über einen regionalen Bekanntheitsgrad hinaus
gelangt waren, wie beispielsweise Adolf Quensen und
Oskar Wichtendahl, finden als Künstler kaum mehr
Erwähnung, sicher auch dadurch bedingt, dass zahl-
reiche Raumausmalungen den Zerstörungen des
Zweiten Weltkriegs oder den purifizierenden Maß-
nahmen der 1950er und 60er Jahre zum Opfer gefal-
len sind.
Eine definierte Restaurierungsmethodik lässt sich den
einzelnen Malern kaum zuschreiben. Ihre Maßnah-
men sind weniger auf persönliche Auffassung als auf
eine mit der Zeit gehende Restaurierungsauffassung
zurückzuführen. So waren die späteren Restaurierun-
gen insgesamt zurückhaltender als die Maßnahmen
zu Beginn des 20. Jahrhunderts (vgl. S. 44-79).
Reinhold Ebeling scheint aber zumindest in seinen frü-
hen Restaurierungsmaßnahmen seine eigene Inter-
pretation geltend gemacht zu haben. Die von ihm fast
zeitgleich ausgeführten Restaurierungen in den
Kirchen von Kirchhorst und Sulingen erzeugten eine
große Ähnlichkeit beim Typus der Figuren in den bei-
den Kirchen. Zurückzuführen ist dieser Umstand auf
Ebelings Übermalungen. Eine Art „Restaurierstil" zei-
gen auch die verschiedenen Maßnahmen Martin
Gottas. An allen untersuchten Objekten legte er den
Hintergrund der figürlichen Szenen mit farbigen Lasu-
ren aus und schloss damit den fragmentarischen Be-
stand. Die Figuren selbst versah er hauptsächlich mit
zurückhaltenden Ergänzungen. Vor dem vereinheit-
lichten Hintergrund waren so die reduziert erhaltenen
figürlichen Darstellungen silhouettenartig ablesbar.
Im Übrigen sind individuelle Ausprägungen nicht fest-
stellbar. Dies kann man unter anderem darauf zurück-
führen, dass eine Restaurierung von verschiedenen
Faktoren abhing. Zum Einen vom Erhaltungszustand
der Malerei und vom ursprünglichen Malstil, an den
sich die Maler, vor allem bei rekonstruierenden Über-
malungen der Frühzeit des 20. Jahrhunderts, anzu-
passen versuchten. Zum Anderen beeinflussten
Wünsche und Vorstellungen der beteiligten Personen
und Institutionen wie Kirchengemeinden und Denk-
malpflege die Ausführung der Restaurierung.
Zum Teil waren auch mehrere ausführende Organe an
den Restaurierungen beteiligt. Bei den Restaurierun-
gen in Bissendorf-Schledehausen und in Auetal-
Kathrinhagen wurden beispielsweise Kunstmaler mit
Entwürfen von Kartons zur Rekonstruktion der Dar-
stellungen beauftragt. Anhand dieser Vorlagen führ-
ten die beauftragten Kirchenmaler die Restaurierung
bzw. Rekonstruktion aus. Sie mussten sich somit auch
hier den gegebenen Umständen anpassen und sich
nahe an der Vorlage orientieren.
Restaurierungsgeschichte mittelalterlicher Gewölbe- und Wandmalereien im Gebiet des heutigen Niedersachsen
Hannover aus, entwarf einen Wandfries für die han-
noversche Bauhütte und in Zusammenarbeit mit dem
Architekten Eduard Wendebourg versah er viele von
dessen Bauten mit Ausmalungen. Seit den 1920er
Jahren arbeitete er als Restaurator für das
Provinzialmuseum in Hannover. Sowohl bei Koch als
auch bei Wichtendahl ist die Annahme naheliegend,
dass sich für sie als Kunstmaler der traditionellen,
historistischen Schule durch den Zerfall des Kaiser-
reichs und des Adels nach dem Ersten Weltkrieg und
den damit einhergehenden Wegfall wichtiger Auf-
traggeber die Arbeitssituation drastisch verschlechter-
te. Ein Ausweichen auf das Gebiet der Restaurierung,
was sie schon vorher nebenbei betrieben hatten,
brachte ein gesichertes Einkommen. Auch für Morisse
war die Landschaftsmalerei allein vermutlich nicht
ausreichend, um seinen Lebensunterhalt zu verdie-
nen.203 So führte er nicht nur Restaurierungen aus,
sondern fertigte auch Auftragsarbeiten in Form von
Firmenbriefköpfen und Druckgrafiken an und malte
im Auftrag des Großherzogs. In den 1920er Jahren ist
verstärkt bei Martin Gotta eine Verschlechterung der
wirtschaftlichen Situation feststellbar. Er bewarb sich
vielfach initiativ bei Kirchengemeinden um Ausmalun-
gen und Restaurierungen.204 Die Untersuchung der
Kirchengewölbe in Gehrden-Leveste bot er 1927 als
unbezahlte Leistung an, in der Hoffnung, anschlie-
ßend mit Freilegung und Restaurierung beauftragt zu
werden.205
Einige der Maler waren überregional tätig. Vor allem
Quensen arbeitet im gesamten preußischen Gebiet.
Aber auch bei Olbers und Wichtendahl sind größere
Wirkungskreise feststellbar. Bei den rein handwerklich
ausgebildeten Malern zeigt sich dagegen eine regio-
nale Beschränkung. Kruse und Hustermeier waren
verstärkt im Osnabrücker Raum tätig. Ebelings Tä-
tigkeitsgebiet war weitläufiger, beschränkte sich
jedoch weitestgehend auf die Provinz Hannover und
umliegende Regionen. So ist seine Arbeit in der
Krypta der Quedlinburger Stiftskirche und in verschie-
denen Kirchen im westfälischen Raum nachzuweisen.
Die überwiegende Zahl der aufgeführten Maler ist
heute weitgehend in Vergessenheit geraten oder
hatte schon zur Schaffenszeit keinen großen Bekannt-
heitsgrad erlangt. Selbst diejenigen, die zu ihrer Zeit
über einen regionalen Bekanntheitsgrad hinaus
gelangt waren, wie beispielsweise Adolf Quensen und
Oskar Wichtendahl, finden als Künstler kaum mehr
Erwähnung, sicher auch dadurch bedingt, dass zahl-
reiche Raumausmalungen den Zerstörungen des
Zweiten Weltkriegs oder den purifizierenden Maß-
nahmen der 1950er und 60er Jahre zum Opfer gefal-
len sind.
Eine definierte Restaurierungsmethodik lässt sich den
einzelnen Malern kaum zuschreiben. Ihre Maßnah-
men sind weniger auf persönliche Auffassung als auf
eine mit der Zeit gehende Restaurierungsauffassung
zurückzuführen. So waren die späteren Restaurierun-
gen insgesamt zurückhaltender als die Maßnahmen
zu Beginn des 20. Jahrhunderts (vgl. S. 44-79).
Reinhold Ebeling scheint aber zumindest in seinen frü-
hen Restaurierungsmaßnahmen seine eigene Inter-
pretation geltend gemacht zu haben. Die von ihm fast
zeitgleich ausgeführten Restaurierungen in den
Kirchen von Kirchhorst und Sulingen erzeugten eine
große Ähnlichkeit beim Typus der Figuren in den bei-
den Kirchen. Zurückzuführen ist dieser Umstand auf
Ebelings Übermalungen. Eine Art „Restaurierstil" zei-
gen auch die verschiedenen Maßnahmen Martin
Gottas. An allen untersuchten Objekten legte er den
Hintergrund der figürlichen Szenen mit farbigen Lasu-
ren aus und schloss damit den fragmentarischen Be-
stand. Die Figuren selbst versah er hauptsächlich mit
zurückhaltenden Ergänzungen. Vor dem vereinheit-
lichten Hintergrund waren so die reduziert erhaltenen
figürlichen Darstellungen silhouettenartig ablesbar.
Im Übrigen sind individuelle Ausprägungen nicht fest-
stellbar. Dies kann man unter anderem darauf zurück-
führen, dass eine Restaurierung von verschiedenen
Faktoren abhing. Zum Einen vom Erhaltungszustand
der Malerei und vom ursprünglichen Malstil, an den
sich die Maler, vor allem bei rekonstruierenden Über-
malungen der Frühzeit des 20. Jahrhunderts, anzu-
passen versuchten. Zum Anderen beeinflussten
Wünsche und Vorstellungen der beteiligten Personen
und Institutionen wie Kirchengemeinden und Denk-
malpflege die Ausführung der Restaurierung.
Zum Teil waren auch mehrere ausführende Organe an
den Restaurierungen beteiligt. Bei den Restaurierun-
gen in Bissendorf-Schledehausen und in Auetal-
Kathrinhagen wurden beispielsweise Kunstmaler mit
Entwürfen von Kartons zur Rekonstruktion der Dar-
stellungen beauftragt. Anhand dieser Vorlagen führ-
ten die beauftragten Kirchenmaler die Restaurierung
bzw. Rekonstruktion aus. Sie mussten sich somit auch
hier den gegebenen Umständen anpassen und sich
nahe an der Vorlage orientieren.