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Restaurierungsgeschichte mittelalterlicher Gewölbe- und Wandmalereien im Gebiet des heutigen Niedersachsen
Nördlicher Schildbogen, rechte Seite, Detail der roten
Rankenmalerei. Unter der lasierend rekonstruierten Ranke
liegt der fragmentarische Befund der mittelalterlichen
Ranke. Ihr Farbton ist dunkler und kräftiger. Der heutige
Verlauf der Ranke weicht vom Befund ab.
gründ zieren. Die figürliche Malerei war jedoch bis auf
den unteren Bereich mit den Figuren der Auferste-
henden verloren. Im Bereich der beiden Engel waren
nur noch wenige Farbreste erhalten. Die südliche
Kappe zeigte einen etwas größeren Malereibestand,
in dem ein Flügel und der größte Teil des Kopfes vom
linken Engel sowie ein Teil des Haars und der größte
Teil des Gewands vom linken Engel erhalten waren.
Die untere Zone ist auf dem Foto nicht abgebildet. Die
westliche Gewölbekappe zeigte den vollständigsten
Bestand im Bereich des Engels mit Portativ. Die
Darstellung der heiligen Katharina an der Ostwand
war nur noch schemenhaft erkennbar. Die Vorzeich-
nung der Konturen und einige Reste von Lokaltönen
lagen hier noch vor, der größte Teil der Malerei war
jedoch nicht mehr erhalten.
Anhand der restauratorischen Untersuchungen durch
die Autorin konnten nur einige der Angaben Wildts
zur Restaurierung nachvollzogen werden. An weni-
gen Stellen des Chorgewölbes finden sich Injektions-
löcher mit Resten einer feinkörnigen grauen Masse,
die auf eine Hinterfüllung hinweisen. Ob diese Fixie-
rungsmaßnahme, wie geplant, schon vor der Freile-
gung ausgeführt wurde, ist nicht zu belegen. Sie
könnte ebenso gut erst bei einer späteren Restaurie-
rung durchgeführt worden sein.
Fehlstellen im Putz ergänzte Wildt. Der von ihm ver-
wendete Kalkmörtel ist grobkörniger und grauer als
der mittelalterliche. Die Putzergänzungen versah er
mit einer hellen Tünche. Diese nutzte er auch, um
fehlende Bereiche von Tünche und Malschicht auf
dem mittelalterlichen Putz zu grundieren. Risse
schloss er ebenfalls mit Kalkmörtel.
Dadurch hatte Wildt den Aufbau von Bildträger und
grundierender Kalktünche nach dem mittelalterlichen
Vorbild ergänzt und Fehlstellen einheitlich geschlos-
sen. Die von ihm genutzten Materialien entsprechen
jedoch nicht exakt dem Vorbild: Der Mörtel ist grob-
körniger und die Kalktünche besitzt zum Teil eine
rosafarbene oder gelbliche Tönung.
Damit war die Fehlstellenbehandlung, anders als nach
dem Kostenvoranschlag zu vermuten, noch nicht
abgeschlossen, denn Wildt nahm auch malerische
Überarbeitungen vor.
Die Ranken und Blattornamente im unteren Bereich
der Gewölbefelder und an den Schildbögen sind zum
großen Teil vereinfachend übermalt: Von der mittelal-
terlichen Dekoration, die rote und grüne Ranken mit
schablonierten Blüten zeigt, übernahm Wildt nur die
roten Ranken, die insgesamt besser erhalten sind und
übermalte sie. Der Verlauf der neuen Ranken weicht
teilweise vom mittelalterlichen Befund ab. Die grünen
Ranken und die Blüten beließ er in ihrem reduzierten
Zustand.
Wo die roten Ranken gut erhalten waren, beließ Wildt
sie und ergänzte nur die fehlenden Bereiche.55
Durch diese Maßnahme ergab sich ein starker
Kontrast zwischen den roten Ranken und der übrigen
Rankenornamentik. Die roten Ranken sind nun form-
und farbgebend für die Ornamentik.
Innerhalb der figürlichen Darstellungen rekonstruierte
Wildt die Malerei. Ob Wildt für die Ergänzungen die
Vorlagekartons vorlagen, die Fischer anfertigen lassen
wollte, ist nicht belegt.
Mehrere Indizien deuten darauf hin, dass diese weit-
gehende Ergänzung ursprünglich nicht geplant war.
Auf einem Foto der südlichen Gewölbekappe, das
den Zustand während der Restaurierung zeigt, ist
erkennbar, dass eine große Fehlstelle bereits neu ver-
putzt und mit einer Kalktünche ausgelegt ist. Die
Kalktünche ist jedoch nicht monochrom, sondern in
den Bereichen, die an figürliche Darstellungen an-
grenzen, farblich nuanciert, womit die Kontrastwir-
kung gegenüber der Malerei reduziert wurde. Diese
Maßnahme ist aber nur zu begreifen, wenn anschlie-
Restaurierungsgeschichte mittelalterlicher Gewölbe- und Wandmalereien im Gebiet des heutigen Niedersachsen
Nördlicher Schildbogen, rechte Seite, Detail der roten
Rankenmalerei. Unter der lasierend rekonstruierten Ranke
liegt der fragmentarische Befund der mittelalterlichen
Ranke. Ihr Farbton ist dunkler und kräftiger. Der heutige
Verlauf der Ranke weicht vom Befund ab.
gründ zieren. Die figürliche Malerei war jedoch bis auf
den unteren Bereich mit den Figuren der Auferste-
henden verloren. Im Bereich der beiden Engel waren
nur noch wenige Farbreste erhalten. Die südliche
Kappe zeigte einen etwas größeren Malereibestand,
in dem ein Flügel und der größte Teil des Kopfes vom
linken Engel sowie ein Teil des Haars und der größte
Teil des Gewands vom linken Engel erhalten waren.
Die untere Zone ist auf dem Foto nicht abgebildet. Die
westliche Gewölbekappe zeigte den vollständigsten
Bestand im Bereich des Engels mit Portativ. Die
Darstellung der heiligen Katharina an der Ostwand
war nur noch schemenhaft erkennbar. Die Vorzeich-
nung der Konturen und einige Reste von Lokaltönen
lagen hier noch vor, der größte Teil der Malerei war
jedoch nicht mehr erhalten.
Anhand der restauratorischen Untersuchungen durch
die Autorin konnten nur einige der Angaben Wildts
zur Restaurierung nachvollzogen werden. An weni-
gen Stellen des Chorgewölbes finden sich Injektions-
löcher mit Resten einer feinkörnigen grauen Masse,
die auf eine Hinterfüllung hinweisen. Ob diese Fixie-
rungsmaßnahme, wie geplant, schon vor der Freile-
gung ausgeführt wurde, ist nicht zu belegen. Sie
könnte ebenso gut erst bei einer späteren Restaurie-
rung durchgeführt worden sein.
Fehlstellen im Putz ergänzte Wildt. Der von ihm ver-
wendete Kalkmörtel ist grobkörniger und grauer als
der mittelalterliche. Die Putzergänzungen versah er
mit einer hellen Tünche. Diese nutzte er auch, um
fehlende Bereiche von Tünche und Malschicht auf
dem mittelalterlichen Putz zu grundieren. Risse
schloss er ebenfalls mit Kalkmörtel.
Dadurch hatte Wildt den Aufbau von Bildträger und
grundierender Kalktünche nach dem mittelalterlichen
Vorbild ergänzt und Fehlstellen einheitlich geschlos-
sen. Die von ihm genutzten Materialien entsprechen
jedoch nicht exakt dem Vorbild: Der Mörtel ist grob-
körniger und die Kalktünche besitzt zum Teil eine
rosafarbene oder gelbliche Tönung.
Damit war die Fehlstellenbehandlung, anders als nach
dem Kostenvoranschlag zu vermuten, noch nicht
abgeschlossen, denn Wildt nahm auch malerische
Überarbeitungen vor.
Die Ranken und Blattornamente im unteren Bereich
der Gewölbefelder und an den Schildbögen sind zum
großen Teil vereinfachend übermalt: Von der mittelal-
terlichen Dekoration, die rote und grüne Ranken mit
schablonierten Blüten zeigt, übernahm Wildt nur die
roten Ranken, die insgesamt besser erhalten sind und
übermalte sie. Der Verlauf der neuen Ranken weicht
teilweise vom mittelalterlichen Befund ab. Die grünen
Ranken und die Blüten beließ er in ihrem reduzierten
Zustand.
Wo die roten Ranken gut erhalten waren, beließ Wildt
sie und ergänzte nur die fehlenden Bereiche.55
Durch diese Maßnahme ergab sich ein starker
Kontrast zwischen den roten Ranken und der übrigen
Rankenornamentik. Die roten Ranken sind nun form-
und farbgebend für die Ornamentik.
Innerhalb der figürlichen Darstellungen rekonstruierte
Wildt die Malerei. Ob Wildt für die Ergänzungen die
Vorlagekartons vorlagen, die Fischer anfertigen lassen
wollte, ist nicht belegt.
Mehrere Indizien deuten darauf hin, dass diese weit-
gehende Ergänzung ursprünglich nicht geplant war.
Auf einem Foto der südlichen Gewölbekappe, das
den Zustand während der Restaurierung zeigt, ist
erkennbar, dass eine große Fehlstelle bereits neu ver-
putzt und mit einer Kalktünche ausgelegt ist. Die
Kalktünche ist jedoch nicht monochrom, sondern in
den Bereichen, die an figürliche Darstellungen an-
grenzen, farblich nuanciert, womit die Kontrastwir-
kung gegenüber der Malerei reduziert wurde. Diese
Maßnahme ist aber nur zu begreifen, wenn anschlie-