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Auetal-Kathrinhagen, Landkreis Schaumburg, Ev. Kirche St. Katharinen

221


Chor, südliche Gewölbekappe, Kopf eines Engels. Zustand
nach der Freilegung 1939. Foto Wildt 1939,
Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege.


Chor, südliche Gewölbekappe, Kopf eines Engels. Im obe-
ren Bereich bis zu den Augen ist die ursprüngliche Malerei
erhalten. Darunter befindet sich eine Putzergänzung mit
rekonstruierter Malerei Wildts. Die gelben Pfeile markieren
die Putzgrenze. Im Bereich der Haare und der Augen er-
scheint die Malerei stärker reduziert als zur Zeit ihrer Frei-
legung. Die Konturen um die Augen wurden mit hellen
Übermalungen versehen.

Das Chorgewölbe besitzt einen zusammenhängen-
den Malereibestand. Der mittelalterliche Bestand lag
hier nach der Freilegung in besserem Zustand vor als
an der Ostwand. Die erhaltene Malerei weist umfang-
reiche Ergänzungen und einige lasierende Überma-
lungen auf. Nur wenige großflächige Bereiche sind als
mittelalterlicher Malereibestand zu identifizieren.
Hierzu gehört die Figur einer weiblichen Auferstehen-
den in der nördlichen Kappe. Diese wurde im
Wesentlichen nicht überarbeitet. Das gilt auch für
zwei Engelsdarstellungen: Der obere Kopfteil des lin-
ken Engels in der südlichen und der größte Teil des
Engels mit Portativ in der westlichen Gewölbekappe
sind mittelalterlicher Malereibestand ohne Überma-
lungen Wildts. Auffallend ist, dass die Fotos während
der Restaurierung 1939 einen vollständigeren Erhal-
tungszustand als heute zeigen. Die Malerei erscheint
kontrastreicher und klarer. Dieser Umstand lässt dar-
auf schließen, dass hier in späteren Restaurierungs-
phasen weitere Überarbeitungen vorgenommen wor-
den sind. Die Figur des Weltenrichters wurde eben-
falls nach 1939 verändert. Stilistisch unterscheidet sie
sich von den anderen Figuren Wildts. Der gestrichelte
Duktus des Gewandes ist sonst nicht vorhanden. An
sämtlichen Malereien finden sich außerdem Strichre-
tuschen, die vermutlich von der Restaurierung 1988
stammen.

Relevanz der restauratorischen Befunde für die
kunsthistorische Einordnung
Die mittelalterliche Maltechnik kann am besten an
den beiden Fragmenten an der Nordwand nachvollzo-
gen werden. Auch hier ist der maltechnische Aufbau
vermutlich nicht vollständig erhalten, er ist jedoch
weitestgehend frei von Übermalungen. Die Malerei ist
recht einfach gestaltet. Die Gesichter der Figuren zei-
gen Augen, Nase und Mund skizzenhaft in Rot vorge-
zeichnet. Einfache Lichter und Schatten verleihen
ihnen geringe Plastizität. Die Gestaltung der Gewän-
der ist ähnlich. Der Lokalton ist flächig aufgetragen.
Der Faltenwurf ist mit einem dunkleren Farbton gra-
fisch angelegt.
An den Malereien im Chorgewölbe lassen sich an-
hand der Gewänder der Engel, Marias und Johannes
des Täufers Unterschiede zu den Malereien an den
Wänden feststellen. Die Figuren wirken bewegt, die
Gewänder fließen in großzügigem Faltenwurf und be-
tonen die Körperkonturen. Gewänder und Inkarnate
zeigen mehrfache Farbabstufungen in Lichtern und
Schatten. Diese Malereien werden weitgehend von
den Ergänzungen und Übermalungen von 1939/40
geprägt, wodurch die Darstellungen teilweise ver-
fälscht wurden. Die lieblichen Gesichtsausdrücke und
die Gewandgestaltung stimmen nicht mit der mittel-
alterlichen Vorlage überein und zeigen den Zeitge-
schmack der 1930er Jahre und zum Teil auch das Un-
verständnis des Malers.
 
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