Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
224

Restaurierungsgeschichte mittelalterlicher Gewölbe- und Wandmalereien im Gebiet des heutigen Niedersachsen

Bramsche-Ueffeln, Landkreis Osnabrück
Ev. Kirche St. Marien

Beschreibung und Baugeschichte
Einschiffiger, zweiwöchiger Bruchsteinbau mit geradem
Chorschluss und Westturm aus der zweiten Hälfte des
13. Jahrhunderts. Kreuzgratgewölbe in den westli-
chen Jochen, der Chor um birnstabförmige Rippen
bereichert. In jedem Joch je zwei gegenüberliegende
spitzbogige Fenster. Kleines spitzbogiges Südportal,
Öffnung heute vermauert, mit umlaufenden Profilen.
In der äußersten Kehle Bauschmuck aus menschlichen
Figuren, Fantasiegestalten, Bestien und Rosetten.
Wand- und Gewölbemalereien, datiert in das 15. bzw.
Anfang 16. Jahrhundert, mit starken Übermalungen.62
Die Wand- und Gewölbemalereien

Maltechnik und Bildträger
Kalkmalerei auf Kalkputz. Der Putz ist oberflächig ver-
dichtet und bestand bereits, als die Ausmalung ausge-
führt wurde. Zu der ersten Ausgestaltung zählen die
gemalten Sterne in Kreisen im Gewölbe, die eine
Vorritzung im frischen Putz besitzen. Als Malschicht-
träger der figürlichen Malerei dient eine mehrfach
aufgetragene Kalktünche. Die oberste ist glatt, die
untere teilweise mit starkem Pinselduktus. Auf der
letzten Kalktünche wurden zunächst die rote Vor-
zeichnung der Konturen, dann die Lokaltöne ange-
legt. Weiteres ist aufgrund starker Übermalungen
nicht erkennbar. Die Farbpalette beinhaltet neben
Kalkweiß Ocker, (Eisenoxid-?)Rot, Braun, Schwarz,
Blau und Grün.65

Bildprogramm und Beschreibung
1-3 Christus als Weltenrichter, Deesis, Engel mit
Leidenswerkzeugen Christi, Auferstehung
der Toten
4 Kreuztragung Jesu, Simon von Cyrene hilft
Christus beim Tragen des Kreuzes, Gruppe
von Klagenden53

Die nördliche, östliche und südliche Gewölbekappe
des mittleren Jochs ausfüllende Weltgerichtsdarstel-
lung. In der östlichen Kappe Christus als Weltenrichter
mit Schwert und Lilie sitzt auf dem Regenbogen, die
Füße auf der Weltkugel. Er wird flankiert von zwei
Engeln mit Posaunen/Buisinen sowie Geißel und Rute.
Im unteren Bereich Auferstehung, drei Figuren, die
aus ihren Gräbern steigen.
In der nördlichen Kappe Maria, in der südlichen Kap-
pe Johannes der Täufer, über ihnen je zwei Engel mit
Posaunen. Der rechte Engel der nördlichen Kappe hält
eine gekrümmte Posaune, alle anderen sind gerade.
Einige Engel tragen Marterwerkzeuge Christi: das
Kreuz, die Dornenkrone, die Lanze und das Rohr mit
Essigschwamm.
An den Gewölben gemalte Sterne in Kreisen mit
Vorritzungen aus einer früheren Dekorationsphase als
die figürlichen Malereien. Eine Kreisritzung innerhalb
des Gewandes Christi.
An der Nordwand des westlichen Jochs Darstellung
der Kreuztragung Christi mit Simon von Cyrene, der
mit Christus das Kreuz trägt. Links davon eine Figu-
rengruppe, bestehend aus fünf Personen, darunter
Maria, Maria Magdalena und Johannes.64


Restaurierungsgeschichte66
1903 Renovierung der Kirche. Freilegung der Male-
reien an Nordwand und Gewölbe und Restaurierung
der Gewölbe- und Wandmalereien durch einen Kir-
chenmaler aus Osnabrück. Dabei starke Übermalun-
gen des freigelegten Bestandes.67
1960 Restaurierung der Malereien durch einen Del-
menhorster Kirchenmaler. Freilegung der Sterne in
den Gewölben. Partielle Abnahme von Übermalun-
gen und erneute Übermalungen und Ergänzungen.68
1997 Restaurierung der Malereien durch einen Res-
taurator aus Bramsche. Partielle Abnahme von Über-
malungen, Kittung, Strichretusche.69
Restauratorische Maßnahmen 1903
Auffindung und Freilegung
Die Ueffelner Kirche sollte 1903 eine Neuausmalung
erhalten. Der Pastor erbat eine Genehmigung für
diese Maßnahme und berichtete dem hannoverschen
Provinzialkonservator Reimers, „der Maler Kruse hat
sich dazu bereit erklärt, die Kirche zu vermalen, rät
aber, zunächst den Kalkanstrich entfernen zu lassen."
Daraufhin habe der Maurer Kikker aus Osnabrück
festgestellt, dass sich der Kalkanstrich mit „Salzsäure
und Schrubber" reinigen lassen würde. Die Wände
wurden an einigen Stellen untersucht, „um zu erfor-
schen, ob vielleicht irgendwo unter der Kalktünche
sich Spuren einer früheren Vermalung fänden, doch
 
Annotationen