Braunschweig, Ev. Domkirche, ehemalige Stiftskirche St. Blasius und Johannes der Täufer
erheblichen Unterschied zwischen dem Erhaltungszu-
stand der Gewölbe und dem der Wände gab und dar-
aus resultierend die Ergänzungen Curdts von unter-
schiedlichem Umfang waren. In Anbetracht seiner Er-
wähnungen des Erhaltungszustands und der Vollstän-
digkeit der Darstellungen nach der Restaurierung
kann man davon ausgehen, dass Curdt alle nicht er-
haltenen Bereiche ergänzte und ihm als Orientierung
stellenweise kleinste Farbbefunde der Lokaltöne aus-
reichten. Bei diesem Umfang der Ergänzungen kann
man bereits von Rekonstruktion sprechen, da Kon-
turen und Reste von Lokaltönen nicht genügen, um
die mittelalterliche Malerei durch reine Ergänzung in
ihre Vollständigkeit zurückzuführen. Stattdessen
konnten nur interpretierende Rekonstruktionen mit-
hilfe der Farbreste und Pausen erfolgen, vor allem bei
Binnenzeichnung und den oberen Schichten des mal-
technischen Aufbaus wie Lichtern und Schatten, die
nicht oder nur stark reduziert erhalten waren.
Diesen Schlussfolgerungen steht der Bericht Curdts
gegenüber: Die fehlenden Bereiche wurden „lasie-
rend ergänzt, ohne den hohen Wert der Komposition
und des starken Ausdruckes dadurch auch nur im
geringsten zu mindern im Ziel der teppichartigen
Geschlossenheit und ohne die Gefahr einer Restaurie-
rung auf Neu".294 Curdt stellte seinen Grundsatz dar,
den mittelalterlichen Bestand zu wahren, ohne „fal-
sche Zutaten und damit auch ohne Restbestände fal-
scher Maltechniken jeglicher Zeit. Flüssig gemalte
Konturen, lasierend füllende Farben, leichte Modellie-
rung durch Schatten und notfalls durch aufhöhende
Lichter, das sind die mittelalterlichen Aufbaumittel,
mit denen wir dienend gearbeitet haben."295 Zum
Schluss besprühte er die Malereien mit einer Bienen-
wachslösung296, was vermutlich, wie bei den Pfeiler-
figuren, einerseits als Festigungsmaßnahme diente
und andererseits die unterschiedlichen Bestände ver-
einheitlichen und die Tiefenwirkung verstärken sollte.
Curdts Ziel war die Rückgewinnung der mittelalterli-
chen Malerei ohne verfälschende Zutaten und Über-
malungen. Da er nach der Abnahme der Übermalun-
gen jedoch mit einem teilweise stark reduzierten
Erhaltungszustand konfrontiert war, führte auch er Er-
gänzungen und Übermalungen aus, um den Gesamt-
eindruck zu vervollständigen. Seine Maßnahmen fie-
len allerdings wesentlich zurückhaltender aus als die
des 19. Jahrhunderts. Die Komposition blieb erhalten,
er übernahm Lokaltöne und nutzte, wie er selbst rich-
tig feststellte, mittelalterliche Techniken des Mal-
schichtaufbaus. Damit ist seine Restaurierung aber
keinesfalls frei von neuen und damit verfälschenden
Zutaten. Indem er Konturen erneuerte und Lokaltöne
lasierend auflegte, veränderte er den mittelalterlichen
Bestand und entsprach damit nicht seinem Grundsatz
ihn zu wahren.
Pfeilerfigur, Bischof. Nach der Restaurierung durch Curdt
1938, Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege.
Dokumentation
Curdt hat die Restaurierung der Pfeilerfiguren im
Langhaus schriftlich und fotografisch dokumentiert.
Der Bericht enthält genaue Angaben über den
Vorzustand, allerdings nur soweit er die Übermalun-
gen des 19. Jahrhunderts betrifft. Daraus ist ablesbar,
dass sein vorrangiges Ziel die „Rückgewinnung" der
mittelalterlichen Malereien und daher die Abnahme
aller verfälschenden Übermalungen war. Auf Schäden
und Fehlstellen ging er nicht weiter ein. So verfuhr er
auch mit der Beschreibung seiner Restaurierungsmaß-
nahmen. Der Schwerpunkt liegt auf Abnahme der
Übermalungen und seinen farblichen Ergänzungen.
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erheblichen Unterschied zwischen dem Erhaltungszu-
stand der Gewölbe und dem der Wände gab und dar-
aus resultierend die Ergänzungen Curdts von unter-
schiedlichem Umfang waren. In Anbetracht seiner Er-
wähnungen des Erhaltungszustands und der Vollstän-
digkeit der Darstellungen nach der Restaurierung
kann man davon ausgehen, dass Curdt alle nicht er-
haltenen Bereiche ergänzte und ihm als Orientierung
stellenweise kleinste Farbbefunde der Lokaltöne aus-
reichten. Bei diesem Umfang der Ergänzungen kann
man bereits von Rekonstruktion sprechen, da Kon-
turen und Reste von Lokaltönen nicht genügen, um
die mittelalterliche Malerei durch reine Ergänzung in
ihre Vollständigkeit zurückzuführen. Stattdessen
konnten nur interpretierende Rekonstruktionen mit-
hilfe der Farbreste und Pausen erfolgen, vor allem bei
Binnenzeichnung und den oberen Schichten des mal-
technischen Aufbaus wie Lichtern und Schatten, die
nicht oder nur stark reduziert erhalten waren.
Diesen Schlussfolgerungen steht der Bericht Curdts
gegenüber: Die fehlenden Bereiche wurden „lasie-
rend ergänzt, ohne den hohen Wert der Komposition
und des starken Ausdruckes dadurch auch nur im
geringsten zu mindern im Ziel der teppichartigen
Geschlossenheit und ohne die Gefahr einer Restaurie-
rung auf Neu".294 Curdt stellte seinen Grundsatz dar,
den mittelalterlichen Bestand zu wahren, ohne „fal-
sche Zutaten und damit auch ohne Restbestände fal-
scher Maltechniken jeglicher Zeit. Flüssig gemalte
Konturen, lasierend füllende Farben, leichte Modellie-
rung durch Schatten und notfalls durch aufhöhende
Lichter, das sind die mittelalterlichen Aufbaumittel,
mit denen wir dienend gearbeitet haben."295 Zum
Schluss besprühte er die Malereien mit einer Bienen-
wachslösung296, was vermutlich, wie bei den Pfeiler-
figuren, einerseits als Festigungsmaßnahme diente
und andererseits die unterschiedlichen Bestände ver-
einheitlichen und die Tiefenwirkung verstärken sollte.
Curdts Ziel war die Rückgewinnung der mittelalterli-
chen Malerei ohne verfälschende Zutaten und Über-
malungen. Da er nach der Abnahme der Übermalun-
gen jedoch mit einem teilweise stark reduzierten
Erhaltungszustand konfrontiert war, führte auch er Er-
gänzungen und Übermalungen aus, um den Gesamt-
eindruck zu vervollständigen. Seine Maßnahmen fie-
len allerdings wesentlich zurückhaltender aus als die
des 19. Jahrhunderts. Die Komposition blieb erhalten,
er übernahm Lokaltöne und nutzte, wie er selbst rich-
tig feststellte, mittelalterliche Techniken des Mal-
schichtaufbaus. Damit ist seine Restaurierung aber
keinesfalls frei von neuen und damit verfälschenden
Zutaten. Indem er Konturen erneuerte und Lokaltöne
lasierend auflegte, veränderte er den mittelalterlichen
Bestand und entsprach damit nicht seinem Grundsatz
ihn zu wahren.
Pfeilerfigur, Bischof. Nach der Restaurierung durch Curdt
1938, Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege.
Dokumentation
Curdt hat die Restaurierung der Pfeilerfiguren im
Langhaus schriftlich und fotografisch dokumentiert.
Der Bericht enthält genaue Angaben über den
Vorzustand, allerdings nur soweit er die Übermalun-
gen des 19. Jahrhunderts betrifft. Daraus ist ablesbar,
dass sein vorrangiges Ziel die „Rückgewinnung" der
mittelalterlichen Malereien und daher die Abnahme
aller verfälschenden Übermalungen war. Auf Schäden
und Fehlstellen ging er nicht weiter ein. So verfuhr er
auch mit der Beschreibung seiner Restaurierungsmaß-
nahmen. Der Schwerpunkt liegt auf Abnahme der
Übermalungen und seinen farblichen Ergänzungen.
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