312
Mühlen in Niedersachsen
Region und Stadt Hannover
Stadt Hannover
Einleitung
Schon vor der Stadtgründung hat seit der Jahrtau-
sendwende an der Kreuzung zweier Fernstraßen
wohl schon eine Siedlung bestanden, in der Handel
betrieben wurde. Möglicherweise hat die ansässi-
ge Bevölkerung auch Getreide zur Brotherstellung
durch mahlen selbst verarbeitet, was wohl zunächst
mit Handmahlsteinen oder auch über Rossmühlen
geschah, die jedoch erst ab dem 14. Jahrhundert im
Stadtgebiet an zwei Orten nachgewiesen sind. 1226
wird erstmals eine Wassermühle, die Klickmühle in der
Altstadt, urkundlich genannt.
Wassermühlen hat es vor dem 13. Jahrhundert in der
näheren Umgebung wohl in den heute zum Stadtge-
biet gehörenden Orten Döhren und Ricklingen gege-
ben, eventuell auch in dem eingegangenen Ort Embe-
re (heute Südstadt, Emmerberg). Sowohl hier, als auch
in der Calenberger Neustadt mit der Burg Lauenrode
werden weitere Mühlen erst ab dem Beginn des 14.
Jahrhunderts urkundlich genannt.
Als älteste in dieser Zeit nachgewiesene Wassermüh-
le ist die Stapelmühle seit 1303 bekannt, 1312 und
1314 folgen die Luchtemühle, die Danzelmühle und
die Hofmühle, alle als landesherrliche Mühlen in der
Calenberger Neustadt gelegen.
Als erste Mühle kommt die Klickmühle 1349 durch
Verkauf der Herren von Roden an den Rat der Stadt
Hannover in städtischen Besitz, (siehe Abbildung
Stadtgrundriss um 1350).
Nachdem um die Mitte des 17. Jahrhunderts durch
die Neubefestigung der Calenberger Neustadt mit
Ausnahme der Brückmühle alle hier gelegenen Was-
sermühlen entfernt wurden und Ersatz geschaffen
werden musste, begann auch im Kerngebiet der Stadt
Hannover die Zeit der Windmühlen. Der zu dieser Zeit
in der Region bereits vorherrschende Mühlentypus
war die Bockwindmühle: eine reine Holzkonstruk-
tion, bei der sich ein auf dem „Bock" aufgelagerter
Mühlenkasten, der die Vermahlungstechnik aufnahm,
mittels eines „Sterts" in den Wind drehen ließ (siehe
auch: Mühlengeschichtlicher Überblick: Die Konstruk-
tion regionaler Bockwindmühlen).
Die älteste Bockwindmühle im heutigen Stadtgebiet
war die zum Ort Anderten gehörende Mühle auf dem
Kronsberg, die schon 1449 genannt wird. Bemerode
(1576), Wettbergen (1585) und Marienwerder (1587)
erhielten noch im 16. Jahrhundert eine Bockwind-
mühle, Bothfeld (1612) und weitere Ortschaften im
17. Und 18. Jahrhundert.
Ungewöhnlich früh war schon die Bockwindmühle in
der Altstadt neben der Klickmühle am so genannten
„Himmelreich" 1580 erbaut worden, die jedoch um
1630 schon wieder entfernt wurde. Durch den oben
genannten Wegfall der Neustädter Wassermühlen
entstand 1674 auch in diesem Stadtteil auf einer Fes-
tungsbastion eine Bockwindmühle, nachdem bereits
1651 Herzog Georg Wilhelm den alten Landwehrturm
auf dem Lindener Berg zu einer Turmwindmühle hatte
umbauen lassen. Damit war ein für diese Region ab-
solut ungewöhnlicher Mühlentypus entstanden, der
seinen Ursprung in Frankreich, Belgien und im Rhein-
land hatte.
Nachdem in den Niederlanden und in Ostfriesland
bereits im 17. und frühen 18. Jahrhundert die ersten
„Holländerwindmühlen" gebaut wurden, wird diese
Neuentwicklung in der Region Hannover erst mit er-
heblicher Verzögerung zum Beginn des 19. Jahrhun-
derts eingeführt, in der Stadt Hannover erst seit der
Mitte des 19. Jahrhunderts. 1854 entstand die erste
Holländermühle in Anderten, die auch heute noch
erhalten ist. Der Bau besteht aus einem vollständig
als Achtkant gemauerten Korpus und wurde wie die
1869 erbaute Klein Buchholzer Windmühle durch den
Mühlenbauer Heidemann aus Horst errichtet. Ein an-
derer Bautypus einer Holländermühle steht in Ahlem
(1876) und in Wettbergen (1874), bei dem sich ein
hölzerner Achtkant über einem massiven Unterbau
erhebt. Diese beiden Mühlen errichtete der bekannte
Mühlenbauer Tiedt aus Peine (zu Mühlenbauern siehe
auch: Mühlengeschichtlicher Überblick: Die große Zeit
der Mühlenbaufirmen). Weitere Holländermühlen, die
alle nicht mehr existieren, gab es in Bemerode (Ende
19. Jahrhundert), Kirchrode (um 1860), Nordstadt
(1867) und Stöcken (1875).
Als um 1830 auf dem europäischen Festland die Zeit
der Industrialisierung begann, hielt damit auch die
Nutzung der Dampfmaschine ihren Einzug. Auch in
der Müllerei begannen Umorientierungen von der
Nutzung der Naturkräfte Wasser und Wind hin zur
Dampfkraft, später auch zu Motor- und Elektroan-
trieben. Im hannoverschen Stadtgebiet wurden schon
seit der Mitte des 19. Jahrhunderts parallel zu den
Holländermühlen die ersten Dampfmühlen erbaut,
zum Beispiel in der Glocksee 1848 und in der Altstadt
(Rockemann) 1856. In der zweiten Hälfte des 19.
Jahrhunderts und im 20. Jahrhundert folgten weitere
Dampf- und Motormühlen.
Von den im heutigen Stadtgebiet ehemals insgesamt
vorhandenen circa 70 Mühlen aller Antriebsarten
sind im Laufe der Geschichte immer wieder Mühlen
aus unterschiedlichen Gründen verschwunden und
wiederum neue errichtet worden, sodass sich die
Gesamtanzahl über annähernd 800 Jahre erstreckt.
Mühlen in Niedersachsen
Region und Stadt Hannover
Stadt Hannover
Einleitung
Schon vor der Stadtgründung hat seit der Jahrtau-
sendwende an der Kreuzung zweier Fernstraßen
wohl schon eine Siedlung bestanden, in der Handel
betrieben wurde. Möglicherweise hat die ansässi-
ge Bevölkerung auch Getreide zur Brotherstellung
durch mahlen selbst verarbeitet, was wohl zunächst
mit Handmahlsteinen oder auch über Rossmühlen
geschah, die jedoch erst ab dem 14. Jahrhundert im
Stadtgebiet an zwei Orten nachgewiesen sind. 1226
wird erstmals eine Wassermühle, die Klickmühle in der
Altstadt, urkundlich genannt.
Wassermühlen hat es vor dem 13. Jahrhundert in der
näheren Umgebung wohl in den heute zum Stadtge-
biet gehörenden Orten Döhren und Ricklingen gege-
ben, eventuell auch in dem eingegangenen Ort Embe-
re (heute Südstadt, Emmerberg). Sowohl hier, als auch
in der Calenberger Neustadt mit der Burg Lauenrode
werden weitere Mühlen erst ab dem Beginn des 14.
Jahrhunderts urkundlich genannt.
Als älteste in dieser Zeit nachgewiesene Wassermüh-
le ist die Stapelmühle seit 1303 bekannt, 1312 und
1314 folgen die Luchtemühle, die Danzelmühle und
die Hofmühle, alle als landesherrliche Mühlen in der
Calenberger Neustadt gelegen.
Als erste Mühle kommt die Klickmühle 1349 durch
Verkauf der Herren von Roden an den Rat der Stadt
Hannover in städtischen Besitz, (siehe Abbildung
Stadtgrundriss um 1350).
Nachdem um die Mitte des 17. Jahrhunderts durch
die Neubefestigung der Calenberger Neustadt mit
Ausnahme der Brückmühle alle hier gelegenen Was-
sermühlen entfernt wurden und Ersatz geschaffen
werden musste, begann auch im Kerngebiet der Stadt
Hannover die Zeit der Windmühlen. Der zu dieser Zeit
in der Region bereits vorherrschende Mühlentypus
war die Bockwindmühle: eine reine Holzkonstruk-
tion, bei der sich ein auf dem „Bock" aufgelagerter
Mühlenkasten, der die Vermahlungstechnik aufnahm,
mittels eines „Sterts" in den Wind drehen ließ (siehe
auch: Mühlengeschichtlicher Überblick: Die Konstruk-
tion regionaler Bockwindmühlen).
Die älteste Bockwindmühle im heutigen Stadtgebiet
war die zum Ort Anderten gehörende Mühle auf dem
Kronsberg, die schon 1449 genannt wird. Bemerode
(1576), Wettbergen (1585) und Marienwerder (1587)
erhielten noch im 16. Jahrhundert eine Bockwind-
mühle, Bothfeld (1612) und weitere Ortschaften im
17. Und 18. Jahrhundert.
Ungewöhnlich früh war schon die Bockwindmühle in
der Altstadt neben der Klickmühle am so genannten
„Himmelreich" 1580 erbaut worden, die jedoch um
1630 schon wieder entfernt wurde. Durch den oben
genannten Wegfall der Neustädter Wassermühlen
entstand 1674 auch in diesem Stadtteil auf einer Fes-
tungsbastion eine Bockwindmühle, nachdem bereits
1651 Herzog Georg Wilhelm den alten Landwehrturm
auf dem Lindener Berg zu einer Turmwindmühle hatte
umbauen lassen. Damit war ein für diese Region ab-
solut ungewöhnlicher Mühlentypus entstanden, der
seinen Ursprung in Frankreich, Belgien und im Rhein-
land hatte.
Nachdem in den Niederlanden und in Ostfriesland
bereits im 17. und frühen 18. Jahrhundert die ersten
„Holländerwindmühlen" gebaut wurden, wird diese
Neuentwicklung in der Region Hannover erst mit er-
heblicher Verzögerung zum Beginn des 19. Jahrhun-
derts eingeführt, in der Stadt Hannover erst seit der
Mitte des 19. Jahrhunderts. 1854 entstand die erste
Holländermühle in Anderten, die auch heute noch
erhalten ist. Der Bau besteht aus einem vollständig
als Achtkant gemauerten Korpus und wurde wie die
1869 erbaute Klein Buchholzer Windmühle durch den
Mühlenbauer Heidemann aus Horst errichtet. Ein an-
derer Bautypus einer Holländermühle steht in Ahlem
(1876) und in Wettbergen (1874), bei dem sich ein
hölzerner Achtkant über einem massiven Unterbau
erhebt. Diese beiden Mühlen errichtete der bekannte
Mühlenbauer Tiedt aus Peine (zu Mühlenbauern siehe
auch: Mühlengeschichtlicher Überblick: Die große Zeit
der Mühlenbaufirmen). Weitere Holländermühlen, die
alle nicht mehr existieren, gab es in Bemerode (Ende
19. Jahrhundert), Kirchrode (um 1860), Nordstadt
(1867) und Stöcken (1875).
Als um 1830 auf dem europäischen Festland die Zeit
der Industrialisierung begann, hielt damit auch die
Nutzung der Dampfmaschine ihren Einzug. Auch in
der Müllerei begannen Umorientierungen von der
Nutzung der Naturkräfte Wasser und Wind hin zur
Dampfkraft, später auch zu Motor- und Elektroan-
trieben. Im hannoverschen Stadtgebiet wurden schon
seit der Mitte des 19. Jahrhunderts parallel zu den
Holländermühlen die ersten Dampfmühlen erbaut,
zum Beispiel in der Glocksee 1848 und in der Altstadt
(Rockemann) 1856. In der zweiten Hälfte des 19.
Jahrhunderts und im 20. Jahrhundert folgten weitere
Dampf- und Motormühlen.
Von den im heutigen Stadtgebiet ehemals insgesamt
vorhandenen circa 70 Mühlen aller Antriebsarten
sind im Laufe der Geschichte immer wieder Mühlen
aus unterschiedlichen Gründen verschwunden und
wiederum neue errichtet worden, sodass sich die
Gesamtanzahl über annähernd 800 Jahre erstreckt.