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384

W. DÖRPFELD

I. Die Grundlagen für die Ergänzung
des griechischen Theaters.
Eine Erörterung der Bühnenfrage kann meines Erachtens
nur dann zu einem sicheren Ergebnis führen, wenn die ver-
schiedenen Entwicklungsstadien des griechischen Theaters
scharf geschieden werden. Wie das Drama sich im Laufe der
Jahrhunderte verändert hat, so hat auch das Theatergebäude
nach Aussage der Ruinen wesentliche Änderungen erfahren;
manche Skenengebäude sind sicher mehrmals umgebaut wor-
den. Für jede dieser Entwicklungsstufen muss die Gestalt des
Theaters genau ermittelt und die Frage nach dem Vorhanden-
sein einer Bühne gesondert gestellt werden. Um aber die ver-
schiedenen Theatergebäude richtig ergänzen zu können, ist
zunächst eine sorgfältige Sonderung aller der Quellen nötig,
auf denen unsere Kenntnis des griechischen Theaters für die
verschiedenen Epochen beruht. Sie ist um so notwendiger, als
diese ‘Grundlagen für die einzelnen Entwicklungsstadien sehr
verschiedenartig und von ungleichem Werte sind.
Für die älteste Zeit des griechischen Theaters, für das V.
und die erste Hälfte des IV. Jahrhunderts, sind wir bei der
Ergänzung fast ausschliesslich auf die literarische Überliefe-
rung angewiesen, in erster Linie auf die Dramen der grossen
Tragiker und des Aristophanes. Theatergebäude aus dieser
Zeit sind kaum erhalten, nur wenige Mauerreste können auf
diese Epoche zurückgeführt werden. Für das mittlere Stadium,
die hellenistische Zeit, stehen uns dagegen sehr viele Theater-
ruinen zur Verfügung; sie stimmen im Grundriss und Aufbau
in allen wesentlichen Punkten überein, ergänzen sich gegenseitig
und liefern daher ein ziemlich vollständiges Bild des jüngeren
griechischen Theaters. Die literarischen Quellen fliessen für
diese Zeit nur spärlich, doch sind zu den früher bekannten
Nachrichten der Schriftsteller, namentlich des Pollux, mehrere
wertvolle Steininschriften ergänzend hinzugekommen. Für die
letzte Epoche, die römische Zeit, haben wir als Quellen so
zahlreiche Theatergebäude und eine so gute und genaue lite-
rarische Überlieferung, namentlich bei Vitruv, dass über die
 
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