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ZU ATHEN. MITTEIL. 1902, S. 368.

Bei der Veröffentlichung einiger Inschriften aus Leukas hat
W. Kolbe eine meines Erachtens nicht richtige Bemerkung über
den Fundort dieser Steine gemacht, die leicht zu falschen Schlüs-
sen führen kann und tatsächlich schon geführt hat. Die Steine,
meist Grabinschriften und einige Architekturglieder, sind, wie
Kolbe richtig angiebt, bei den Baggerarbeiten in dem Canal zwi-
schen Leukas und dem Festlande in einer Tiefe von 3 m unter
dem Meeresspiegel gefunden worden. Da der Ingenieur, der die
Baggerarbeiten leitete, ausserdem festgestellt hatte, dass an der
Fundstelle zu beiden Seiten des neuen Canals noch weiteres
Material vorhanden ist, so glaubte Kolbe zu der Annahme be-
rechtigt zu sein, dass die Steine «von der Nekropole der alten
Stadt Leukas stammen», und «dass der Erdboden sich dort um
einige Meter gesenkt habe». So berechtigt die erste Annahme
ist, so wenig ist es die zweite.
Die Stelle, wo die Steine gefunden wurden, liegt mitten im
Hafen der antiken Stadt gerade gegenüber der noch erkennba-
ren Einfahrt durch den altgriechischen Molo und passt schon aus
diesem Grunde sehr wenig für einen antiken Friedhof. Entschei-
dend ist aber, dass die Steine auf einem Haufen und mit Holz-
resten zusammen gefunden wurden, denn so dicht zusammen
können die Grabstelen eines Friedhofes nicht ursprünglich liegen.
Der Ingenieur dachte zunächst an einen im Hafen errichteten
späten Bau, dessen Fundament die Steine gebildet hätten. Der
Umstand jedoch, dass mehrere Holzstücke zugleich mit den
Steinen gefunden wurden, und die Stelle des Fundes scheinen
mir entschieden dafür zu sprechen, dass hier ein mit Bausteinen
beladenes Leichterschiff gesunken ist. Ich vermute, dass die
Steine aus dem westlich vom Hafen gelegenen alten Friedhofe
stammen und auf einem Schiff nach der Ostseite des Sundes
hinübergeschafft werden sollten, um dort zum Bau der grossen
venetianischen oder türkischen Festung verwendet zu werden.
 
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