DIE GRIECHISCHE BÜHNE 4°3
2.) Entspricht die Ergänzung in ihrem A u f b a n
den Regeln der griechischen Architektur?
Ist sie künstlerisch richtig?
Auch diese Frage müssen wir mit «nein» beantworten, weil
in der griechischen Baukunst aller Zeiten gewisse allgemeine
Regeln bestehen, die bei Ergänzungen nicht vernachlässigt
werden dürfen.
Unter allen griechischen Bauten kenne ich kein Beispiel, wo
über einer zierlichen Säulenstellung so breite architektonisch
ausgebildete Pfeiler und dazu in zwei Stockwerken übereinander
angeordnet sind, wie Puchstein sie an seinen «Versuren» ergänzt
hat. Auch dafür giebt es meines Wissens kein Beispiel, dass
ein Unterbau, der den Erdboden darstellen soll, mit schlanken
Steinsäulen und hölzernen Pinakes ausgestattet ist. Die Säulen
des hellenistischen Proskenion haben künstlerisch offenbar die
Bestimmung, dem Erdgeschoss der Skene den Ckarakter einer
Säulenhalle zu verleihen. Das ist von F. Noack (Philol. 1899, 1),
C. Robert {Gott. Gel. Anz. 1902, 418) und anderen genügend
dargelegt worden. Bestätigt wird es durch folgende Uberfe-
gung: In allen römischen und griechisch-römischen Theatern
ist der Hintergrund des Spielplatzes ausnahmslos mit Säulen
ausgestattet, die eine Säulenhalle oder ein säulengeschmücktes
Haus darstellen sollen. Der Unterbau des Spielplatzes, die
Vorderwand der Bühne, zeigt dagegen in diesen Theatern nie-
mals Säulenschmuck. Die einzigen vorhandenen Säulen ge-
hören also zum Hintergründe des Spiels und heissen Proskenion.
Und da .sollen im hellenistischen Theater die einzigen Säulen,
obwohl auch sie urkundlich Proskenion heissen, nicht den Hin-
tergrund des Spiels, sondern die Vordenvand einer den Erd-
boden darstellenden Bühne gebildet haben?
In seiner ersten Ergänzung {Die griechische Bühne S.i) hat
Puchstein an dem Hauptgeschosse der Skene überhaupt keine
Säulen zeichnen lassen, sondern den Türen nur einfache Um-
rahmungen gegeben. Dadurch wird der sinnwidrige Gegensatz
zwischen dem undekorierten Hintergrund und der dekorierten
Vorderwand der Bühne besonders augenfällig. In dem oben mit
geteilten zweiten Entwurf sind dagegen die Türen von Säulen
ATHEN, MITTEILUNGEN XXVIII.
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2.) Entspricht die Ergänzung in ihrem A u f b a n
den Regeln der griechischen Architektur?
Ist sie künstlerisch richtig?
Auch diese Frage müssen wir mit «nein» beantworten, weil
in der griechischen Baukunst aller Zeiten gewisse allgemeine
Regeln bestehen, die bei Ergänzungen nicht vernachlässigt
werden dürfen.
Unter allen griechischen Bauten kenne ich kein Beispiel, wo
über einer zierlichen Säulenstellung so breite architektonisch
ausgebildete Pfeiler und dazu in zwei Stockwerken übereinander
angeordnet sind, wie Puchstein sie an seinen «Versuren» ergänzt
hat. Auch dafür giebt es meines Wissens kein Beispiel, dass
ein Unterbau, der den Erdboden darstellen soll, mit schlanken
Steinsäulen und hölzernen Pinakes ausgestattet ist. Die Säulen
des hellenistischen Proskenion haben künstlerisch offenbar die
Bestimmung, dem Erdgeschoss der Skene den Ckarakter einer
Säulenhalle zu verleihen. Das ist von F. Noack (Philol. 1899, 1),
C. Robert {Gott. Gel. Anz. 1902, 418) und anderen genügend
dargelegt worden. Bestätigt wird es durch folgende Uberfe-
gung: In allen römischen und griechisch-römischen Theatern
ist der Hintergrund des Spielplatzes ausnahmslos mit Säulen
ausgestattet, die eine Säulenhalle oder ein säulengeschmücktes
Haus darstellen sollen. Der Unterbau des Spielplatzes, die
Vorderwand der Bühne, zeigt dagegen in diesen Theatern nie-
mals Säulenschmuck. Die einzigen vorhandenen Säulen ge-
hören also zum Hintergründe des Spiels und heissen Proskenion.
Und da .sollen im hellenistischen Theater die einzigen Säulen,
obwohl auch sie urkundlich Proskenion heissen, nicht den Hin-
tergrund des Spiels, sondern die Vordenvand einer den Erd-
boden darstellenden Bühne gebildet haben?
In seiner ersten Ergänzung {Die griechische Bühne S.i) hat
Puchstein an dem Hauptgeschosse der Skene überhaupt keine
Säulen zeichnen lassen, sondern den Türen nur einfache Um-
rahmungen gegeben. Dadurch wird der sinnwidrige Gegensatz
zwischen dem undekorierten Hintergrund und der dekorierten
Vorderwand der Bühne besonders augenfällig. In dem oben mit
geteilten zweiten Entwurf sind dagegen die Türen von Säulen
ATHEN, MITTEILUNGEN XXVIII.
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