DIE GRIECHISCHE BÜHNE
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das zweite Stockwerk ist dagegen als Hauptgeschoss mit einer
vorgestellten Säulenreihe ausgestattet, welche scaenae frons
oder auch Proskenion genannt wurde; in mehreren Theatern,
aber nicht in allen, hat auch das dritte Geschoss Säulen. Der
wesentliche Unterschied beider Theaterarten besteht also darin,
dass das säulenlose Untergeschoss des vitruvischen Theaters,
das unzweifelhaft als Bühne für skenische Aufführungen diente,
im echt griechischen Typus fehlt.
2. ) Im hellenistischen Theater sind zwischen den Säulen des
Proskenion bemalte Holztafeln (Pinakes) eingefügt, deren Ge-
stalt und Bedeutung ich in einem besonderen Aufsatze bespre-
chen werde. Sie schliessen den Raum zwischen dem Proskenion
und der Vorderwand der eigentlichen Skene ab und entziehen
sein Inneres (Hyposkenion) den Blicken der Zuschauer. Im
Theater Vitruvs ist von Pinakes am Untergeschosse nichts
überliefert und auch an den zugehörigen Ruinen nichts vor-
handen. Aber an seinem Hauptgeschosse finden wir zwischen
den Säulen, die auch Proskenion heissen, freistehende Statuen
aufgestellt. Der Raum zwischen den Säulen und der Wand ist
zwar nicht mehr abgeschlossen, aber die Säulen stehen noch
immer in einem gewüssen Abstande von der Wand und tragen
ebenso wie im hellenistischen Theater ein langes schmales
Podium, das Theologeion. Die Untergeschosse des hellenisti-
schen und griechisch-römischen Theaters sind also so ver-
schieden wie möglich, während zwischen dem Untergeschoss
des ersteren und dem zweiten Geschosse des letzteren eine
nahe Verwandtschaft besteht: beide haben Säulenschmuck;
nur siiid in natürlicher Entwicklung an Stelle der bemalten
Pinakes des hellenistischen Theaters in den griechisch-römischen
Ruinen und bei Vitruv freistehende Statuen getreten.
3. ) Im hellenistischen Theater bildet die Orchestra einen
vollen Kreis, weil sie für die Tänze des Chores bestimmt ist.
In mehreren Theatern erweitert sich der Kreis vor dem Pro-
skenion deutlich zu einem Rechteck, dem Standplatze der
Schauspieler. Im griechischen Theater Vitruvs ist der Kreis
nicht mehr voll, sondern in zwei Teile von verschiedener Höhe
zerlegt, in einen schmalen Spielplatz für die skenischen Auf-
führungen und eine tiefer liegende, etwa 3/4 Kreis umfassende
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das zweite Stockwerk ist dagegen als Hauptgeschoss mit einer
vorgestellten Säulenreihe ausgestattet, welche scaenae frons
oder auch Proskenion genannt wurde; in mehreren Theatern,
aber nicht in allen, hat auch das dritte Geschoss Säulen. Der
wesentliche Unterschied beider Theaterarten besteht also darin,
dass das säulenlose Untergeschoss des vitruvischen Theaters,
das unzweifelhaft als Bühne für skenische Aufführungen diente,
im echt griechischen Typus fehlt.
2. ) Im hellenistischen Theater sind zwischen den Säulen des
Proskenion bemalte Holztafeln (Pinakes) eingefügt, deren Ge-
stalt und Bedeutung ich in einem besonderen Aufsatze bespre-
chen werde. Sie schliessen den Raum zwischen dem Proskenion
und der Vorderwand der eigentlichen Skene ab und entziehen
sein Inneres (Hyposkenion) den Blicken der Zuschauer. Im
Theater Vitruvs ist von Pinakes am Untergeschosse nichts
überliefert und auch an den zugehörigen Ruinen nichts vor-
handen. Aber an seinem Hauptgeschosse finden wir zwischen
den Säulen, die auch Proskenion heissen, freistehende Statuen
aufgestellt. Der Raum zwischen den Säulen und der Wand ist
zwar nicht mehr abgeschlossen, aber die Säulen stehen noch
immer in einem gewüssen Abstande von der Wand und tragen
ebenso wie im hellenistischen Theater ein langes schmales
Podium, das Theologeion. Die Untergeschosse des hellenisti-
schen und griechisch-römischen Theaters sind also so ver-
schieden wie möglich, während zwischen dem Untergeschoss
des ersteren und dem zweiten Geschosse des letzteren eine
nahe Verwandtschaft besteht: beide haben Säulenschmuck;
nur siiid in natürlicher Entwicklung an Stelle der bemalten
Pinakes des hellenistischen Theaters in den griechisch-römischen
Ruinen und bei Vitruv freistehende Statuen getreten.
3. ) Im hellenistischen Theater bildet die Orchestra einen
vollen Kreis, weil sie für die Tänze des Chores bestimmt ist.
In mehreren Theatern erweitert sich der Kreis vor dem Pro-
skenion deutlich zu einem Rechteck, dem Standplatze der
Schauspieler. Im griechischen Theater Vitruvs ist der Kreis
nicht mehr voll, sondern in zwei Teile von verschiedener Höhe
zerlegt, in einen schmalen Spielplatz für die skenischen Auf-
führungen und eine tiefer liegende, etwa 3/4 Kreis umfassende