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Verein für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung [Hrsg.]
Annalen des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung — 10.1870

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Spiess, August: Das Dillenburger Schloss
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und der ansehnlichen Kirche überragt wird. Hier sind wir schon in
den altoranischen Theilen des. nassauischen Landes angelangt, und zwar
an einem früher bedeutenderen Orte; denn Herborn war einst der Sitz
einer hohen Schule, welche im Jahre 1584 von Johann dem Kelteren
von Nassau-Dillenburg gegründet worden, zur Zeit ihres ersten Auf-
blühens sehr stark besucht war, und bis zum Jahre 1816 bestanden hat-
Weiter aufwärts werden die das Thal begrenzenden Berge höher und
rücken näher zusammen; der zwischen ihnen liegende, wohlbebaute Wiesen-
grund prangt im frischesten Grün. An mehreren Dörfern und Hütten-
werken vorüber, welche den Reichthum der Gegend, den vortrefflichen,
weit gesuchten Eisenstein schmelzen und verarbeiten, eilt der Zug dem
sechs Wegstunden von Wetzlar entfernten Städtchen Dillenburg zu,
welches, im Schoosse waldgrüner Berge gelegen, sich schon von ferne
durch die Rauchsäulen seiner neuentstandenen industriellen Etablisse-
ments ankündigt. Auf dem mässig hohen, steilen Bergvorsprung zur
Linken, um welchen der Ort herumgebaut ist, und der auf seiner nörd-
lichen Seite in einer 80 Fuss hohen Mauer abfällt, bemerkt das Auge
über dieser einige, sich nur wenig über den Boden erhebende Trümmer-
reste. Es sind die des „Hauses Dillenbergk“ oder „Dillenburgk“, wie
es in den Urkunden lautet, des Stammschlosses der Dillenburgischen,
Siegen’sehen, Hadamarer und Dietzer, sowie der oranischen Linie des
Hauses Nassau.
Nur wenige Fürstensitze der Rheinlande haben durch die Ungunst
der Verhältnisse so sehr gelitten, als das Dillenburger Schloss, welches
noch im vorigen Jahrhunderte mit seinen zahlreichen Bauten früheren
und späteren Ursprungs, mit seinen Thürmen und Erkern in weiter Aus-
dehnung sich auf dem Rücken des Berges erhob. Das Trümmerwerk,
welches jetzt noch zu Tage steht, stammt von dem eigentlichen Kern,
der alten Burg her, um welche sich die Bauten späterer Zeit in nied-
rigerer Lage hinzogen. Doch sind diese bis auf die obenerwähnte grosse
Mauer fast alle spurlos verschwunden, und nur der Wallgraben und
kleine Ueberreste lassen den Besucher den bedeutenden Umfang des
ganzen Complexes, welcher das Dillenburger Schloss ausmachte, erken-
nen. Dagegen ist die Anhöhe durch gewaltige Gewölbe, welche zu
Thorfahrten, Kasematten, Kellerräumen und Gefängnissen dienten, und
an einzelnen Stellen drei Stockwerke übereinanderliegen, wahrhaft unter-
minirt. In neuerer Zeit hat man einige derselben vom Schutte gerei-
nigt, während der grössere Theil — nach den alten Plänen des Schlosses
beläuft sich ihre Gesammtzahl auf 120—130 — zur Zeit noch ver-
schüttet sind.
Das „Haus Dillenburgk“, welchem die im Thale liegende Stadt
ihren Ursprung verdankt, wurde zu der Zeit gegründet, als sich das
Grafenhaus Nassau noch nicht in die walramische und ottonische Linie
 
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