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Verein für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung [Editor]
Annalen des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung — 18.1883/​1884

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Ausfeld, E.: Das Gerücht von einem seitens Kur-Mainz beabsichtigten Einfall in WIesbaden im Jahre 1609: , nach den im Königlichen Staatsarchiv zu Wiesbaden befindlichen Akten
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https://doi.org/10.11588/diglit.70115#0099

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XI.

Das Gerücht von einem seitens Kur-Mainz beabsich-
tigten Einfall in Wiesbaden im Jahre 1609
nach den im Königlichen Staatsarchiv zu Wiesbaden befindlichen Akten.
Von
Dr. E. Ausfeld.

Als mit dem Tode des jungen Grafen Johann Ludwig im Jahre 1605 die
idsteinische Linie des Hauses Nassau im Mannesstamme ausgestorben war, nahm
Graf Ludwig von Nassau-Weilburg das Gebiet derselben in Besitz. Durch den
Butzbacher Vertrag vom 5. September 1605 setzte er sich mit der Mutter und
den Schwestern des Verstorbenen bezüglich der Erbteilung auseinander. Indessen
wurde ihm die Nachfolge in den Lehen von verschiedenen Herren, namentlich
von dem Kaiser und dem Erzbischof von Mainz nicht ohne weiteres zugestanden.
Vielmehr begannen hier sehr weitläufige Verhandlungen über Berechtigung und
Nichtberechtigung der Ansprüche des Grafen Ludwig; ein Jahrzehnte hindurch
dauernder Federkrieg ward eröffnet.
Im Jahre 1607 erteilte K. Rudolf II. dem Erzbischof von Mainz, Johann
Schweickard, einen Exspectanzbrief auf die Herrschaft Wiesbaden, welche ein
Reichslehen der idsteinischen Linie gewesen war. Es wird hier ausdrücklich auf
die schwebenden Verhandlungen mit dem Grafen Ludwig hingewiesen. Auch
sonst verlautet in den uns erhaltenen Akten nirgends etwas von Drohungen, dass
man kaiserlicherseits zu ernsteren Massregeln greifen werde. Der nassau-saar-
brückische Kanzler Matthias v. Hirschbach befand sich seit dem Jahre 1606 zur
Führung der Angelegenheit in Prag; brachte er schon die Sache nicht sonderlich
vorwärts, so gelang es ihm doch, die Kaiserlichen Räte durch Worte und Werke
bei guter Laune zu erhalten. Dabei hatte man allerdings wohl Ursache, auch
auf den Kurfürsten von Mainz sein Augenmerk zu richten, denn dieser war
Kaiserlicher Kommissarius für die Reichslehensachen des Hauses Nassau und speziell
war ihm unterm 9. Juli 1605 vom Kaiser formell die Einziehung der nassau-
idsteinischen Reichslehen übertragen worden2). Es lag auf der Hand, dass im
Falle der Ergreifung von Gewaltmassregeln diese in seine Hände gelegt werden
würden. So ist es erklärlich, dass ein Gerücht von einem beabsichtigten bewaff-
neten Einfall des Kurfürsten in Wiesbaden unschwer Glauben fand.
9 Vgl. Otto, Gesch. der Stadt Wiesbaden, pag. 154, 155. Keller, Gresch. Nassaus von der
Reformation bis zum Anfang des BOjähr. Krieges, pag. 504 ff. F. W. E. Roth, Wiesbaden,
pag. 133—135. — 2) Keller a. a. O. spricht irrtümlich von einer am 9. Juli 1605 erfolgten
Belehnung des Kurfürsten mit der Herrschaft Wiesbaden.
 
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