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Verein für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung [Hrsg.]
Annalen des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung — 18.1883/​1884

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Fritze: Zwei Gedichte über Wiesbaden aus dem XV. Jahrh.
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https://doi.org/10.11588/diglit.70115#0157

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XV.

Zwei Gedichte über Wiesbaden aus dem XV. Jahrh.
Mitgeteilt von
Gymnasiallehrer Fritze und Professor Otto.

1) Conrad Celtes (1459—1508), der erste gekrönte Dichter Deutschlands, der eifrigste
und wanderlustigste Apostel des Humanismus, der Stifter der ersten literarischen Gesellschaften
in Krakau, Wien und Mainz, lebte an letzterem Platze von Ende 1490 bis April 1491 als Gast
und Hausgenosse seines Freundes Theodor Gresemund des aelteren1). In unsteter Liebe treu
dem Grundsätze: ein andres Städtchen ein ander Mädchen, liess er sich dort von den Reizen
einer Dame fesseln, die er wiederholt als Ursula, auch als Ursa, Galla, Rhenana besingt. Das
dritte Buch seiner amores ist ihr gewidmet2), und äusser einigen Elegieen dieser Sammlung sind
mehrere seiner Oden an sie gerichtet3). Unter letzteren erzählt die hier mitgeteilte 13. des
III. Buchs von einem gemeinschaftlichen Besuche der Wiesbadener Quellen, die der fieberkranken
Geliebten Heilung und neue Stärkung bringen sollen. Doch konnte die Kranke durch diese Kur
ebenso wenig vom Tode errettet werden, als durch die ärztliche Kunst des Humanisten Heinrich
Gerathwol (Euticus. Euthyches. Euthychios), den Celtes von Frankfurt ans Krankenbett holen liess.
Bald nach Ursulas Tode verliess Celtes Mainz, um vorläufig sein buntes Wanderleben noch fortzusetzen.

Ad Ursulam thermas secum petentem.
Ursula cras petemus
Fervidas thermas tepidis corporibus medentes
Quae haud procul urbe fumant
Quae gerit nomen patrio4) a fiumine clara
Meno
Hic tibi sacra corpus
Unda curat, sulphureo quae calefacta flatu
Exiliens caverna et
Fonte quem coecis scatebris nobilis unda fecit
Sed tua postquam in undis
Membra fovisti, virides mox repetemus hortos
Hic ubi grata densis
Umbra crescens arboribus corpora recreabit
Gutture quis sonoro
Concinunt laetae5 6) volucres mellifluos tenores
Hic dapibus receptis
Poculis largis hilares carmina concinentes
Oscula dein labellis
Ursa figes corporibus per sua vota mixtis.

Ursula, morgen ziehn wir
Nach dem Sprudel hin, der so heiss, frösteln-
dem Leib zur Heilung
Nahe der Stadt aufqualmet,
Deren Pracht erhielt von des Mains heimischer
Flut den Namen.
Dorten erquickt den Körper
Heil’gen Wassers Kraft, die erhob schwefligen
Schlundes Atem,
Wo es die Quellenhöhle
Weitberühmt gebiert und der Schoss dunkel
geheimer Strudel.
Aber sobald im Bade
Du den Leib geschmiegt, o so komm’ rasch
in den grünen Garten,
Da in dem dichten Busche
Frischer uns belebt zu Genuss wachsender
Abendschatten.
Wonnigen Honigdüften
Gleich ertönt das Lied aus der Brust flötender
Nachtigallen.
Lasse das Mahl uns reichen
Hier, wo heiterer Sang zu dem Klang schäu-
mender Becher schallet,
Lasse die Lippe naschen
Küsse, wo in Lust sich vereint bräutlicher
Ruh die Liebe. Fr.

4) cf. Aschbach, die früheren Wanderjahre des Conrad Celtes. Wien 1869, pag. 76 sqq.
Geiger, Renaissance und Humanismus in Italien und Deutschland. Berlin 1882, pag. 454 sqq. —
2) C. C. Quatuor libri amorum secundum quatuor latera Germaniae. Nürnberg 1502. — 3) C. C.
libri odarum quatuor cum epodo et saeculari carmine. Strassburg 1513.■— 4) Text: patre. --
6) Text: laete.
 
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