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Erlaubnis des Grafen vorlegen würden, befehlen sollten, Ziegen und Böcke
weder in, noch ausserhalb Stalles zu halten und solche binnen 14 Tagen abzu-
schaffen oder zu gewärtigen, dass die nach Ablauf dieser Frist in oder äusser
Ställen sich befindenden konfisziert werden würden, — auch nach Ablauf der
14 Tage die Schultheissen mit dem Oberförster umher gehen und die alsdann
noch verbotswidrig vorhandenen Tiere konfiszieren und nach Dillenburg
liefern sollten. (Corpus constitutionum Nassovicarum I, pag. 189, 494 und 647;
n, pag. 65.)
Trotz solcher wiederholten Verordnungen und Verfügungen fehlte es auch
später nicht an Kontraventionen, indem das Bedürfnis, welches unbemittelte Familien
zum Anschaffen und Unterhalten von Ziegen veranlasste, die Furcht vor den
Folgen des Verbots überwog. So kam es denn im Jahre 1629 dazu, dass zu
Driedorf wieder einmal mehreren Leuten konfiszierte Ziegen weggenommen wurden
und dies gab Veranlassung zu folgender für die Beurteilung der damaligen Zeit-
verhältnisse dienlichen Eingabe des Pfarrers daselbst an den Grafen Ludwig
Henrich zu Dillenburg.
„Hochwohlgeborner Graff, gnediger Herr.
Ew. Gnaden meine trewe Iderzeit schuldige und gfliessene Dienste zuvor.
Und wissen sich dieselben Zweifelsfrey noch gnedig zu erinnern, wie sie vor drey
Jharen mir verstattet Ein Paar Ziegen zu halten und dasselb dieser Ursach halben,
weill nemlich die Pastorei allhie so gar bettelarm, das ein Pastor davon nicht woll
die äusserste Nottür ft wasser und brots haben kann.
Dann 1) hat diese Pfarr durchaus kein einige handvoll gut hew oder wiesen-
wachss sonder eitell sauer weit entlegene Seiffen, So um Bartellmessttag erst ge-
mehet werden, und offt kaum des Kostens wert: Sint uff 5 wagen Hews geschätzt,
damit wenig Viehes über Winter ausszubringen ist.
2) Hat ein Pastor allhie das ganze Jar über mit den seinen nur das grobbe
rawe Habberbrot zu kauwen und doch dessen zur Notturft kaum genug.
3) Vermag diese Pfarr auch nit so vill, dass ein Pastor im Jar ein einig
Fesslein Biers zu seiner äusserst notturft konnte bezahlen und bey sich legen,
Sonder muss winter und Sommer sich mit dem Born behelffen.
4) Dannenhero wird in 6 Jaren, die Ich durch gottes Gn. Allhie zubracht,
kein einiger Metzler im lande sagen können, dass ich die Zeit über ein einig Pfund
Fleisch von ihm empfangen, es sey denn zu ehren oder in Krankheit geschehen;
Sonder muss mich täglich mit einer schlechten Molken oder Wassersuppen lassen
tractiren, mit ein par eyer oder Handvoll gemüse dazu.
Daiumb hat mein Hausfraw jarlieh ein Par Ziegenlemmer lassen vorschneiden
und bist in Herbst gesparet, damit sie alsdann etwas abzuthun und unsere Kinder
auch einmal mit grünem Fleisch zu erfrewen hatte, die Felle aber zu Kleidern
zu bereiten.
So hat aber Ew. Gn. Schlachter ihr dieselben vorgestern in meinem abwesen
genohmen und sambt andere nacher Dillenberg getrieben. Wiewol Ich mich aber
solcher Ungnad nicht versehen hatte, So muss Ew. Gn. Ich doch für entschuldigt
Erlaubnis des Grafen vorlegen würden, befehlen sollten, Ziegen und Böcke
weder in, noch ausserhalb Stalles zu halten und solche binnen 14 Tagen abzu-
schaffen oder zu gewärtigen, dass die nach Ablauf dieser Frist in oder äusser
Ställen sich befindenden konfisziert werden würden, — auch nach Ablauf der
14 Tage die Schultheissen mit dem Oberförster umher gehen und die alsdann
noch verbotswidrig vorhandenen Tiere konfiszieren und nach Dillenburg
liefern sollten. (Corpus constitutionum Nassovicarum I, pag. 189, 494 und 647;
n, pag. 65.)
Trotz solcher wiederholten Verordnungen und Verfügungen fehlte es auch
später nicht an Kontraventionen, indem das Bedürfnis, welches unbemittelte Familien
zum Anschaffen und Unterhalten von Ziegen veranlasste, die Furcht vor den
Folgen des Verbots überwog. So kam es denn im Jahre 1629 dazu, dass zu
Driedorf wieder einmal mehreren Leuten konfiszierte Ziegen weggenommen wurden
und dies gab Veranlassung zu folgender für die Beurteilung der damaligen Zeit-
verhältnisse dienlichen Eingabe des Pfarrers daselbst an den Grafen Ludwig
Henrich zu Dillenburg.
„Hochwohlgeborner Graff, gnediger Herr.
Ew. Gnaden meine trewe Iderzeit schuldige und gfliessene Dienste zuvor.
Und wissen sich dieselben Zweifelsfrey noch gnedig zu erinnern, wie sie vor drey
Jharen mir verstattet Ein Paar Ziegen zu halten und dasselb dieser Ursach halben,
weill nemlich die Pastorei allhie so gar bettelarm, das ein Pastor davon nicht woll
die äusserste Nottür ft wasser und brots haben kann.
Dann 1) hat diese Pfarr durchaus kein einige handvoll gut hew oder wiesen-
wachss sonder eitell sauer weit entlegene Seiffen, So um Bartellmessttag erst ge-
mehet werden, und offt kaum des Kostens wert: Sint uff 5 wagen Hews geschätzt,
damit wenig Viehes über Winter ausszubringen ist.
2) Hat ein Pastor allhie das ganze Jar über mit den seinen nur das grobbe
rawe Habberbrot zu kauwen und doch dessen zur Notturft kaum genug.
3) Vermag diese Pfarr auch nit so vill, dass ein Pastor im Jar ein einig
Fesslein Biers zu seiner äusserst notturft konnte bezahlen und bey sich legen,
Sonder muss winter und Sommer sich mit dem Born behelffen.
4) Dannenhero wird in 6 Jaren, die Ich durch gottes Gn. Allhie zubracht,
kein einiger Metzler im lande sagen können, dass ich die Zeit über ein einig Pfund
Fleisch von ihm empfangen, es sey denn zu ehren oder in Krankheit geschehen;
Sonder muss mich täglich mit einer schlechten Molken oder Wassersuppen lassen
tractiren, mit ein par eyer oder Handvoll gemüse dazu.
Daiumb hat mein Hausfraw jarlieh ein Par Ziegenlemmer lassen vorschneiden
und bist in Herbst gesparet, damit sie alsdann etwas abzuthun und unsere Kinder
auch einmal mit grünem Fleisch zu erfrewen hatte, die Felle aber zu Kleidern
zu bereiten.
So hat aber Ew. Gn. Schlachter ihr dieselben vorgestern in meinem abwesen
genohmen und sambt andere nacher Dillenberg getrieben. Wiewol Ich mich aber
solcher Ungnad nicht versehen hatte, So muss Ew. Gn. Ich doch für entschuldigt