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Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege; Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege [Contr.]
Inventarisation, Dokumentation und Pflege von Museumsgut — Arbeitshefte des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege, Band 1: München: Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege, 1978

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Till, Wolfgang: Zu Theorie und Praxis der Inventarisation von Museumsgut
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https://doi.org/10.11588/diglit.70268#0011
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Um die hier nur angedeuteten Gefahren zu vermeiden,
sollte ein zwangloser numerus currens (laufende Nummer)
angewendet werden, wobei jedes Stück eine eigene Num-
mer erhält. (Ausnahmen sind echte Doubletten, etwa Mün-
zen, Graphik etc. und Einzelteile eines erkennbaren Gan-
zen, z.B. Teile einer Tracht, die mit der selben Nummer,
aber zusätzlichem Buchstabenindex a, b, c usw. inventari-
siert werden können). Handelt es sich um die nachträgli-
che Inventarisierung eines größeren gemischten Bestan-
des, kann natürlich trotzdem gruppenweise vorgegangen
werden, wenn damit Zeiteinsparungen, etwa beim Messen
oder Fotografieren, verbunden sind. Raumweises Vorge-
hen dagegen hat den Vorteil lückenloser Erfassung. Nach-
träge können beim numerus-currens-Verfahren völlig
problemlos angehängt werden. Die endgültige Sach- bzw.
Standort-Ordnung geschieht über die Kopie des Inventar-
blattes.
Bisher hat man sich in keinem Fachgebiet auf verbindliche
Formblätter für die Museumsdokumentation einigen kön-
nen. Die im »Bericht der Arbeitsgruppe Museumsdoku-
mentation« Berlin/Frankfurt 1972 vorgestellten Fangblät-
ter, und die angekündigte Zentralkartei für Sachvolks-
kunde (einheitliche Klassivizierungschemata) sind bisher
nur für ganz kleine Teilgebiete (Kunstgewerbe Berlin, Haf-
nerkeramik München) lokal ausprobiert worden. Von den
Museen mit ägyptischen Sammlungen wird z.Zt. mit Un-
terstützung der Stiftung Volkswagenwerk ein Loseblatt-
Katalog erprobt.
Wir kennen zwei Systeme des Inventarblatts:
a) die Karteikarte (diverse Formate), die den Nachteil der
leichten Kopierbarkeit hat, dagegen die Ordnung nach
Sachgruppen und Standort erleichtert.
b) das einfache DIN A4 Blatt mit aufgedrucktem Raster,
das den Vorteil der Kopiebarkeit und der praktischen Ab-
lage in transportablem Leitzordner vereinigt. Es empfiehlt
sich, ein Gesamtexemplar in fester Form binden zu lassen.
Fotos erleichtern die Arbeit wesentlich, sollten aber paral-
lel zur Kartei abgelegt und aufbewahrt werden.
In großen Museen gibt es Panzerschränke nicht für die Ob-
jekte, sondern für die Inventarbände. Der sicheren Aufbe-
wahrung des Inventars sollte größte Aufmerksamkeit ge-
schenkt werden. Wir empfehlen daher, ein Exemplar im
Landesamt für Denkmalpflege zu deponieren. Auch sollte
das Inventar nicht unbedingt jedermann zugänglich sein,
denn es kann Informationen enthalten, die besser vertrau-
lich bleiben, z.B. Preise, Adressen etc.
Neben der eigentlichen Beschreibung des Objektes, die im
gegebenen Fall von einem Foto oder einer Zeichnung be-
gleitet werden, sollen auf dem Blatt bestimmte Daten, die
sogenannten Deskriptoren, herausgezogen werden.
1. Bezeichnung:
möglichst kurzer Titel, genaue Bezeichnung der Technik.
Beispiel: Heiliger Mathäus, Kupferstich.
2. Maße:
bei zweidimensionalen Gegenständen Höhe mal Breite in
cm, wodurch sich bei Bildern z. B. die Angabe Hoch- oder
Breitformat erübrigt. Bilder sollen mit und ohne Rahmen
gemessen werden, wobei das Rahmenmaß als Angabe für

einen Ausleiher sehr wichtig sein kann. Bei Graphik stets
die Gesamtgröße und die Plattengröße angeben.
Dreidimensionale Gegenstände werden gemessen in Höhe
mal Breite mal Tiefe, wobei jeweils der Maximalwert zu er-
mitteln ist. Der Durchmesser 0 dient als Maßangabe bei
Münzen etc. Grundsatz: das Maß soll immer an einer ma-
ximalen Stelle, z.B. größte Höhe, größter Umfang, ge-
nommen werden und soll unveränderlich sein. Eine Figur
mit abnehmbarer Krone sollte ohne dieses Attribut ver-
messen werden. Zur Bestimmung des Umfanges von Gefä-
ßen kann eine Schublehre nützlich sein. Hohlmaße lassen
sich durch Einfüllen von Wasser oder Getreide feststellen,
was für die Bezeichnung (Literkrug, Metzen) wichtig sein
kann. Sehr vielen, auch ungeeichten Gefäßen liegen ja fe-
ste Hohlmaße zugrunde. Münzen, Schmuck (Karat), z.T.
Keramik und Waffen können auch durch das Gewicht be-
stimmt werden.
3. Materialien:
Alle Materialien sollen in der Reihenfolge ihrer ungefähren
Anteile angeführt werden. Beispiel: Intarsienschrank
(Boulle) besteht aus Eichenkern, eingelegte farbige, z.T.
exotische Hölzer, Schildpatt, Zinn, Silber, Papier. Zur Be-
stimmung der Holzarten bediene man sich einer Holzmu-
sterkollektion.
Bei Bildern ist die Feststellung des Trägers sehr wichtig:
handelt es sich um Holz, Metall (Kupfer), Pappe, Papier,
Leinwand?
4. Hersteller:
Hier kommen in Frage Personennamen, Berufsbezeich-
nungen, Gruppennamen (z.B. auch der Name einer Fa-
brik). Ferner exakte Wiedergabe von Goldschmiedemar-
ken (abzeichnen oder abformen), Signaturen, Inschriften,
jeweils mit der Angabe, ob sie sich auf Rückseite oder Un-
terseite befinden. Alte Aufkleber (etwa Ausstellungen,
Vorbesitzer, alte Inventarnummern) werden mitangeführt.
5. Ort:
Auf veraltete Schreibweisen oder Namenswechsel achten.
Hilfsmittel sind hier die Gemeindeverzeichnisse oder Du-
dens Lexikon geographischer Begriffe.
6. Datierung:
Meist muß der Zeitpunkt der Herstellung eines Gegenstan-
des erschlossen werden. Bemerkungen wie »aus längst
vergangener Zeit« (Beispiel aus dem Friedberger Inventar
aus dem Jahre 1905) sind überflüssig. Besser ist die Ein-
schränkung nach folgenden Mustern:
Vor nach um , von
bis , nach und vor Auch die An-
gabe von Perioden, z. B. karolingisch, Rokoko, ist statthaft.
7. Wert:
Aus versicherungstechnischen Gründen, z. B. bei der Aus-
leihe kann der aktuelle Wert eines Gegenstandes wichtig
sein. Er sollte aber von Fallzu Fall, gemäß der Entwicklung
der Kunstpreise, festgestellt werden und nicht, wie es
manchmal geschieht, Bestandteil des Inventars sein. Der
Kaufpreis allerdings sollte stets festgehalten werden.
Nur kurz eingegangen werden soll auf die Idee des Infor-
mationsverbandes sämtlicher Museen. Es ist die Wunsch-

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