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Stegmann, Carl von; Geymüller, Heinrich von; Stegmann, Carl von [Editor]; Geymüller, Heinrich von [Editor]
Die Architektur der Renaissance in Toscana: dargestellt in den hervorragendsten Kirchen, Palästen, Villen und Monumenten nach den Aufnahmen der Gesellschaft San Giorgio in Florenz; nach Meistern und Gegenständen geordnet (Band 7): Raffaelo, Antonio da Sangallo der Jüngere, Baccio d'Agnolo, Rovezzano, Giuliano di Baccio d'Agnolo, Bandinelli, Peruzzi, Vignola, Folfi — München: Verlagsanstalt F. Bruckmann A.-G., 1908

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.55573#0043
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MICHELAGNOLO BUONARROTI

Die Originalzeichnung Bl. 4, Fig. 1 war für die auf der
oberen Loggia befindlichen Eingangsthür ins Vestibül der Libreria
bestimmt. Sie ist nicht zur Ausführung gelangt, und passt mit
ihrem Segmentgiebel und der über dem Sturz zu beiden Seiten
bloss ein Stück weit herabgeführten äusseren Umrahmung ganz
zu den Formen der äusseren Fenster der Libreria.
Wir geben Bl. 4, Fig. 3 eine eigenhändige Zeichnung
zu einer Fensterumrahmung mit Segmentgiebel, eine Studie, die
ohne Zweifel für eine der Öffnungen der Libreria oder ihres
Vestibüls bestimmt war. Sie zeigt im ganzen ruhigere Formen,
mehr im Charakter der Fenster im Innern des Saals.

IV.
ANDERE WERKE MICHELANGELOS
IN FLORENZ.

IE FENSTER IM ERDGESCHOSS DES
PALAZZO MEDICI-RICCARDI ©xs Diese
Fenster entstanden infolge der Zumauerung der Eck-
loggia des Erdgeschosses, in deren zwei Bogen Michelangelo je
eine »finestra inginocchiata« anbrachte. Es waren dies,
laut Vasari1), die ersten dieser Gestalt2). Sie werden zu Raffaels
Lebzeiten entstanden sein, da Vasari 1535 die unfertig ge-
bliebenen Gurtbögen der Gewölbe, die Giovanni da Udine für
Leo X. zu dekorieren begonnen hatte, vollenden musste. Auf
der Perspektive des Palastes sind diese Fenster sichtbar3). Schöne,
feste, einfache Verhältnisse, lebendige Abwechselung weicher Kurven
und scharfer, gerader Formen, die schöne Neigung ihrer Spitz-
giebel verleihen diesen Fenstern besonderen Reiz und Originalität.
Die TRIBÜNE ODER SACRARIO ÜBER DER
THÜRE IN S. LORENZO Clemens VII. wollte über
dem Hauptaltar von S. Lorenzo ein Ciborium auf vier Säulen
errichten, um die Lorenzo il Magnifico gehörenden Reliquien
aufzubewahren und zu zeigen. Diese Stelle sowie die über der
Thür zur neuen Sakristei wurde aufgegeben, und der Vorschlag
Michelangelos, für die jetzige Anlage, wie aus einem Briefe
Fattuccis4) vom 29. November 1525 hervorgeht, angenommen.
Die im Museo Buonarroti, Rahmen 41 v befindliche Federskizze,
die Bl. 2 Fig. 5 zeigt, ist offenbar eine Studie hierzu.


Entwurf zu einem »palazzo dell’alto-
pascio « Im Museo Buonarroti, Rahmen 54, auf der Rück-
seite der Nr. 117 und 118 sieht man den Grundriss eines Hauses
mit der Bezeichnung l’altopascio. Es ist unbestimmt, ob hier
die Ortschaft zwischen Pescia und Lucca gemeint ist, oder die
Persönlichkeit mit dieser Bezeichnung in Florenz, deren Wohnung
der Palazzo dell’ Altopascio auf der Piazza della SS. Annunziata ist.
Der Entwurf zeigt ein Haus, dessen von zwei Säulen ge-
bildeter Eingang in der Mitte der Fassade in ein quadratisches
Vestibül führt. Zu beiden Seiten liegt je eine Bottega und
hinter jeder dieser, zwei Camere durch ein zweites Vestibül ge-

trennt. Dann folgt zu beiden Seiten, die ganze Breite des Hauses
einnehmend, eine Doppeltreppe, auf jeder Seite mit zwei Armen.
Die Vorderkanten der Stufen haben eine gebogene Linie, die in
der Mitte vor, zu beiden Seiten konkav zurücktritt und an den
Enden wieder vortretend sich den Wangen anschliesst. Hinter
dem Treppenhause liegt ein mehr nach rechts sich ausdehnender
Hof mit einer Küche und einer Camera an jedem Ende und
dem Brunnen an der hinteren Seite.
Nr. 118 zeigt vermutlich den Grundriss eines oberen Ge-
schosses für eine Variante desselben Entwurfs. In der Mitte vorne
steht ein Rececto; dahinter in der Breite des Treppenhauses,
das nur auf der linken Hälfte hinaufgeführt, ein S a 1 o c t o und hinter
diesem ein quadratischer Raum (Hof mit einem Rundbrunnen [?]).
Zu beiden Seiten je eine Camera und Cucina und auf der linken
Seite hinter diesen ein Studiolo. Rechts vom Rececto steht:
Camera di sopra, und das Gleiche rechts vom Salocto; links
vom Rececto steht: Bottega di Socto. Wir haben die Ortho-
graphie Michelangelos beibehalten. Gelegentlich dieser Studie
muss auf den Entwurf Francescos da Sangallo für eine Villa
ebenfalls für 1’Altopascio aufmerksam gemacht werden, den wir
unter den Villen Bl. 6, Fig. 2 publiziert haben, ohne feststellen zu
können, ob ein Zusammenhang zwischen beiden Aufgaben besteht.
Skizzen zu einer fassade von santo spi-
RITO ®x© Im Museo Buonarroti Rahmen 42, Nr. 89 ist eine
0,135 m hohe und 0,245 m breite Federskizze, die offenbar die
hier angeführte Bestimmung hat und deshalb interessant ist, weil
sie den Versuch zeigt, die Lösung mit vier Thüren, die angeblich
der Absicht Brunellescos entsprach, zu verwirklichen4). Zwei
korinthische Säulen von der Höhe des Mittelschiffs bezeichnen
dessen Breite. Etwas mehr als die untere Hälfte ihres Inter-
columniums wird durch eine kleine korinthische Ordnung ge-
gliedert, von der zwei Halbsäulen an die grosse Ordnung anstossen,
während eine dritte der inneren Mittelsäule in der Axe der Kirche
entspricht. An diese drei Halbsäulen stossen die Gewände der
zwei Thüren direkt an. Zwischen deren Stürzen und dem Ge-
bälk liegt je eine Füllung von der lichten Breite der Thüren.
Über dem Gebälk, den Halbsäulen entsprechend, drei scheinbar
sitzende Figuren. Die obere Hälfte, zwischen der grossen
Ordnung, wird mittels eines Rahmenprofils, ein Modul von den
Säulen abstehend, als eine einzige Füllung mit zwei Rundbogen-
fenstern in den Axen der Thüren und annähernd in deren Breite
behandelt. Eine hohe Konsole stützt den Rahmen in der
oberen Mitte.
Vor dem Seitenschiff wird die untere Ordnung durch-
geführt; sie schliesst sich der Thür an. Über deren Gebälk folgt
eine quadratische Füllung, die bis zum Astragal der grossen
Ordnung reicht, und in derselben ist ein Rundbogenrahmen eines
Fensters oder einer Nische angedeutet. Die äussere Ecke der
Fassade ist nicht endgültig bestimmt. Man kann ebensowohl die
Absicht erkennen, hier wieder eine Säule der grossen Ordnung
anzubringen als bloss ein Rahmenprofil, welches sich unter dem

1) Siehe: Vita di Gio. da Udine, Bd. VI, S. 557 und Vita di Michelagnolo,
Bd. VII, S. 191 und 656; ferner Bd. VIII, S. 249 und 250, die beiden Briefe Vasaris.
2) Das Dizionario technico der Florentiner Architekten und In-
genieure, kennt diese Bezeichnung nicht. Ich habe sie in Rom auf Fenster des
Erdgeschosses angewendet gesehen, deren Brüstung seitwärts in ganzer Höhe

Architektur der Renaissance in Toscana. Michelagnolo Buonarroti.

von Konsolen begleitet sind um die Fenstergewände oder deren begleitende
Halbsäulen zu tragen.
3) Siehe: Monographie des Michelozzo, Bl. 1.
4) Siehe: Gotti, A. a. a. O., Bd. I, S. 167 und 169.
4) Siehe; Monographie F. di Ser Brunellescos S. 32—33.
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