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Ars: časopis Ústavu Dejín Umenia Slovenskej Akadémie Vied — 2.1968

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I.
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Petrová-Pleskotová, Anna: Die Entwicklungsaspekte des Schaffens Johann Rombauers
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https://doi.org/10.11588/diglit.51370#0044
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tischen Eigenschaften des abgebildeten Modells
kommt besonders prégnant bei den Männer-
portraits zum Vorschein.
Es ist also klar, dass Rombauer schon vor seinem
Abgang in ein Milieu neuer Impulse einige charak-
teristische Anläufe zur Suche einer eigenen künst-
lerischen Ausdrucksweise in sich trug, und dass
er bereits eine eigene künstlerische und staatsbür-
gerliche Position besass, der er auch in seiner
späteren Entwicklung nicht untreu wurde. Seine
weitere Entwicklung ist komplizierter und differen-
zierter, sie zeigt sich allmählich in der Suche nach
einem neuen, tieferen inneren Inhalt und einer
dementsprechenden Ausdrucksweise. Das an-
spruchsvolle Milieu der russischen Kunst der
ersten Hälfte des 19. Jh. ruft bei ihm, wie es
scheint, nicht nur eine kritische Betrachtung
seiner eigener Arbeiten, sondern auch gleichzeitig
ein Streben nach einer anspruchsvolleren Aus-
drucksweise hervor; von diesem Streben ange-
spornt, erhält er neue Impulse und entwickelt einen

4. Johann Rombauer: Bildnis des Wassilij Semjono-
witsch Chwostow, 1806, Oel.


weiteren schöpferischen Elan. Rombauer kehrt
jedoch noch einmal zu Stunder’s kompositionellen
Prinzipien zurück, u. zw. geschieht dies kurz nach
seinem Eintreffen in Russland.

Nach Divald’s Interpretation, die heute mit mehr
oder weniger berechtigten Vorbehalten von der
ganzen Rombauer-Literatur übernommen wurde,
machte Rombauer in Bardejov (Bartfeld) — ein
anfangs des 19. Jh. berühmter, von vielen Auslän-
dern besuchter Kurort und Sommerfrische in der
Ostslowakei — die Bekanntschaft des wolhynischen
Grafen, des Senators Iljinskij.20 Angeblich ent-
schloss sich Rombauer auf Iljinskij’s Ueberredung
zu seiner Reise nach Russland. Es ist wahrschein-
lich, dass es nicht Romanowka, der provinzielle
Sitz der Familie Iljinskij in der Nähe der russisch-
polnischen Grenze in Wolhynien war, wo Rom-
bauer im Jahre 1806 Station machte, sondern
vielmehr ist es anzunehmen, dass er direkt in die
mit gesellschaftlichem und künstlerischem Leben
pulsierende Hauptstadt Petersburg ging. Das
Bildnis einer „Jungen Frau mit rotem Turban“
aus dem Jahre 1806, welches wir anlässlich unserer
in der Sowjet-Union durchgeführten Forschungs-
arbeiten als Rombauers Werk identifizieren konn-
ten,21 ist ein sprechender Beweis dafür, dass die
portraitierte Person „aus erster Hand“ über die
Neuheiten der Mode informiert und über die
Weltmode „au courant“ war. Den Turban, dessen
orientalisierender Charakter noch mit einem über
die Schulter der porträtierten Person geworfenen
Kaschmirschal betont werden sollte, begannen
die charmanten Pariserinnen erst kurz vorher zu
tragen, u. zw. zur Jahrhundertwende, als diese
orientalische Tracht durch Napoleons Feldzug
gegen Aegypten populär wurde. Uebrigens spricht
nichts mehr dafür, dass Rombauers Kundinnen
unter dem Einfluss des modernen, von Paris
diktierten Geschmacks standen, als die Tatsache,
dass Rombauers Bildnis von M. F. Uwarowowa
aus demselben Jahre von N. N. Wrangel für seine
Studie über die Damenmode der Aera Alexanders
I. als eine typische Illustration der damaligen
modischen Frauenkleidung übernommen wurde.22
Einen Beweis dafür, dass Rombauer unmittelbar
in das Zentrum der russischen Kunst und ihrer
Probleme geriet, liefern nicht nur ähnliche se-

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