des Repräsentationsportraits, zu welcher sich
Ronibauer im Jahre 1818 mit dem Portrait des
unrühmlich bekanntgewordenen Finanzministers
Gurjew, dessen Name in der Erinnerung der
Russen eher dank seiner Gourmanderie als seiner
staatsmännischen Taten lebt, emporgearbeitet hat.
Es ist paradox, jedoch nicht uncharakteristisch,
dass in diesem Falle gerade der künstlerisch
zweifelsohne raffiniertere und höher erudierte
Borowikowskij bei der Traktierung des Hinter-
grundes dieses Repräsentationsportraits den Feh-
ler begeht, den Hintergrund mit Details und
Attributen zu überbürden, wodurch in der empire-
empfundenen Konturarabeske des Modells stören-
de Momente entstehen. Rombauer hingegen,
unbelastet von den Traditionen des 18. Jahrhun-
derts, zeichnet den Hintergrund nur schematisch,
demgegenüber entwickelt er in vollem Masse die
energisch geführte, akzentuierte Linie des kör-
perlichen Umfanges und der Individualität der
portraitierten Person.
Die Parallelen, ja sogar stammesverwandtschaft-
lichen Züge, die sowohl im Schaffen Borowikow-
skij’s als auch Rombauers erscheinen, sind teil-
weise sicherlich allein schon in ihrer Zeit und ihrer
Stilmässigkeit verankert, haben jedoch auch ihre
tief ergreif enden Wurzeln. Sie entspringen der
verwandten Anschauungsplattform und, höchst-
wahrscheinlich, auch der direkten Kenntnis Rom-
bauers des Werkes von Borowikowskij; in An-
betracht der parallelen Tätigkeit der beiden
Künstler in einem identischen gesellschaftlichen
und künstlerischen Milieu kann eine solche Kennt-
nis mit Recht angenommen werden.
Borowikowskij’s Werk bedeutet für Rombauer
gleichzeitig eine Verbindungsbrücke einesteils zu
einigen Angehörigen der älteren Generation rus-
sischer Portraitisten, so z. B. direkt zu D. G. Le-
wickij und zu seinem bürgerlich gestaltendem
Schaffen in der zweiten Hälfte der 80er Jahre des
18. Jh., insbesondere jedoch zu der Generation
russischer Zeitgenossen, bei welchen sich Boro-
wikowskij in vielen Fällen der Autorität des Leh-
rers erfreute.
Eine gewisse geistige Verwandtschaft verbindet
Rombauers Werk mit der Portraitkunst des
Malers A. G. Wenecijanow (1780—1847), eines
Schülers von Borowikowskij, Sohnes eines Mos-
kauer Kaufmannes; dank seiner neuen künst-
lerischen Arbeitsmethoden und seiner neuen An-
schauung folgten ihm viele Schüler und Anhän-
ger.36 Hier ist ein Zusammenhang nicht nur mit
Portraits von Wenecijanow aus seiner frühesten
Schaffungsperiode bemerkbar (Bildnis von A. I.
Bibikow aus den Jahren 1805—1807), sondern
auch mit Portraits aus seiner späteren, progressi-
veren Schaffungsperiode (Portrait von M. M. Filo-
sofowa, 1823) ;37 in dieser Periode verschiebt sich
jedoch Wenecijanow’s Bedeutung vom Gebiete
der Portraitmalerei in das Gebiet realistischer
Bilder aus dem Leben des einfachen russischen
Dorfmenschen. Nebst dem direkten oder auch
indirektem Einfluss Borowikowskij’s und zufolge
ihrer den alten niederländischen Meistern ge-
widmeten grossen Aufmerksamkeit kommen die
Anschauungen der beiden Künstler einander auch
schon wegen der Tatsache näher, dass keiner von
ihnen durch den akademischen Drill gegangen
war. Dadurch entgingen beide nicht nur der aka-
demischen glatten, problemlosen Malerei, sondern
auch der Gebundenheit durch klassizistische Kon-
ventionen. Ein weiteres Element, welches Rom-
bauer und Wenecijanow ausserdem noch gemein-
sam innehaben, ist das Kolorit. Wenecijanow
ist in koloristischer Hinsicht verhältnismässig
lebendiger, als ein Grossteil der zeitgenössischen
russischen Meister, sein Kolorit ist nicht durch
die dunklen Töne des Barocks gebunden. Dabei
ist es interessant zu bemerken, dass die Lebens-
dauer der vom Klassizismus verworfenen, in
Hinsicht auf Farbenkultur anspruchsvollen Pas-
telltechnik, die im sammetfeinen 18. Jahrhundert
eine privilegierte Ausnahmestellung besass, die
beiden Künstler bis zum Ende des ersten Viertels
des 19. Jh. verlängert haben. Zu Rombauers mit
dieser Technik produzierten bemerkenswerten Ar-
beiten gehören sein Autoportrait aus dem Jahre
1821 und ein Pendantbildnis der anmutigen jun-
gen Gemahlin des Künstlers.38
Nebst den allgemein bekannten Namen von
Borowikowskij und Wenecijanow führen Fäden
Rombauers Beziehungen auch zu Künstlern se-
kundärer Bedeutung der russischen Portraitmalerei
des 19. Jh. Einer von ihnen ist auch der Maler
von fast unbekannten Lebensschicksalen, P. Le-
wizky, dessen Arbeiten noch bis vor kurzem dem
Spätwerk des Malers D. G. Lewickij39 zugeschrieben
wurden. Die Reproduktion seines „Bildnisses
eines unbekannten Mannes“ aus dem Jahre 1818,40
welches typenmässig das Portrait eines Intellek-
43
Ronibauer im Jahre 1818 mit dem Portrait des
unrühmlich bekanntgewordenen Finanzministers
Gurjew, dessen Name in der Erinnerung der
Russen eher dank seiner Gourmanderie als seiner
staatsmännischen Taten lebt, emporgearbeitet hat.
Es ist paradox, jedoch nicht uncharakteristisch,
dass in diesem Falle gerade der künstlerisch
zweifelsohne raffiniertere und höher erudierte
Borowikowskij bei der Traktierung des Hinter-
grundes dieses Repräsentationsportraits den Feh-
ler begeht, den Hintergrund mit Details und
Attributen zu überbürden, wodurch in der empire-
empfundenen Konturarabeske des Modells stören-
de Momente entstehen. Rombauer hingegen,
unbelastet von den Traditionen des 18. Jahrhun-
derts, zeichnet den Hintergrund nur schematisch,
demgegenüber entwickelt er in vollem Masse die
energisch geführte, akzentuierte Linie des kör-
perlichen Umfanges und der Individualität der
portraitierten Person.
Die Parallelen, ja sogar stammesverwandtschaft-
lichen Züge, die sowohl im Schaffen Borowikow-
skij’s als auch Rombauers erscheinen, sind teil-
weise sicherlich allein schon in ihrer Zeit und ihrer
Stilmässigkeit verankert, haben jedoch auch ihre
tief ergreif enden Wurzeln. Sie entspringen der
verwandten Anschauungsplattform und, höchst-
wahrscheinlich, auch der direkten Kenntnis Rom-
bauers des Werkes von Borowikowskij; in An-
betracht der parallelen Tätigkeit der beiden
Künstler in einem identischen gesellschaftlichen
und künstlerischen Milieu kann eine solche Kennt-
nis mit Recht angenommen werden.
Borowikowskij’s Werk bedeutet für Rombauer
gleichzeitig eine Verbindungsbrücke einesteils zu
einigen Angehörigen der älteren Generation rus-
sischer Portraitisten, so z. B. direkt zu D. G. Le-
wickij und zu seinem bürgerlich gestaltendem
Schaffen in der zweiten Hälfte der 80er Jahre des
18. Jh., insbesondere jedoch zu der Generation
russischer Zeitgenossen, bei welchen sich Boro-
wikowskij in vielen Fällen der Autorität des Leh-
rers erfreute.
Eine gewisse geistige Verwandtschaft verbindet
Rombauers Werk mit der Portraitkunst des
Malers A. G. Wenecijanow (1780—1847), eines
Schülers von Borowikowskij, Sohnes eines Mos-
kauer Kaufmannes; dank seiner neuen künst-
lerischen Arbeitsmethoden und seiner neuen An-
schauung folgten ihm viele Schüler und Anhän-
ger.36 Hier ist ein Zusammenhang nicht nur mit
Portraits von Wenecijanow aus seiner frühesten
Schaffungsperiode bemerkbar (Bildnis von A. I.
Bibikow aus den Jahren 1805—1807), sondern
auch mit Portraits aus seiner späteren, progressi-
veren Schaffungsperiode (Portrait von M. M. Filo-
sofowa, 1823) ;37 in dieser Periode verschiebt sich
jedoch Wenecijanow’s Bedeutung vom Gebiete
der Portraitmalerei in das Gebiet realistischer
Bilder aus dem Leben des einfachen russischen
Dorfmenschen. Nebst dem direkten oder auch
indirektem Einfluss Borowikowskij’s und zufolge
ihrer den alten niederländischen Meistern ge-
widmeten grossen Aufmerksamkeit kommen die
Anschauungen der beiden Künstler einander auch
schon wegen der Tatsache näher, dass keiner von
ihnen durch den akademischen Drill gegangen
war. Dadurch entgingen beide nicht nur der aka-
demischen glatten, problemlosen Malerei, sondern
auch der Gebundenheit durch klassizistische Kon-
ventionen. Ein weiteres Element, welches Rom-
bauer und Wenecijanow ausserdem noch gemein-
sam innehaben, ist das Kolorit. Wenecijanow
ist in koloristischer Hinsicht verhältnismässig
lebendiger, als ein Grossteil der zeitgenössischen
russischen Meister, sein Kolorit ist nicht durch
die dunklen Töne des Barocks gebunden. Dabei
ist es interessant zu bemerken, dass die Lebens-
dauer der vom Klassizismus verworfenen, in
Hinsicht auf Farbenkultur anspruchsvollen Pas-
telltechnik, die im sammetfeinen 18. Jahrhundert
eine privilegierte Ausnahmestellung besass, die
beiden Künstler bis zum Ende des ersten Viertels
des 19. Jh. verlängert haben. Zu Rombauers mit
dieser Technik produzierten bemerkenswerten Ar-
beiten gehören sein Autoportrait aus dem Jahre
1821 und ein Pendantbildnis der anmutigen jun-
gen Gemahlin des Künstlers.38
Nebst den allgemein bekannten Namen von
Borowikowskij und Wenecijanow führen Fäden
Rombauers Beziehungen auch zu Künstlern se-
kundärer Bedeutung der russischen Portraitmalerei
des 19. Jh. Einer von ihnen ist auch der Maler
von fast unbekannten Lebensschicksalen, P. Le-
wizky, dessen Arbeiten noch bis vor kurzem dem
Spätwerk des Malers D. G. Lewickij39 zugeschrieben
wurden. Die Reproduktion seines „Bildnisses
eines unbekannten Mannes“ aus dem Jahre 1818,40
welches typenmässig das Portrait eines Intellek-
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