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Ars: časopis Ústavu Dejín Umenia Slovenskej Akadémie Vied — 44.2011

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Nr. 2
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Żuchowski, Tadeusz J.: Erwägungen zur Interpretationsmöglichkeit der Wandmalerei: am Beispiel der Stanzen im Vatikanischen Palast
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https://doi.org/10.11588/diglit.31179#0217

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Ähnlich wie bei den Dekorationsprogrammen
der meisten Renaissancestudios und -bibliotheken
haben wir in der Stanza della Segnatura mit einer
komplizierten und mehrdeutigen Ikonographie zu
tun, die zu zahlreichen unterschiedlichen Interpre-
tationen verleitet. Im Falle der benachbarten Räume
scheint die Quelle offensichtlich zu sein, es waren
die Liturgie, die Heilige Schrift, Viten der Päpste,
das Zeremoniell und eventuell deren Exegesen.
Das Entziffern der Symbolik in der Stanza della
Segnatura erfordert sowohl das christliche als auch
das klassisch-antike Wissen. Das Programm dieses
Raumes schreibt sich nur teilweise ins Programm
der übrigen Räume ein und es war ein Effekt der
konkreten Bestrebungen des Auftraggebers.
Schlussbemerkungen
Die einzelnen Darstellungen analysierend, versu-
chen die Forscher mehr (die Stanze) oder weniger
intensiv (Saal Konstantins) die physiognomischen
Ähnlichkeiten zwischen den dargestellten Figuren
und reellen Personen, vor allem denen aus dem hö-
fischen Kreis, herauszufinden. Es ist schwer zu ver-
stehen, wozu solche Entdeckungen dienen sollten.
Sie ändern die Aussage der einzelnen Darstellungen
kaum und verwirren die Interpretation. Es ist nicht
bekannt, welche jener Ähnlichkeiten bewusst und
welche unbewusst sind.
Man kann sich schwer vorstellen, dass die
Darstellung bestimmter Zahl der Personen, die
während der fünfzehn jahre durch das päpstliche
Hof vorüber gezogen sind, oder, die dem Maler
bekannt gewesen sind, das Hauptziel gewesen
wären. Freilich, die Malereien werden durch ihr
Programm wesentlich, und dieses wurde dank der
Anwesenheit der historischen Personen wie Kardi-

nále, Palafrenieri, den Papst usw., mit bestimmten
Kleidungen angezogen, konkretisiert. Eben ihre
Anwesenheit in bestimmten Situationen betont die
einzelnen Darstellungen. In einigen Fallen, um die
jeweiligen Zweifel zu beseitigen, wurden zusätzliche
tituli hinzugefügt. So geschah beispielsweise in der
Papstgalerie und bei den Personifikationen im Saal
Konstantins, bei einzelnen Heiligen, bei Platon und
Aristoteles in der Stanza della Segnatura. Außerdem
ist die Ikonographie einiger Personen manchmal mit
den Attributen ergänzt.
Raphaels Konzept erreicht das Überzeitliche
wenn auf dem Niveau des ikonographischen Pro-
gramms gelungen ist, sich von den Akzidenten zu
befreien. Die Akzidente, die über das Jetzt sprechen,
scheinen anfangs sehr wesentlich, besonders für die
Dargestellten zu sein. Manchmal bezeugen sie nur die
Sympathien oder die Antipathien der Maler. In der
vatikanischen Dekoration bilden die Namen und die
Wappen der Päpste eine Systemausnahme überhaupt.
Sie bauen doch eine Kirchengeschichte auf, die mit
dem hl. Petrus als erstem Papst ihren Anfang nehmen
und die Bedeutung des Bistums Rom bestätigen. Es
ist kein Zufall, dass die Szenen aus dem Leben des hl.
Petrus, darunter die den Treppenlauf inpAw rVívwTV
schließende Darstellung der Schlüsselübergabe sich
unter den Wanddarstellungen in Cordonata, also im
von Bramante entworfenen Haupttreppenhaus der
Residenz, befanden.* Kurz gesagt: die Erzählung des
beginnt mit den Worten: „TA ří PíAw, V
/WM/V (Mt. 16.18)
und endet mit den Medici Wappen und den Devisen
dieser Familie in den Stanzen. Das Programm des
Konstantins-Saales ist als eine Rekapitulierung der
alten Geschichte des Papstes und als eine Ankün-
digung der neuen Ära gemeint, wo die Medicis die
Hauptrollen spielen.

* TAJA, A.: A/PVzyyo LAzA/M. Roma 1750.
 
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