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Rozprawy
DOI article:Helten, Leonhard; Kunst, Hans-Joachim [Honoree]: Um 1300. Neue Formen der Repräsentation im Kirchenbau: Hans-Joachim Kunst zum 85. Geburtstag
DOI Page / Citation link: https://doi.org/10.11588/diglit.42379#0007
ROZPRAWY
Leonhard Helten
UM 1300. NEUE FORMEN DER REPRÄSENTATION
IM KIRCHENBAU
HANS-JOACHIM KUNST ZUM 85. GEBURTSTAG
Lange vor den wegweisenden spätgotischen Hallenumgangschören
von Heilig-Kreuz in Schwäbisch-Gmünd und St. Sebald in Nürnberg ent-
steht in Verden an der Aller um 1300 der erste Hallenumgangschor in
Deutschland. Die Herleitung seines Hallenquerschnitts und die Bestim-
mung vermeintlich genuiner Gestaltungsmerkmale beschäftigten Hans-
Joachim Kunst in seiner Dissertationsschrift zum Verdener Dom 1964,
die Untersuchung blieb aber auf Chorbauten beschränkt1. So konnte er
die grundsätzliche Unabhängigkeit Verdens von der seit Kurt Gersten-
berg vorgedachten Linie der spätgotischen Hallenchöre darlegen2, ohne
indes für die Wahl des Hallenquerschnitts um 1300 eine hinreichende
Erklärung zu geben.
Die in der kunsthistorischen Diskussion in dieser Frage vorherr-
schende Verknüpfung der Hallenkirche mit einer bestimmten Raumvor-
stellung verhindert bis heute eine Klärung dieses nüchternen Befunds.
Einmal in der Konzentration auf die Gewölbe: die jochübergreifenden
Gewölbefiguren der Spätgotik habe der zweidimensional entwerfende
Architekt in der dritten Dimension nur in reduzierter Form vorhersehen
können, behaupten etwa Werner Müller und Norbert Quien 1997, denen
Norbert Nußbaum 1999 entgegenhält, damit die Imaginationsfähigkeit
des Architekten grundsätzlich in Frage zu stellen3. Ein weites Feld. Wei-
1 H.-J. Kunst, Die Entstehung des Hallenumgangschores. Der Domchor zu Verden an
der Aller und seine Stellung in der gotischen Architektur, „Marburger Jahrbuch für
Kunstwissenschaft” 18, 1969, S. 1-104; N. Nußbaum, Deutsche Kirchenbaukunst der Gotik.
Entwicklung und Bauformen, Köln 1985, 90-92.
2 K. Gerstenberg, Deutsche Sondergotik, München 1913.
3 W. Müller und N. Quien, Von deutscher Sondergotik. Architekturfotografie - Compu-
tergrafik - Deutung, Baden-Baden 1997; dagegen die Rezension von Norbert Nußbaum im
„Journal für Kunstgeschichte” 3, 1999, Heft 1, S. 14-18.
Leonhard Helten
UM 1300. NEUE FORMEN DER REPRÄSENTATION
IM KIRCHENBAU
HANS-JOACHIM KUNST ZUM 85. GEBURTSTAG
Lange vor den wegweisenden spätgotischen Hallenumgangschören
von Heilig-Kreuz in Schwäbisch-Gmünd und St. Sebald in Nürnberg ent-
steht in Verden an der Aller um 1300 der erste Hallenumgangschor in
Deutschland. Die Herleitung seines Hallenquerschnitts und die Bestim-
mung vermeintlich genuiner Gestaltungsmerkmale beschäftigten Hans-
Joachim Kunst in seiner Dissertationsschrift zum Verdener Dom 1964,
die Untersuchung blieb aber auf Chorbauten beschränkt1. So konnte er
die grundsätzliche Unabhängigkeit Verdens von der seit Kurt Gersten-
berg vorgedachten Linie der spätgotischen Hallenchöre darlegen2, ohne
indes für die Wahl des Hallenquerschnitts um 1300 eine hinreichende
Erklärung zu geben.
Die in der kunsthistorischen Diskussion in dieser Frage vorherr-
schende Verknüpfung der Hallenkirche mit einer bestimmten Raumvor-
stellung verhindert bis heute eine Klärung dieses nüchternen Befunds.
Einmal in der Konzentration auf die Gewölbe: die jochübergreifenden
Gewölbefiguren der Spätgotik habe der zweidimensional entwerfende
Architekt in der dritten Dimension nur in reduzierter Form vorhersehen
können, behaupten etwa Werner Müller und Norbert Quien 1997, denen
Norbert Nußbaum 1999 entgegenhält, damit die Imaginationsfähigkeit
des Architekten grundsätzlich in Frage zu stellen3. Ein weites Feld. Wei-
1 H.-J. Kunst, Die Entstehung des Hallenumgangschores. Der Domchor zu Verden an
der Aller und seine Stellung in der gotischen Architektur, „Marburger Jahrbuch für
Kunstwissenschaft” 18, 1969, S. 1-104; N. Nußbaum, Deutsche Kirchenbaukunst der Gotik.
Entwicklung und Bauformen, Köln 1985, 90-92.
2 K. Gerstenberg, Deutsche Sondergotik, München 1913.
3 W. Müller und N. Quien, Von deutscher Sondergotik. Architekturfotografie - Compu-
tergrafik - Deutung, Baden-Baden 1997; dagegen die Rezension von Norbert Nußbaum im
„Journal für Kunstgeschichte” 3, 1999, Heft 1, S. 14-18.