Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Verein für Badische Ortsbeschreibung [Editor]
Badenia oder das badische Land und Volk: eine Zeitschr. zur Verbreitung d. histor., topograph. u. statist. Kenntniß d. Großherzogthums ; eine Zeitschrift des Vereines für Badische Ortsbeschreibung — 3.1844

DOI issue:
Daniel Schöpflin. Eine biographische Skizze
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.22585#0065
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
57

daß man sich in seinen Erwartungen nicht getäuscht hatte. Schöpslin
war von der Natur ganz zum Redner geschaffen; er verband mit
einem reichgebildeten Geiste und seltenen Gedächtnisse ein vortreffliches
Organ und einnehmendes Aeussere, so daß er seinen Zuhörern immer
gefiel oder sie hinriß. Ein solcher Lehrer mußte wohl eine große Zahl
von Schülern herbeiziehen, und Schöpslin's gelehrter Ruhm war
in kurzer Zeit schon so scstgegründet, daß er auch in das ferne Aus-
land drang; sehr ehrenvolle Rufe nach Frankfurt an der Oder, und
nach Petersburg bezeugen dies. Unser Landsmann aber blieb seinen
Straßburgern getreu, und der Senat, in Anerkennung dessen, erhöhte
seinen Gehalt, und sagte ihm zu einer Reise nach Frankreich, Italien
und England seinen Beitrag zu.
Diese Reise unternahm Schöpslin im Jahre siebzehnhundert sechs
und zwanzig, nachdem er kurz zuvor die Ehre gehabt, bei Gelegenheit
der Vermählung Ludwig des Fünfzehnten mit der Tochter Königs
Stanislaus von Polen, die herkömmliche Beglückwünschrede zu halten,
welcher der letztere in eigner Person beiwohnte uüd daran ein solches
Vergnügen fand, daß er den Redner als zweiten Cieero begrüßte und
ihn mit einer goldnen Repetiruhr beschenkte. Schöpflin's nächstes
Reiseziel war Paris, wo er die Bekanntschaft der an Rang und
Gelehrsamkeit hervorragendsten Männer machte. Von da ging sein
Weg über Lyon und durch Savoyen nach Italien, dessen bedeutendste
Städte er nach einander besuchte, bis ihn Rom auf längere Zeit fest
hielt. Denn die Aufnahme, welche er allenthalben, selbst in den Pa-
lästen der Kardinäle, fand, und die herrlichen römischen Altcrthümer,
wofür er eine so große Vorliebe mitgebracht, fesselten ihn dermaßen,
daß er sich kaum loSzureissen wußte. Aus Italien nahm Schöpf-
lin seinen Weg über Parma, wo ihn Muratori dem Herzog vorstellte,
nach Genua, alsdann zur See uach Marseille, und sofort durch Frank-
reich nach England. Hier brachte ibm London die ausgezeichnetsten
Bekanntschaften, wie er sie in Paris und Rom gefunden; auch Orfort
besuchte er, und kehrte dann durch Belgien in die Heimath zurück,
wohin ihm die Aufnahmsdiplome der Londoner und Pariser Akademie
uachfolgten.
Diesen Reisen reihte Schöpslin drei Jahre später eine nach Hol-
land an, und eine abermalige nach Paris, wo er in der Akademie der
Inschriften die statutenmäßige Rede vortrug. Nach seiner Zurückkunst
lebte er wieder ruhig den Wissenschaften und seinen Vorlesungen, welche
durch die gemachten Bekanntschaften und gesammelten Erfahrungen einen
 
Annotationen