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Verein für Badische Ortsbeschreibung [Hrsg.]
Badenia oder das badische Land und Volk: eine Zeitschr. zur Verbreitung d. histor., topograph. u. statist. Kenntniß d. Großherzogthums ; eine Zeitschrift des Vereines für Badische Ortsbeschreibung — 3.1844

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Das Edelgeschlecht von Reinach
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https://doi.org/10.11588/diglit.22585#0166
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kriegerische Poesie unserer heidnischen Vorväter untergegangen, und es
erhob sich jetzt aus den friedlichen Zellen der Klöster jene fromme
Dichtkunst, welche das Leiden der Märtyrer, das Lob der heiligen
Jungfrau und den Erlösungstod des Gottmenschen besang. Es war
eine schöne Blüthezeit des klösterlichen Lebens; aber nur folgte ihr all-
zubald eine traurige Barbarei, wo sich die Gotteshäuser aus Tempeln
der Kunst und Wissenschaft, in die Sitze der Unwissenheit, Trägheit
und Schwelgerei verwandelten. Jndeß lebte noch soviel Gemüth und
dichterischer Geist in der Nation, daß durch den Verfall der Klöster
nicht Alles verloren war. Was die Geistlichkeit jetzt unterließ, leistete
der Adel. Und ein neuer Gewinn ergab sich bei dieser Veränderung.
Die Mönche hatten ihre Lieder lateinisch gesungen, die Ritter sangen
sie deutsch, wodurch die lang vernachlässigte Volkssprache auch in die
Schrift übergingund ungemein an Biegsamkeit, Wohlklang und
Veredlung gewann.
Die Zeit dieser ritterlichen Sänger begann mit dem zwölften Jahr-
hundert, und erreichte ihre Blüthe durch jene srommbegeisterten, wun-
derreichen Züge nach dem Grabe des Herrn. Unter den Kaisern aus
dem Hause Hohenstaufen erscholl beinah von allen Schlössern der Ge-
sang eines Abenteuers oder eines Minnelieds, und am kaiserlichen
Hofe selbst wetteiferten die größten Dichter in ihrer Kunst. Damals
gingen nur allein aus dem Aargau und Thurgau hervor: Meister
Walther von der Vogelweide, Herr Hartmann von Au, Friedrich von
Hausen, Rudolf von Rothenburg, Heinrich von Rügge zu Thanneck,
die Ritter von Thurn, von Singenberg und von Strätlingen, Herr
Jakob von Wart und Ulrich von Gutenberg. Und neben diesen hoch-
belobten Sängern dichteten und sangen noch viele Andere, theils
daheim, theils umherziehend von Burg zu Burg und an den Höfen
der Fürsten, wo oft nichts so hoch geschätzt wurde, als ein schöner,
kunstgerechter Gesang.
Man darf sagen, beinah' keine adelige Familie blühte damals
in Schwaben und Helvetien, die nicht einen Namen anfzählte unter
den Minnesängern. So war cs bei der reinachischcn eben Herr Hesso,
welcher sich neben dem Schwerte auch dem Minnesang gewidmet hat.
Aber nur wenige sind von seinen Liedern erhalten worden ("). Er

(11) In der Mannessischen Sammlung (Ausgabe von Bodmer I, 90)
stehen zwei Minnelieder von Hesso, deren eines (nach der Uebertragung in
das Neudeutsche durch meinen Frennd E. G r o o s) hier mitgetheilt scy.
 
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