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Verein für Badische Ortsbeschreibung [Hrsg.]
Badenia oder das badische Land und Volk: eine Zeitschr. zur Verbreitung d. histor., topograph. u. statist. Kenntniß d. Großherzogthums ; eine Zeitschrift des Vereines für Badische Ortsbeschreibung — 1.1859

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Bader, Joseph: Unser Ehemals und Jetzt: eine historische Skizze
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https://doi.org/10.11588/diglit.42306#0018
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worauf wir wohnen, erst von unfern deutschen Vo rattern
in angebautes, bewohnbares Land verwandelt worden, und daß
unser Kulturwesen erst ihnen feine Anfänge verdanke.
Wie viel Geschlechter von Bevölkerungen haben seither auf
diesem Boden gewohnt und find darin zu Grabe gelegt wor-
den — und noch ist die Sprache nicht erloschen, womit tau-
sende seiner Oertlichkeiten an die Kelten und Römer erinnern;
noch ist die Menge keltisch-römischer Ueberb leibsel aller
Art nicht erschöpft, welche fein Schoos zum Zeugnisse ihres
Ursprungs der Nachwelt aufbewahrt hat!
Wenn wir unsere schöne Bäderstadt an der Os besuchen, '
so beschleicht uns wohl eine selbstgefällige Verwunderung über
den Glanz moderner Kultur, welcher sich auf der Prome-
nade und im Converfationshause alljährlich zur Schau trägt.
Aber vor anderthalbtausend Jahren schon prangten dort noch
stattlichere Bäder und die vornehme Welt des Gränzlandes
erfreute sich damals ebenso am Luxus ihrer Zeit, wie die Ba-
dener Gäste sich heutzutage an dem der ihrigen ergötzen.
Wie manches Rebenstück, welches den Stolz unserer Weine
liefert, wurde schon von Römer- oder Gallierhänden gebaut, und
wie manche Obst- oder Krautgattung, von welcher wir so
gerne genießen, ist von ihnen ans unseren Boden verpflanzt
worden. Noch jetzt backen wir unser Brod in ihren Formen,
und selbst die Veilchen und Rosen haben wir durch sie kennen
und mit Baumbast in Sträuslein binden gelernt.
Das römische Vorland aber, wo eine so reiche Kultur
aufzublühen begann, hatte das traurige Schicksal der übrigen
Provinzgebiete des großen Römerreiches — cs erlag zwei Haupt-
übeln, dem aussaugenden Steucrwescn und dem gränzenlosen
Wucher der Beamteten.
Man war auch am Rheine dahin gelangt, wo der Unter-
gang aller wahren Landeskultur und Volkswohlfahrt anhcbt. Die
Bevölkerungen kamen nur noch als Militär- und Steuer-
kräfte in Betracht, verloren dadurch beides und überließen sich
einer Gleichgiltigkeit, welche es dem hereinbrechenden Feinde um
so leichter machte, sie zu besiegen und zu unterjochen.
 
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