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Verein für Badische Ortsbeschreibung [Hrsg.]
Badenia oder das badische Land und Volk: eine Zeitschr. zur Verbreitung d. histor., topograph. u. statist. Kenntniß d. Großherzogthums ; eine Zeitschrift des Vereines für Badische Ortsbeschreibung — 1.1859

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Bader, Joseph: Eine Fahrt an den Bodensee, 1856
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https://doi.org/10.11588/diglit.42306#0106
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28 bis 29 Grade. Nur am frühesten Morgen und Abends
gegen 7 Uhr durfte man einen Gang nlls Freie wagen, ohne
der Sonnengluth zu erligen.
Ich besuchte in diesen Morgen- und Abendstunden gewöhn-
lich den Schloß berg oder das schattige Günth ersth al und
entschädigte mich dort möglichst für die schweisvolle Langeweile
des übrigen Tages. Einen dieser Gänge nach dem ehemaligen
Klosterorte, welchen ich in Gesellschaft etlicher Herren und Damen
machte, war durch die köstlichste Abendluft begünstiget und ge-
währte mir einen solchen Reichthum an Naturgenuß und geselliger
Freude, daß es mich angenehm beschäftiget, demselben hier ein
Blatt der Erinnerung zu widmen.
Wir machten den Weg über das Josefsberglein, wo
uns unter den alten Linden die Aussicht bezaubernd festhielt,
bis der tiefere Sonnenstand zum Aufbruch mahnte. Aber die
Umschau auf der Höhe hinter der Lorettoka stelle fesselte die
Gesellschaft neuerdings und mit Bewunderung blickte man über
das Paradies der Landschaft hin. Unsere gesteigerte Emstfindung
fand in Kerners Worten ihren Ausdruck.
Land unter mir, sichtbar in Himmels Huld,
O Breisgau, Deutschlands Blüthenstraus —
Ich breite betend meine Arme aus!
Von der Höhe gieng es nun sachte abwärts an der Schatten-
seite des Berges, auf dem schönsten aller Waldstfade, welcher
bald zwischen das Gehölz eingeengt, bald durch eine Waldlücke
nach dem Thale frei gelegt ist, und dadurch die angenehmste
Abwechselung gewährt. Ganz, wie Kinder, diesen Scenen einer
idyllischen Natur hingegeben, erreichten wir endlich unser beschei-
denes Ziel — den Bierkeller des Meisters Bauz H.
Es wurde nun einer der höchstgclegenen Tische besetzt, das
Hut- und Schleierwesen der Damen versorgt und bei der
4) Nachdem der dritte Stock des Günthersthaler KlostergcbäudeS, worin sich
eine Wollenspinnerei befand, 1829 abgebrannt, wurde dasselbe in eine Brauerei
verwandelt, und Meister Bauz, als Bräuer der Herren von Hermann, lie-
ferte dort das erste bessere Bier in der ganzen Umgegend. Jetzt besitzt er eine
eigene Brauerei sammt Bierkcller.
 
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