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ihn neben die Freigebornen stellt, deren gar Viele in dem Falle
sind, den glücklichen Emporkömmling zum Vogte zu nehmen
und sich demselben hörig zu machen.
Wir sehen — der Enkel des Leibeigenen gehört zum
Stande der Schildgebornen, führt ein Wappen, besitzt eine Burg
mit Lehen- und Eigengüteru, bekleidet ein adeliges Amt und
erfreut sich der Ritterwürde, ist also ein gemachter Herr von
Adel. Aber gleichwohl haftet ein Makel der Leibeigenschaft an
seiner Geburt; er bleibt Knecht, wenn auch in edlerem Sinne
und der freigeborne Nachbar gibt ihm die Tochter nicht zur Ehe,
bis er seine Freilassung erlangt hat.
Ganz ähnlich den Dienstmännern der Stifte und Klöster
bildeten sich jene der Fürsten, Grafen und Landherren (Dy-
nasten) zu Edelleuten heran, nur meistentheils in beschränk-
teren Verhältnissen, weil der Ministeriale unter geistlichen Ge-
meinschaften als Besorger ihrer weltlichen Geschäfte eine viel
größere Hand erlangen konnte, wie unter Laienherren. Hier-
wurde derselbe bloß um seinen Beirath angegangen, während er
dort ein Stimmrecht erlangte und entschiedenen Einfluß auf
alles Weltliche des Stiftes oder Klosters.
Dieses war die gewöhnliche Entwickelungsweise des niederen
oder dienstmännischen Adels. Es gab indessen auch Freigeborne,
welche aus Noth oder Niedertracht in den Hausdienst eines Herrn
oder Stiftes traten. Allein man suchte sie nicht; die eigenen
Leute aus dem angebornen Haus- und Familiengesinde zeigten
sich ergebener, zuverläßiger und fügsamer, während der freie
Diener eine Stellung cinnahm, worin er seinen Dienst mehr
oder weniger selbstsüchtig mißbrauchen konnte.
Auch wurden Viele der leibeigenen Ministerialen frei ge-
lassen; damit dieselben aber im Dienste verblieben, waren solche
Freilassungen gewöhnlich von beschränkter Art. Wer sich unbe-
dingt freigelassen sah, suchte bei der nächsten besten Gelegenheit
aus Verhältnissen wegzukommen, welche ihn — dem Freigebornen,
23) So lange der Dienstmann nicht Ritter (miles) wurde, hieß er Edel-
knecht oder nrmi^er.
ihn neben die Freigebornen stellt, deren gar Viele in dem Falle
sind, den glücklichen Emporkömmling zum Vogte zu nehmen
und sich demselben hörig zu machen.
Wir sehen — der Enkel des Leibeigenen gehört zum
Stande der Schildgebornen, führt ein Wappen, besitzt eine Burg
mit Lehen- und Eigengüteru, bekleidet ein adeliges Amt und
erfreut sich der Ritterwürde, ist also ein gemachter Herr von
Adel. Aber gleichwohl haftet ein Makel der Leibeigenschaft an
seiner Geburt; er bleibt Knecht, wenn auch in edlerem Sinne
und der freigeborne Nachbar gibt ihm die Tochter nicht zur Ehe,
bis er seine Freilassung erlangt hat.
Ganz ähnlich den Dienstmännern der Stifte und Klöster
bildeten sich jene der Fürsten, Grafen und Landherren (Dy-
nasten) zu Edelleuten heran, nur meistentheils in beschränk-
teren Verhältnissen, weil der Ministeriale unter geistlichen Ge-
meinschaften als Besorger ihrer weltlichen Geschäfte eine viel
größere Hand erlangen konnte, wie unter Laienherren. Hier-
wurde derselbe bloß um seinen Beirath angegangen, während er
dort ein Stimmrecht erlangte und entschiedenen Einfluß auf
alles Weltliche des Stiftes oder Klosters.
Dieses war die gewöhnliche Entwickelungsweise des niederen
oder dienstmännischen Adels. Es gab indessen auch Freigeborne,
welche aus Noth oder Niedertracht in den Hausdienst eines Herrn
oder Stiftes traten. Allein man suchte sie nicht; die eigenen
Leute aus dem angebornen Haus- und Familiengesinde zeigten
sich ergebener, zuverläßiger und fügsamer, während der freie
Diener eine Stellung cinnahm, worin er seinen Dienst mehr
oder weniger selbstsüchtig mißbrauchen konnte.
Auch wurden Viele der leibeigenen Ministerialen frei ge-
lassen; damit dieselben aber im Dienste verblieben, waren solche
Freilassungen gewöhnlich von beschränkter Art. Wer sich unbe-
dingt freigelassen sah, suchte bei der nächsten besten Gelegenheit
aus Verhältnissen wegzukommen, welche ihn — dem Freigebornen,
23) So lange der Dienstmann nicht Ritter (miles) wurde, hieß er Edel-
knecht oder nrmi^er.