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Verein für Badische Ortsbeschreibung [Hrsg.]
Badenia oder das badische Land und Volk: eine Zeitschr. zur Verbreitung d. histor., topograph. u. statist. Kenntniß d. Großherzogthums ; eine Zeitschrift des Vereines für Badische Ortsbeschreibung — 1.1859

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Reich, L.: Eine Farbenskizze aus den Zeiten des dreißigjährigen Krieges
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https://doi.org/10.11588/diglit.42306#0538
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mii Achtunddreißigpfündern, „wovon noch eine Kngel im Kirch-
lein beim Rosenkranzaltar in der Mauer zu sehen."
Während des Angriffs hatte sich eine Truppe von der Kapm
zinerstiege herab in den Krautgarten des Frauenklosters und von
da in den Weinkeller geschlichen, wo vier Fuder des besten
Weines waren. Sie tranken sich tüchtige Räusche an und ließen
den andern Wein laufen. Als sie wieder die Stiege hinauf zu
den Ihrigen wollten, wurden ihrer Etliche durch die von oben
geworfenen Handgranaten getödtet.
Im Kampfe um den Besitz der Stadt mußten viele von
den Kaiserlichen das Leben lassen. Endlich wichen die Engener
der Uebermacht. Die Feinde hausten mit der damals gebräuch-
lichen kannibalischen Manier. In den ersten zwei Stunden wur-
den alle Bürger, welche denselben in die Hände fielen, „elend
um's Leben gebracht, ihnen die Köpfe zerspalten, die Glieder,
Arme, Füße, Ohren und Mäuler abgehauen und unter die Betten
versteckt. Etliche wurden ganz fadennackt ausgezogen. Das hat
gewährt von Morgens 7 bis Abends 5 Uhr."
„Vie? Jungfrauen, Eheweiber und Wittweiber sind geschwächt
worden. Bei alldem hat Gott die Gnad geben, daß von unsern
lieben Mitschwestern keiner an Ehren etwas widerfahren ist."
Ein Theil der Klosterfrauen hatte sich in die Pfarrkirche auf die
Empore geflüchtet; die Priorin aber und eine Schwester waren
im Kloster geblieben, welches sich bald mit Soldaten anfüllte,
die lärmend Essen und Trinken verlangten. Die ehrwürdige Alte
mußte ihnen das Fleisch selbst vorschneiden, in großem Schrecken.
„Auch hat dieselbe mit ihnen g* essen und trunken wegen des
Hungers, wie sie selbst bekannt."
Nachdem sich das wilde, zuchtlose Kriegsvolk gcsättiget, wurde
zur Plünderung geschritten. Im Kloster füllten sie etliche
„kupferne Kesselin mit Schmalz, machten viele Bündel von schwar-
zem Kuttengetüch, weißer Leinwand und dergleichen, und luden
alles auf Wägen. Kühe, Schafe, Schweine, Früchte — überall
Alles wurde hinweg geführt. Um 6 Uhr Abends sah man im
Klösterlein nix mehr, als in allen Winkeln schwarze (von den
Soldaten weggeworfene) Hemden, die voller Häsläus geloffen."
 
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