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Verein für Badische Ortsbeschreibung [Editor]
Badenia oder das badische Land und Volk: eine Zeitschr. zur Verbreitung d. histor., topograph. u. statist. Kenntniß d. Großherzogthums ; eine Zeitschrift des Vereines für Badische Ortsbeschreibung — 2.1860-1862

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Die Juden in Konstanz. Nach den Urkunden des dortigen Stadtarchives
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https://doi.org/10.11588/diglit.22622#0033
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ihnen seien, alZ diejenigen, welche hernach zu ihnen kommen
würden, vorGewalt zu schützen und zu schirmen zwölf Jahre
lang und darnach so lange, als nicht er selbst oder seine Nach-
kommen im Reiche dies widerrufen". Aber Wenzel brauchte
das Geld zu nothwendig, um hiebei leer ausgehen zu wollen.
Er setzte deshalb fest, daß die Stadt von Allem, was sie in
besagter Frist von den Juden einnehme, es sei „an Steuern,
Beten oder irgendwelchen Aufsätzen", dem Könige die Halfte über-
antworten solle; die andere Hälfte möge sie zu ihren Nutzen oder
Frommen verwenden. Der Judenpfennig, welchen ein jeglicher
Jude nnd jegliche Jüdin zu Konstanz, die in das zwölfte Jahr
gekommen, alljährlich auf Weihnachten an die königliche Kam-
mer zu zahlen hatte, war natürlich vorbehalten.

Der Eingang dieses Freibriefes enthält eine schreiende
Gewaltthätigkeit des Königs gegen die Juden H. Er ent-
band nämlich alle Fürsten, Herren, Ritter, Knechte, Frauen
und Aebte, die unter ihm und dem Reiche gesessen, „von allen
Schulden, Judenschuld genannt, welche sie ihren Juden bisher
schuldig geworden, in Betrefs alles Schadens, Gesuches und
Wuchers (Zinses) gänzlich, und des Hauptgeldes (Kapi-.
tals) zur Hälfte. Die andere Hälfte sollen sie den Juden vom
nächstcn St. Jörgentag über ein Jahr abbezahlen und dadurch
ihrer Schuldigkeit für sich und ihre Bürgen ledig und los-
gesagt sein. Ueberdies aber ließ Wenzel einca Theil der Su^l-
men, welche die Kammerknechte zu fordern hatten, von deren
Schuldnern an seine Rentkammer abtragen, wodurch er die Ju-
den doppelt prellte. Als Grund der Maßregel gab derselbe an,
„des Reiches Fürsten, Herren, Ritter, Knechte und Städte seien
den Juden so viel schuldig geworden, daß sie landflüchtig und
zum Reichsdienste unnütz werden müßten, wenn man sie zur
Zahlung anhalten würde."

3) Wenzel war übrigens nicht der erste deutsche König, welcher sich
solchen Gewaltschritt gegen die Juden erlaübte; denn schon sein Vater und
Vorweser, Karl IV, hatte die Schuldbriefe, welche die Bischose zu Speier
den Juden ausgestellt, särmntlich kassiert, „weil dieselben Wucherzinse genom-
men". Remling, Gesch. der Bisch. von Speier I, 575.

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