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Verein für Badische Ortsbeschreibung [Editor]
Badenia oder das badische Land und Volk: eine Zeitschr. zur Verbreitung d. histor., topograph. u. statist. Kenntniß d. Großherzogthums ; eine Zeitschrift des Vereines für Badische Ortsbeschreibung — 2.1860-1862

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Eine Schwarzwald=Wanderung, 1858
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https://doi.org/10.11588/diglit.22622#0369
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Auch hier empfindet es die Seele und bekennt es unwill-
kürlich der Mund, daß unser glückliches Heimatland das Para-
d is der deutschen Gaue sei. Jch mußte mir's wieder sagen, wie
so oftmals schon; aber ein gar betrübender Gedanke
mischte sich in die freudige Empsindung.

Jn diesem irdischen Himmel, welcher von Milch und Honig
fließt, hassen und verfolgen sich die Menschen, ihres kirchlichen
und politischen Glaubens wegen, um so viel leidenschaftlicher als
anderwärts! Die traurige Erscheinung trat mir diesmal
besonders lebhaft vor die Seele, nnd ich konnte mich bitterer
Betrachtungen nicht erwehren.

Jst das dafür der Dank, ihr Badener, daß. euch der
Schöpfer mit einem so reichen, herrlichen Vaterlande begnadet?
Dieser Garten Gottes, von dessen Segen ja Millionen und Mil-
lionen euerer Menschenbrüder nicht eine Ahnung haben, diesen
Heimathimmel entweiht ihr durch den täglichen Hader einer
garstigen, tief erbitterten Parteiung und Zwietracht? Erröthen
muß euch das Antlitz vor eurem glücklichen Boden, denn ihr
verdient ihn nicht ^) !

Ein so sruchtbarer Winkel des Landes konnte schon den
Römern nicht unwerth sein. Sie.saßen hier und bewachten
die Gegend von dem Wartthurme der hohen Steineck herab.
Jm früheren Mittelalter aber gehörte das Thal den Dynasten
von Werrach^), welche vermuthlich auf der niedern Steineck

58) Dieses ist der Erguß eines badischen, deutschen, christlichen Herzens;
der sorschende Geist aber stndet die Ursachen der beirrenden Erscheinung
nicht allein etwa in der sittlichen Verkonnnniß der Gegenwart, sondern tiefer
und weiter zurück, in der geographischen Lage, in den geschichtlichen und
ethno graphischen Verhältnissen des Landes. Diese bedingten bei uns von
seher eine stärkcre Reibnng der Geister, als sie anderwärts unter den
Deutschen erscheint. Der Vorwurf des Auslanders, daß wir in politischen
und kirchlichen Dingen ein so gereiztes, unruhiges und vorlautes Volk seien,
wird daher eine billige Entschuldignng nicht abweisen konnen.

59) Unter den Zengen einer Breisgauer Urknn de von 1115 erscheinen:
öert»Ickn8 oom68 (äo I^u^venburc) , d a I A o 2 cke Worrsb, wie in
einer von 1122 auch Horirieus äo Werra. 6 e rt>. s. n. ilst 95. t^eu-
Knrt, eock. ^lem. II, 43. Leichtlin, die Zäring. 81.

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