DOI Heft:
Im Balderich. Ein Baden-Badener Genrebild
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.22622#0408
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Wir stritten aber nicht darüber, sondern erkannten das ur-
allc Bade- und Gasthaus „zum Baldreit" als eine der Ba-
dener Merkwürdigkeiten, welche näher zu bestchtigen ware, und
beschlossen daher einen gemeinschaftlichen Besuch daselbst über
den Mittag. Nnd wie gesagt, so gethan.
Gleich beim Eintritte in den Hofraum des etwas abgelegenen,
aber weitläufigen Gebäudes, gewinnt man, ungeachtet
dcs Anblickes mannigfacher Neuerungen, den Eindruck eines
althergebrachten Wesens, wie es die frühere Blüthezeit
von Baden hervorgerufen. Die mittelalterlichen Hauptanlagen
des Balderich-Bades verrathen sich noch überall. Welch'
ein stattliches Gasthaus mag es vor dem abscheulichen Brande
von 1689 gewesen sein!
Gewiß entsprach der Neubau, welcher nach jener ver-
nichtenden Katastrophe auf noch brauchbarem Mauerwerke crrich-
tet wurde, den früheren Verhältnisfen so wenig, als der ver-
minderte Besuch des Badeortes dem vorigen Flore desselben.
Wir fanden in dem langen, etwas niedrigen Speisesaal
eine vollbesezte Tafel. Großentheils waren es vermögliche Land-
leute aus dem benachbarten Elsaße, deren Mundart, Tracht
und Ausdruck mich gar heimelig an den Breisgau erinnerten.
So saßen diese Alemannen uns alemannischen Stammesbrüdern
gegenüber — als Franzosen! Sie sprachen auch französisch,
aus Höflichkeit; aber man merkte es ihnen deutlich an, wie viel
lieber und behaglicher sich ihr Gemüth und ihre Zungen in der
alten Muttersprache gehen ließen.
Elsaß — es spricht ein Zauber aus dem Namen, welcher
noch immer ties in's deutsche Herz einschneidet. Und mancher
redliche Elsäßer hat es eingestanden, mit wie wehmüthigen
Gefühlen er seiner Herkunft gedenke, und mit welcher Gedrückt-
heit der tyrannischen Gegenwart^). Am wenigsten aber kann
Verwandlungen durch, bis er sich zum Baldreit entpuppte. Man schrieb
und sprach: Balreich, Ballerei, Balreut u. s. w.
3) „Jnmitten der Ueppigkeit und Schönheit des cinst jämmerlich preisgegebe-
nenLandes erwachenoft unsere entrüsteten Gesühle nur um so schmerz-
Wir stritten aber nicht darüber, sondern erkannten das ur-
allc Bade- und Gasthaus „zum Baldreit" als eine der Ba-
dener Merkwürdigkeiten, welche näher zu bestchtigen ware, und
beschlossen daher einen gemeinschaftlichen Besuch daselbst über
den Mittag. Nnd wie gesagt, so gethan.
Gleich beim Eintritte in den Hofraum des etwas abgelegenen,
aber weitläufigen Gebäudes, gewinnt man, ungeachtet
dcs Anblickes mannigfacher Neuerungen, den Eindruck eines
althergebrachten Wesens, wie es die frühere Blüthezeit
von Baden hervorgerufen. Die mittelalterlichen Hauptanlagen
des Balderich-Bades verrathen sich noch überall. Welch'
ein stattliches Gasthaus mag es vor dem abscheulichen Brande
von 1689 gewesen sein!
Gewiß entsprach der Neubau, welcher nach jener ver-
nichtenden Katastrophe auf noch brauchbarem Mauerwerke crrich-
tet wurde, den früheren Verhältnisfen so wenig, als der ver-
minderte Besuch des Badeortes dem vorigen Flore desselben.
Wir fanden in dem langen, etwas niedrigen Speisesaal
eine vollbesezte Tafel. Großentheils waren es vermögliche Land-
leute aus dem benachbarten Elsaße, deren Mundart, Tracht
und Ausdruck mich gar heimelig an den Breisgau erinnerten.
So saßen diese Alemannen uns alemannischen Stammesbrüdern
gegenüber — als Franzosen! Sie sprachen auch französisch,
aus Höflichkeit; aber man merkte es ihnen deutlich an, wie viel
lieber und behaglicher sich ihr Gemüth und ihre Zungen in der
alten Muttersprache gehen ließen.
Elsaß — es spricht ein Zauber aus dem Namen, welcher
noch immer ties in's deutsche Herz einschneidet. Und mancher
redliche Elsäßer hat es eingestanden, mit wie wehmüthigen
Gefühlen er seiner Herkunft gedenke, und mit welcher Gedrückt-
heit der tyrannischen Gegenwart^). Am wenigsten aber kann
Verwandlungen durch, bis er sich zum Baldreit entpuppte. Man schrieb
und sprach: Balreich, Ballerei, Balreut u. s. w.
3) „Jnmitten der Ueppigkeit und Schönheit des cinst jämmerlich preisgegebe-
nenLandes erwachenoft unsere entrüsteten Gesühle nur um so schmerz-