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Verein für Badische Ortsbeschreibung [Editor]
Badenia oder das badische Land und Volk: eine Zeitschr. zur Verbreitung d. histor., topograph. u. statist. Kenntniß d. Großherzogthums ; eine Zeitschrift des Vereines für Badische Ortsbeschreibung — 2.1860-1862

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Markgraf Philibert und die fahrenden Schüler
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https://doi.org/10.11588/diglit.22622#0416
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— 402 —

Die Söhne seines HanskLmmcrers Adolf Frank bedachte
der Markgraf mit einein gnadigen Znschußc von jährlich 30
Guldcn „zu Unterhaltung Studierens auf fo lange, als sich die-
felben in 8tuäii8 wohl verhalten würden."

Von wandernden Stndiofen aber und dergleichen Leu-
ten erhielten diejenigen, welche sich mündlich um einen Zehr-
pfenning bei Hofe meldeten, gewohnlich 18 Kreuzer, wahrend
fich bei schriftlichen Bitten um eine „gnädige Hilß und Bei-
fteuer" die Spenden nach dem Jnhalte der Eingaben richteten.
Auf der Rückseite der meisten davon ftehen 30 bis 40 Kreuzer,
feltcn ein Gulden angewiefen.

Diese Bittschriften lasfen uns einen nLheren Blick in
das gefellschaftliche Leben damaliger Zeiten thnn. Schon wu-
cherte das Unkraut bedrohlich empor, welches fich nach dem Schei-
tern der nationalen Bewegung im Beginne des Jahrhun-
derts überall in Deutfchland angefezt. Denn das gewaltige Rin-
gen der Deutfchen nach einer rettenden Umgestaltung ihrer Ver-
haltniffe und Zustände in Kirche und Staat hatte endlick
nur eine mißglückte Volksempörung und eine leider geglückte
Glaubenstrennung zur Folge gehabt.

Diefes Mißgeschick aber ward für die nächste Zeit die Quelle
einer tiefdringenden allgemeinen Verkommniß. Es fchien
wirklich, als hatten all' die trefflichen KrLfte, welche feit den
Tagen der großen Concilien wach und thätig geworden,
durch das Scheitern der großen Bestrebungen in ihr Gegentheil
umgefchlagen. Die zweite HLlfte des 16ten Jahrhunderts brachtc
fo traurige Erscheinungen zu Tage, daß man dieselbe zu den
unfcligsten Zeiten unferer Gefchichte zälen muß.

Deutschland war damals im VerhLltniße zu feinem Anbau
mehrerseits übervölkert ^). Eine Menge brot- und heimat-
lofer Menschen durchzogen die Gaue und fristeten ihr Dafein,
zum Nachtheile und Verderben der Besizenden, durch Bettel,

2) Daher sagte sckon Hutten: „Das einzige Mittel, die Revolution
in Dentschland zu verhindern, ligt in der Verminderung der Volks-
menge durch einen Krieg nach Außen."
 
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