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Verein für Badische Ortsbeschreibung [Editor]
Badenia oder das badische Land und Volk: eine Zeitschr. zur Verbreitung d. histor., topograph. u. statist. Kenntniß d. Großherzogthums ; eine Zeitschrift des Vereines für Badische Ortsbeschreibung — 2.1860-1862

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Heidelbergs Anfänge und städtische Entwickelung
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https://doi.org/10.11588/diglit.22622#0499
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485

Bei solchen Vcrhaltnisson kann es daher nicht auffallen,
wenn in der lustigen Stadt des „großen Faffes", Lei der alt-
hergebrachten Gewohnheit, womit manche Bürger und Pfaffen,
zumal aber viele leichtfertigen Gefellen der Studentenschaft und
die üppigen Junker des Adels nnd Hosgesindes, dem Freunde
B achus hulsigten, wenn da die Sitten etwas loser wurden und
auch Frau Venus mancherlei Huldigungen empfieng. Das
Vcrbot, daß Niemand zur Nachtzeit ohne Licht das Haus ver-
lasfen dürfe, sollte neben dem Zwecke der öffentlichen Sicherheit
auch die nächtliche Winkelbuhlerei verhüten, und erklärt sich
dnrch ein anderes, wornach es den M Lgden in den Bäckerladen
an der Stiftskirche untersagt war, unzüchtige und verführerische
Lieder zu singen

Jn den mittelalterlichen Städten, wo viele Junker, Nitters-
lente und s. g. Müßiggänger (Nentiers) wohnten, suchten die
Obrigkeiten die Sittlichkeit in dcn Familien dnrch Errichtung
von öffentlichen Frauenhäusern zu wahren. Wir haben ge-
sehen, daß auch in Heidelberg ein solches bestund, und begreifen
wohl, daß es um so nöthiger war, da sich unter dem zalreichen
ledigen Volke daselbst viele bejahrteren und reicheren Leute
befanden. Aber manches Aergerniß konnte dabei nicht vermicden
werdcn, und mancher dortige Vorfall führte zu den fchlimm-
sten, traurigsten Folgen.

So hatte fich, als im Jahre 1422 die Gräfin von Wir-
t enberg während der Fastnachtszeit deu pfälzischen Hof besuchte,
ein Junker ihres Gcfolges in das Frauenhaus verloren und
gerieth daselbst mit etlichcn muthwilligen Musensöhnen in
Händel. C'S mochte dieselben ärgern, daß ein Fremdling sich
zudrängte; sie schlugen den Armen nieder und hieben ihm die
eine Hand vom Leibe "4).

123) Laut der Urkunde von 1487 über die Verleihung der Kram-
lädeu an der Heiliggeistkirche.

124) Nrkunde des Pfalzgrafen Ludwig von 1422, daß vieses von
den Thätern (Walther von Winterthur, Rudolf von Einsideln, Oöwald
von Ravensburg, Heinrich von Urach u. s. w.) aus Muthwille geschehen.
Copeibuch X, 80.
 
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