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Verein für Badische Ortsbeschreibung [Hrsg.]
Badenia oder das badische Land und Volk: eine Zeitschr. zur Verbreitung d. histor., topograph. u. statist. Kenntniß d. Großherzogthums ; eine Zeitschrift des Vereines für Badische Ortsbeschreibung — 2.1860-1862

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Die Zunftempörungen in Konstanz. Nach den Quellen
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https://doi.org/10.11588/diglit.22622#0577
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befahl beim Abschiede, daß sämmtliche Abgeordneten der Ge-
schlechter und dcr Räthe vor ihm zur Verantwortung er-
scheinen sollten. Man ließ hierauf die Juden wieder aus dem
Ziegelthurme in ihre Häuser gehen, schloß ihnen die Keller und
Brodkästen auf, und gab ihnen ihre Psänder, ihre Kleinode und
Briefschaften wieder zurnck.

Am darauf folgenden Dienstag wurden die Geschlechter
und beiden Räthe nach aller Nothdurft gehört. Sie hatten
ihre Klagepunkte schriftlich eingereicht, von welchen die sol-
genden der Geschlechter die Ursache des leidenschastlichen Streites
deutlich erkennen lassen.

„Die von Kaiser Karl bestätigte Richtung von 1371 habe
festgesetzt, daß der constanzische Stadtrath zur einen HLlste
von den Geschlechtern und zur andern von der Gemeinde auf-
gestellt werden solle. Dabei haben 19 von Ersteren 6 Mann,
und 19 von den Zünften ebenfalls 6 Mann auszuwählen. Diese
Zwölfe sollen dann einen Rath jahrlich erwählen, wobei der
Reichsvogt eine etwa streitige Wahl zu entscheiden habe."

„Nach dieser Richtung habe ein Zunftmeister nicht mehr
Gewalt, als ein gewöhnlicher Rathsherr, und die Zünfte dürften
nur in Zunftsachen zusammengehen und nicht anders. Alle
Aemter der Stadt müßten halb von den»Geschlechtern und
halb von der Gemeinde besetzt, und der Bürgermeister solle
abwechselnd, das eine Jahr aus ersteren, wie das andere aus
letzteren erwählt werden."

„Gegen diese deutlichen Bestimmuugen unterstünden sich nun
die Zunftm eister, in ihrem Hause (dem Zuuftmeisterhaus,
das nachher das neue Haus bei der Fischbrücke genannt wurde)
sich beliebig zu versammcln uud zu berathen, und ihre dorti-
gen Beschlüsse hernach in den Nath zu bringen, und herrschten
deshalb über Land und Leute. Dieselben schlößen Bünd-
nisse, straften die Leute, machten Satzungen, nähmen Bürger
aus und richteten die Ehehaften der Stadt."

„Sie hätten 70 der Jhrigen im Rathe, während die Ge-
schlechter kümmerlich 25 darin zälten, ungeachtet selbige die
Hälfte des Rathes bilden sollten. Sie hätten feruer cinen Rath,

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