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Badische Fundberichte: amtl. Nachrichtenbl. für die ur- u. frühgeschichtl. Forschung Badens — 20.1956

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Kimmig, Wolfgang: Ein Bronzeschwert von Kehl a. Rh., Ldkrs. Offenburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.43787#0072

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Wolfgang Kimmig

geschlagen, weitere tiefe Rillen begrenzen schließlich auch den äußeren Heftrahmen.
Die angewandte Technik ist dabei die gleiche wie auf der Knaufplatte. Überall hat
man offenbar mit dem Grabstichel nachgezogen, um Halt für eine weißliche Inkru-
stationsmasse zu gewinnen. Der freie Raum zwischen den Blindnieten ist schließlich
durch ganz feine Punzschläge aufgerauht. Was die Blindnieten selbst anbelangt, so hat
E. Sprockhoff ausdrücklich hervorgehoben, daß es so etwas im Norden nicht gibt.
Mindestens zwei Nieten pflegen hier echt zu sein, zwei können allenfalls markieren.
Wie schon bemerkt, fügt sich das Holsteiner Schwert ganz diesem Schema ein. Griff
und Klinge sind in zwei Arbeitsgängen gegossen, offenbar steckt dabei eine Griffangel
in dem hohl gegossenen Griff, der Hohlraum selbst ist mit einer sandigen Masse aus-
gefüllt. Demgegenüber sind bei dem Kehler Schwert Griff und Klinge in einem
Arbeitsgang gegossen, der Nietkranz hat rein ornamentale Bedeutung.
Was schließlich die Klingenführung anbelangt, so ist die Klinge bei dem Holsteiner
Schwert leider dicht unter dem Griff'abgebrochen. Ein Vergleich mit echten nordischen
Schwertern zeigt jedoch, daß hier die Klingenränder stets parallel verlaufen, die Klinge
also gerade ist. Auch hierin weicht das Kehler Schwert wieder entscheidend ab, insofern
es eine schilfblattförmig geschwungene Klingenführung besitzt (schmälste Stelle 2,6 cm,
breiteste Stelle 3,6 cm). Die Schilfblattform ist jedoch eine Eigenheit, die außerordent-
lich kennzeichnend für die meisten „donauländischen“ Schwerter vorab der Urnen-
felderzeit ist. Was die Blutrillen anbelangt, so nimmt es nicht weiter wunder, daß
diese bei dem Kehler Schwert sehr tief und kräftig, bei dem Schwert aus Holstein
zierlich, ja fein gezogen sind.
Ziehen wir aus solcher Analyse das Fazit, so bleibt nur der Schluß, daß unser Kehler
Schwert nicht im eigentlichen Sinne ein nordisches Schwert ist, vielmehr nach einer
nordischen Vorlage in der Art des Schwertes aus Holstein gearbeitet worden ist. Dabei
muß der Hersteller nicht nur eine recht genaue Kenntnis nordischer Formen im all-
gemeinen besessen haben, man hat darüber hinaus geradezu die Vorstellung, daß ihm
ein Schwert des „Kieler Typs“ unmittelbar zur Hand war. Anders ist die verblüffende
Übereinstimmung kaum zu erklären. Die Kopie ist im ganzen eine durchaus gelungene,
auch wenn sie in Einzelheiten, vor allem in der Eleganz der Ornamentation, sichtbar
abweicht.
Das Schwert von Kehl ist im nordalpinen Raum ein Unikum. Am nächsten kommt
ihm, sehen wir uns gleichwohl nach Vergleichbarem um, noch das Schwert von Villon-
court (Abb. 8 a), das mit seinen tief ausgehobenen und offenbar auf Inkrustation ab-
gestellten Dreiecken auf Griffplatte und Heft an gewisse Formen der Stufe M III
erinnert. Doch ist die Anlehnung nur eine lose. Das Schwert von Villoncourt weicht
sonst durch die ovale Knaufplatte, durch die Heftgestaltung und durch die Schilfblatt-
klinge entscheidend von echten nordischen Stücken ab. Hat dem Erzgießer von Villon-
court wirklich ein nordisches Schwert vorgeschwebt, so kann ihm doch auf keinen
Fall, wie in Kehl, ein nordisches Original unmittelbar vorgelegen haben.
Bis zu diesem Punkte war die archäologisch-formkundliche Interpretation gediehen,
als mir durch die Liebenswürdigkeit von S. Junghans das Ergebnis einer metallanaly-
tischen Untersuchung bekannt wurde, nach der das Kehler Schwert einen über zwanzig-
 
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