Ein Bronzeschwert von Kehl a. Rh., Ldkrs. Offenburg
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prozentigen Zinkgehalt enthält. Da ein derart hoher Zinkzusatz in urgeschichtlichen
Bronzen im allgemeinen kaum zu erwarten ist, muß nunmehr auch mit einem moder-
nen Nachguß bei unserem Schwert gerechnet werden15). Als Indizien in diesem Sinne
könnten auch der Gußvorgang (Guß in einem Stück, ohne Verwendung echter Niete)
sowie die auffallende Schwere des Schwertes gelten, die, wie schon oben vermerkt, in
deutlichem Gegensatz zu wirklich originalen Schwertern steht.
Die schlichte Feststellung, daß unser Kehler Schwert nunmehr als moderne Imitation
zu gelten habe, hieße jedoch die Problemstellung zu sehr vereinfachen. Nachgüsse, die
etwa zu Lehrzwecken angefertigt werden, pflegen als Vorbilder gängige und vor allem
ganz erhaltene Exemplare auszuwählen. Eine weitere Aufgabe moderner Nachbildung
besteht darin, berühmte Fundstücke für museale Zwecke nachzugießen. Beide Möglich-
keiten kommen indes für das Kehler Schwert kaum in Betracht. So konnte es nicht
überraschen, daß eine Nachfrage bei der Württembergischen Metallwarenfabrik in
Geißlingen/Steige ohne Ergebnis blieb. Auch die Modellwerkstatt des ehemaligen
Reichsbundes für Deutsche Vorgeschichte, welche die verschiedenartigsten nordischen
Bronzen nachgegossen hat, hat unserer Kenntnis nach derartige Unika nicht angefer-
tigt. Zu erwägen wäre ferner, ob etwa ein sachkundiger Sammler aus Süddeutschland
das in der Kieler Universitätssammlung liegende nordische Original kennen lernte, sich
dafür interessierte und es mit einer ihm geläufigen süddeutschen Schilfblattklinge für
seine privaten Zwecke nachbilden ließ. Die Kriegsereignisse hätten dann das inzwischen
zerstörte Stück in den als Schuttabladeplatz benutzten Kinzigarm gelangen lassen. Eine
solche Lösung wäre theoretisch denkbar, auch wenn sie recht unwahrscheinliche Zu-
fälligkeiten in sich schließt. Über allem aber sollte, so meinen wir, doch auch die
Möglichkeit eines Originals nicht ganz ausgeschlossen werden. Wesentlich wäre hier
vor allem zu wissen, ob nicht doch die Verwendung von Zink in urgeschichtlichen
Bronzen gelegentlich vorkommt. Bejaht man aber antike Provenienz, so müßte es
sich um einen donauländischen Bronzegießer gehandelt haben, der einen nordischen
Schwertgriff der (späten?) Periode M II kopierte und ihn mit einer nordalpinen
Schilfblattklinge in einem Gußvorgang verband. Daß man in der Tat nordische
Schwertdetails in Mitteleuropa nachgeahmt hat, beweist etwa die Heftgestaltung des
Schwertes von Villoncourt (Abb. 8 a), doch ist andererseits die Vorstellung etwas be-
klemmend, daß unser Bronzegießer im Falle Kehl ausgerechnet eine Grifform wählte,
die selbst im Norden ausgesprochen selten zu sein scheint und die bisher lediglich in
dem Kieler Exemplar auf uns überkommen ist.
So bleibt die Deutung des Kehler Schwertes im Grunde ungeklärt. Trotzdem schien
uns seine Vorlage gerechtfertigt, einmal um durch die Bekanntgabe des Stückes mög-
15) Herr Direktor Dr. Hundt vom Röm.-Germ. Zentralmus. Mainz, der auf meine Bitte das
Schwert untersuchte, verbürgt sich ebenfalls für einen modernen Nachguß der Zeit zwischen
1870 und 1914. Im einzelnen verweist er etwa auf die Vierwirbel der Knaufplatte, deren
offenen Spiralrücklauf es in der nordischen Bronzezeit nicht gäbe, auf die eingeschnittenen
und nicht gegossenen Zierlinien und auf die nachträglich mit der Punze eingeschlagenen Perl-
reihen der Heftplatte. Auch die Aufrauhung des Grundes zwischen den Ziernieten sei kunst-
handwerkliche Übung aus der Zeit der Jahrhundertwende! Er denkt an eine Liebhaberarbeit,
die auf alle Fälle nicht im RGZM hergestellt worden sei, da auch dessen Stempel fehle.
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prozentigen Zinkgehalt enthält. Da ein derart hoher Zinkzusatz in urgeschichtlichen
Bronzen im allgemeinen kaum zu erwarten ist, muß nunmehr auch mit einem moder-
nen Nachguß bei unserem Schwert gerechnet werden15). Als Indizien in diesem Sinne
könnten auch der Gußvorgang (Guß in einem Stück, ohne Verwendung echter Niete)
sowie die auffallende Schwere des Schwertes gelten, die, wie schon oben vermerkt, in
deutlichem Gegensatz zu wirklich originalen Schwertern steht.
Die schlichte Feststellung, daß unser Kehler Schwert nunmehr als moderne Imitation
zu gelten habe, hieße jedoch die Problemstellung zu sehr vereinfachen. Nachgüsse, die
etwa zu Lehrzwecken angefertigt werden, pflegen als Vorbilder gängige und vor allem
ganz erhaltene Exemplare auszuwählen. Eine weitere Aufgabe moderner Nachbildung
besteht darin, berühmte Fundstücke für museale Zwecke nachzugießen. Beide Möglich-
keiten kommen indes für das Kehler Schwert kaum in Betracht. So konnte es nicht
überraschen, daß eine Nachfrage bei der Württembergischen Metallwarenfabrik in
Geißlingen/Steige ohne Ergebnis blieb. Auch die Modellwerkstatt des ehemaligen
Reichsbundes für Deutsche Vorgeschichte, welche die verschiedenartigsten nordischen
Bronzen nachgegossen hat, hat unserer Kenntnis nach derartige Unika nicht angefer-
tigt. Zu erwägen wäre ferner, ob etwa ein sachkundiger Sammler aus Süddeutschland
das in der Kieler Universitätssammlung liegende nordische Original kennen lernte, sich
dafür interessierte und es mit einer ihm geläufigen süddeutschen Schilfblattklinge für
seine privaten Zwecke nachbilden ließ. Die Kriegsereignisse hätten dann das inzwischen
zerstörte Stück in den als Schuttabladeplatz benutzten Kinzigarm gelangen lassen. Eine
solche Lösung wäre theoretisch denkbar, auch wenn sie recht unwahrscheinliche Zu-
fälligkeiten in sich schließt. Über allem aber sollte, so meinen wir, doch auch die
Möglichkeit eines Originals nicht ganz ausgeschlossen werden. Wesentlich wäre hier
vor allem zu wissen, ob nicht doch die Verwendung von Zink in urgeschichtlichen
Bronzen gelegentlich vorkommt. Bejaht man aber antike Provenienz, so müßte es
sich um einen donauländischen Bronzegießer gehandelt haben, der einen nordischen
Schwertgriff der (späten?) Periode M II kopierte und ihn mit einer nordalpinen
Schilfblattklinge in einem Gußvorgang verband. Daß man in der Tat nordische
Schwertdetails in Mitteleuropa nachgeahmt hat, beweist etwa die Heftgestaltung des
Schwertes von Villoncourt (Abb. 8 a), doch ist andererseits die Vorstellung etwas be-
klemmend, daß unser Bronzegießer im Falle Kehl ausgerechnet eine Grifform wählte,
die selbst im Norden ausgesprochen selten zu sein scheint und die bisher lediglich in
dem Kieler Exemplar auf uns überkommen ist.
So bleibt die Deutung des Kehler Schwertes im Grunde ungeklärt. Trotzdem schien
uns seine Vorlage gerechtfertigt, einmal um durch die Bekanntgabe des Stückes mög-
15) Herr Direktor Dr. Hundt vom Röm.-Germ. Zentralmus. Mainz, der auf meine Bitte das
Schwert untersuchte, verbürgt sich ebenfalls für einen modernen Nachguß der Zeit zwischen
1870 und 1914. Im einzelnen verweist er etwa auf die Vierwirbel der Knaufplatte, deren
offenen Spiralrücklauf es in der nordischen Bronzezeit nicht gäbe, auf die eingeschnittenen
und nicht gegossenen Zierlinien und auf die nachträglich mit der Punze eingeschlagenen Perl-
reihen der Heftplatte. Auch die Aufrauhung des Grundes zwischen den Ziernieten sei kunst-
handwerkliche Übung aus der Zeit der Jahrhundertwende! Er denkt an eine Liebhaberarbeit,
die auf alle Fälle nicht im RGZM hergestellt worden sei, da auch dessen Stempel fehle.
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