Latenezeitliche Brandgräber von Bettingen, Ldkrs. Tauberbischofsheim
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Messer mit Ringgriff sicher schon im keltischen Bereich des Mittellatene entwickelt
worden ist64 65). In La Tene selbst, das im Sinne der hier vertretenen Terminologie in sei-
ner Masse einem „späten Mittellatene“ angehören wird63), ist der Typus in seiner spe-
zifisch breiten kurzen Form schon voll ausgebildet, wobei die Griffgestaltung von vorn-
herein nicht normiert erscheint66). Der sicher keltische Ursprung unserer Messer ist
deswegen hier hervorzuheben, da die Form auch im germanischen Bereich Eingang ge-
funden hat. Dort ist sie dann, wie so- oft in solchen Fällen, lokal abgewandelt worden.
So scheint bei der germanischen Variante das Klingenblatt wesentlich schmaler geformt,
der Stilgriff stark gelängt worden zu sein67). Das schließt nicht aus, daß in dem, im
kelto-germanischen Grenzgebiet gelegenen Friedhof von Gross-Romstedt die breite
keltische Form des Bogenmessers bei weitem die häufigste ist68). In Gross-Romstedt
überwiegen Bogenmesser mit „eingebogenem“ und „hakenförmigem“ Griff, wobei nach
Hachmann die Messer mit „eingebogenem“ Griff nach ihrer Verteilung im Gräber-
feld die älteren zu sein scheinen69). Im übrigen soll nicht verkannt werden, daß unsere
Messer, wenn auch abgewandelt, in das eigentliche Spätlatene (Reinecke D) hinein-
reichen, wie z. B. die Gräber 38 und 92 von Bad Nauheim zeigen70). Auch auf dem
Hradischt bei Stradonitz lebt die Messerform in meist gelängter Form weiter71). Nur
angedeutet sei hier, daß die Frage der Verwendung unserer Messer noch immer um-
stritten ist. Da sie sowohl in Männer- wie Frauengräbern vorkommen, ist die Bezeich-
nung „Rasiermesser“ nur mit Vorbehalt aufzunehmen. Es fällt dabei auf, daß die
Bogenmesser im keltischen Bereich überwiegend, wenn nicht ausschließlich in Männer-
64) Vgl. etwa J. Dechelette, Manuel 4 (1927) 867 f. Abb. 599. — G. Behrens, Wangionengebiet
a. a. O. 47.
65) Zur Topographie und Datierung von La Tene vgl. auch E. Forrer in: Oxe-Festschrift (1938)
153 ff., ferner K. Raddatz in: Offa 11, 1952, 24 ff. mit weiterer Lit. Hier wird stets der von
P. Vouga veröffentlichte Fundplatz zwischen den beiden alten Ziehl- (Thielle) Brücken ver-
standen.
66) P. Vouga, La Tene a. a. O., Taf. 22 unten. ■— Im weiteren Umkreis von Bettingen wären an
solchen Messern zu nennen: Heidesheim (G. Behrens, Wangionengebiet a. a. O. 27 Abb. 31,
5; ders. Bodenurkunden a. a. O. 61 Abb. 222, 5). — Heppenheim (G,. Behrens, Wangionen-
gebiet 15 Abb. 19, 6; ders. Bodenurkunden 61 Abb. 221, 6). — Wöllstein (G. Behrens, Wan-
gionengebiet 38 Abb. 44, 12—15; ders. Bodenurkunden 59 Abb. 213, 12—15). ■— Nierstein
(G. Behrens, Wangionengebiet 22 Abb. 27, 4; ders. Bodenurkunden 62 Abb. 223, 4). —
Wallertheim (Mainz. Zeitschrift 24/25, 1929/30, 132 Abb. 15, 8). — Gross-Krotzenburg
(Saalburgjahrbuch a. a. O. Taf. 2, 13 —14). •—■ Bad Nauheim, Fund 88 (Saalburgjahrbuch
a. a. O. Taf. 3, 1—7). — Bad Nauheim, Fund 35 (Saalburgjahrbuch a. a. O. Taf. 8, 31—42).
—• Bruchköbel (Saalburgjahrbuch a. a. O. Taf. 8, 1—3). — Gächingen (K. Bittel, Kelten in
Württemberg 20, Taf. 3, E). — Manching, Grab 6 (BAUB 16, 1905, 36 Abb. 8, 3). — Heidel-
berg, Neuer Friedhof (Bad. Fundber. I, 1925 —1928, 73 Abb. 36, 4). — Reilingen (E. Wag-
ner, Fundstätten 2 (1911), 201 Abb. 175. — u. a. m.
67) Vgl. R. Hachmann in: Arch. Geogr. 1, 1950/51, 80 Abb. 1, 27-—32 (Gräberfeld von Rond-
sen). —• Chr. Pescheck, Frühwandalische Kultur a. a. O. 74.
68) G. Eichhorn, Gross-Romstedt a. a. O. 164 f. mit Abb. — Dort auch die ungestielten „Aus-
gangsformen“ unserer Messer noch reichlich in Gebrauch. Bogenmesser mit Ringgriff sind
hier vergleichsweise selten, doch hatte schon La Tene selbst gezeigt, daß die Abschlußbildung
zu starken Variationen neigte.
69) Arch. Geogr. 1, 1950/51, 18.
70) H. Schönberger in: Saalburgjahrbuch a. a. O. Taf. 11, 32—52; 11, 28—46.
71) I. L. Pic, Hradischt a. a. O. Taf. 34.
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Messer mit Ringgriff sicher schon im keltischen Bereich des Mittellatene entwickelt
worden ist64 65). In La Tene selbst, das im Sinne der hier vertretenen Terminologie in sei-
ner Masse einem „späten Mittellatene“ angehören wird63), ist der Typus in seiner spe-
zifisch breiten kurzen Form schon voll ausgebildet, wobei die Griffgestaltung von vorn-
herein nicht normiert erscheint66). Der sicher keltische Ursprung unserer Messer ist
deswegen hier hervorzuheben, da die Form auch im germanischen Bereich Eingang ge-
funden hat. Dort ist sie dann, wie so- oft in solchen Fällen, lokal abgewandelt worden.
So scheint bei der germanischen Variante das Klingenblatt wesentlich schmaler geformt,
der Stilgriff stark gelängt worden zu sein67). Das schließt nicht aus, daß in dem, im
kelto-germanischen Grenzgebiet gelegenen Friedhof von Gross-Romstedt die breite
keltische Form des Bogenmessers bei weitem die häufigste ist68). In Gross-Romstedt
überwiegen Bogenmesser mit „eingebogenem“ und „hakenförmigem“ Griff, wobei nach
Hachmann die Messer mit „eingebogenem“ Griff nach ihrer Verteilung im Gräber-
feld die älteren zu sein scheinen69). Im übrigen soll nicht verkannt werden, daß unsere
Messer, wenn auch abgewandelt, in das eigentliche Spätlatene (Reinecke D) hinein-
reichen, wie z. B. die Gräber 38 und 92 von Bad Nauheim zeigen70). Auch auf dem
Hradischt bei Stradonitz lebt die Messerform in meist gelängter Form weiter71). Nur
angedeutet sei hier, daß die Frage der Verwendung unserer Messer noch immer um-
stritten ist. Da sie sowohl in Männer- wie Frauengräbern vorkommen, ist die Bezeich-
nung „Rasiermesser“ nur mit Vorbehalt aufzunehmen. Es fällt dabei auf, daß die
Bogenmesser im keltischen Bereich überwiegend, wenn nicht ausschließlich in Männer-
64) Vgl. etwa J. Dechelette, Manuel 4 (1927) 867 f. Abb. 599. — G. Behrens, Wangionengebiet
a. a. O. 47.
65) Zur Topographie und Datierung von La Tene vgl. auch E. Forrer in: Oxe-Festschrift (1938)
153 ff., ferner K. Raddatz in: Offa 11, 1952, 24 ff. mit weiterer Lit. Hier wird stets der von
P. Vouga veröffentlichte Fundplatz zwischen den beiden alten Ziehl- (Thielle) Brücken ver-
standen.
66) P. Vouga, La Tene a. a. O., Taf. 22 unten. ■— Im weiteren Umkreis von Bettingen wären an
solchen Messern zu nennen: Heidesheim (G. Behrens, Wangionengebiet a. a. O. 27 Abb. 31,
5; ders. Bodenurkunden a. a. O. 61 Abb. 222, 5). — Heppenheim (G,. Behrens, Wangionen-
gebiet 15 Abb. 19, 6; ders. Bodenurkunden 61 Abb. 221, 6). — Wöllstein (G. Behrens, Wan-
gionengebiet 38 Abb. 44, 12—15; ders. Bodenurkunden 59 Abb. 213, 12—15). ■— Nierstein
(G. Behrens, Wangionengebiet 22 Abb. 27, 4; ders. Bodenurkunden 62 Abb. 223, 4). —
Wallertheim (Mainz. Zeitschrift 24/25, 1929/30, 132 Abb. 15, 8). — Gross-Krotzenburg
(Saalburgjahrbuch a. a. O. Taf. 2, 13 —14). •—■ Bad Nauheim, Fund 88 (Saalburgjahrbuch
a. a. O. Taf. 3, 1—7). — Bad Nauheim, Fund 35 (Saalburgjahrbuch a. a. O. Taf. 8, 31—42).
—• Bruchköbel (Saalburgjahrbuch a. a. O. Taf. 8, 1—3). — Gächingen (K. Bittel, Kelten in
Württemberg 20, Taf. 3, E). — Manching, Grab 6 (BAUB 16, 1905, 36 Abb. 8, 3). — Heidel-
berg, Neuer Friedhof (Bad. Fundber. I, 1925 —1928, 73 Abb. 36, 4). — Reilingen (E. Wag-
ner, Fundstätten 2 (1911), 201 Abb. 175. — u. a. m.
67) Vgl. R. Hachmann in: Arch. Geogr. 1, 1950/51, 80 Abb. 1, 27-—32 (Gräberfeld von Rond-
sen). —• Chr. Pescheck, Frühwandalische Kultur a. a. O. 74.
68) G. Eichhorn, Gross-Romstedt a. a. O. 164 f. mit Abb. — Dort auch die ungestielten „Aus-
gangsformen“ unserer Messer noch reichlich in Gebrauch. Bogenmesser mit Ringgriff sind
hier vergleichsweise selten, doch hatte schon La Tene selbst gezeigt, daß die Abschlußbildung
zu starken Variationen neigte.
69) Arch. Geogr. 1, 1950/51, 18.
70) H. Schönberger in: Saalburgjahrbuch a. a. O. Taf. 11, 32—52; 11, 28—46.
71) I. L. Pic, Hradischt a. a. O. Taf. 34.