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Bähr, Astrid
Repräsentieren, bewahren, belehren: Galeriewerke (1660 - 1800): von der Darstellung herrschaftlicher Gemäldesammlungen zum populären Bildband — Hildesheim, Zürich, New York: Georg Olms Verlag, 2009

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.72616#0082

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3.1 Johann Gottfried Bartschs Radierungen der Gemälde des Großen
Kurfürsten (um 1680)
Am Berliner Hof entstand um 1680 ein kleinformatiges Galeriewerk, das 25
Gemälde der unter Friedrich Wilhelm I., dem Großen Kurfürsten (1620-
1688), aufgebauten Sammlung zeigt.263 Womöglich angesichts der kleinen,
teilweise weniger als zehn Zentimeter messenden und oft recht unbeholfenen
Radierungen blieb die Bedeutung dieses Galeriewerks, das zu den frühesten
der Gattung überhaupt zählt, weitgehend verborgen.264 Ohne Vorwort und
gelehrten Diskurs wie die Tableaux du Cabinet du Roy und verglichen mit
Teniers' Theatrum Pictorium von bescheidenem Umfang, führt das Galerie-
werk doch ein erstaunliches Spektrum an Meisterwerken der kurfürstlichen
Sammlung vor Augen.
Friedrich Wilhelm hatte nach den verheerenden Folgen des Dreißigjähri-
gen Krieges bald nach seinem Regierungsantritt 1640 mit dem Wiederaufbau
seiner Lande begonnen. Die Vergrößerung seiner Kunstsammlung, sowohl
der Antiken, als auch von Kunsthandwerk und Kuriositäten sowie Skulptu-
ren und Gemälden, war Teil seiner Bestrebungen, einem Hof vorzustehen,
der den Vergleich mit seinen Nachbarn nicht zu scheuen brauchte, ja viel-
mehr als Kurfürst einen souveränen Status zu erlangen suchte.265
Offenbar war er sich des Potentials seiner neu aufgebauten Sammlung
bewusst, die mit dazu dienen konnte, seine gefestigte Stellung im europäi-
schen Kräftespiel nach außen zu tragen. Über seinen Gesandten in Paris,
Ezechiel Spanheim (1629-1710), der ab 1669 neben dem kurpfalzischen
auch für den kurbrandenburgischen Hof wirkte, war Friedrich Wilhelm über
die aktuelle französische Kunstpolitik Ludwigs XIV. gut unterrichtet.266 So

26' Zur Sammlung vgl. Börsch-Supan, Helmut, Die Kunst in Brandenburg-Preußen. Ihre

Geschichte von der Renaissance bis zum Biedermeier dargestellt am Kunstbesitz der Berliner

Schlösser, Berlin 1988, S. 31-53; Bartoschek, Gerd, „Ein Kurfürstliches Gemäldekabinett",

in: Der Große Kurfürst (1620-1688). Sammler - Bauherr - Mäzen, Giersberg, Hans-Joachim

(Hg.), Ausst.-Kat. Neues Palais Sanssouci, Potsdam, 10.7.-9.10.1988, Potsdam 1988, S. 134-

158 und Kühn, Margarete, „Der Gemäldebesitz der Brandenburgisch-Preußischen Schlösser",

in: Kühn, Margarete und Louis Grodecki (Hg.), Gedenkschrift Ernst Gall, München 1965,

S. 403-432.

264 Erwähnung findet das Galeriewerk insbesondere als Zeugnis der Sammlung des Großen
Kurfürsten, vgl. Dohme, R., „Die Ausstellung von Gemälden älterer Meister in Berliner Pri-
vatbesitz: I. Einleitung", in: Jahrbuch der Preußischen Kunstsammlungen, 4 (1883), S. 119-
130, der annimmt, Bartsch sei extra wegen des Galeriewerks an den Hof berufen worden, vgl.
ebenda, S. 125f. Der Große Kurfürst (1620-1688). Sammler - Bauherr - Mäzen, S. 143-146,
V27-V53 listet die einzelnen Stiche mit einem Nachweis der reproduzierten Gemälde auf.

265 Stollberg-Rillinger, Barbara, „Höfische Öffentlichkeit. Zur zeremoniellen Selbstdarstel-
lung des brandenburgischen Hofes vor dem europäischen Publikum", in: Forschungen zur
Brandenburgischen und Preußischen Geschichte, N. F. 7 (1997), S. 145-176. Zur Sammeltä-
tigkeit des Großen Kurfürsten in sämtlichen Gebieten vgl. Der Große Kurfürst (1620-1688).
Sammler - Bauherr - Mäzen.

266 Ein später erstelltes Gutachten zum Ankauf der Bibliothek Spanheims hob insbesondere
die zwölf Stichbände des Cabinet du Roy begeistert hervor, die man so quasi direkt aus Lud-

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