ZWEI UNVERÖFFENTLICHTE BLÄTTER DER INDI-
SCHEN PRUNKHANDSCHRIFT DES HAMZA-ROMANES
VON HEINRICH GLÜCK
In meiner Veröffentlichung der indischen Miniaturen des Hamza-Romanes handelte es
sich im wesentlichen um den Hauptstock der 60 Blätter im österreichischen Museum für
Kunst und Industrie und um den Besitz der ausländischen öffentlichen Sammlungen an
Bruchstücken dieser groß angelegten Handschrift der Moghulkaiser Indiens1. Mit Ein-
beziehung zweier Blätter von Mr. G. Reitlinger, London, konnten in dem Werke 97 Blätter
reproduziert, dazu noch sechs weitere im Brooklyn Institute Museum (New York) und
eines im Museum of Fine Arts in Boston festgestellt werden. Von einzelnen Blättern im
Privatbesitz und Kunsthandel wurde abgesehen, so daß sich eine Zahl von 104 ergab,
womit freilich kaum ein Zehntel des ursprünglichen Bestandes von zirka 1400 Blättern,
beziehungsweise Bildern, erreicht wurde. Schon während des Druckes und, wie zu erwarten
stand, nach der Veröffentlichung wurde ich auf weitere privat verstreute Blätter, die
zweifellos derselben Ausgabe des Hamza-Romanes angehörten, aufmerksam gemacht.
Zwei solcher Exemplare wurden mir durch gütige Vermittlung von Prof. A. U. Pope
(Philadelphia) von dem Besitzer, Henn J. Boehler (Luzern) in Lichtbildern freundlichst
zur Verfügung gestellt. Ihre ungewöhnliche Größe (hier bis zum Bildrand beschnitten),
die Aufmachung und der Stil der Bilder, sowie Schriftduktus, Text und Inhalt machen
die Zugehörigkeit zu der zirka 1550-1575 entstandenen Monumentalhandschrift zur
Gewißheit. Das eine Blatt (Abb. 1) zeigt wie in den meisten anderen Fällen auf der
Vorderseite ein vollseitiges Bild, von dessen ehemaliger farbiger Umrahmung nur wenige
Spuren erhalten geblieben sind. Rückseitig befinden sich die üblichen 19 persi-
schen Textzeilen. Beide Seiten haben besonders durch drei große Querfalten stark gelitten
und sind durch Flecken und Abschürfungen entstellt. Zudem wurden die Gesichter der
Figuren von einem sunnitischen Fanatiker verwischt, eines davon (Mitte rechts) später
roh nachgezeichnet; Immerhin ist die Szene deutlich erkennbar: Unter einem doppel-
stangigen Zelt, dessen Wände weggenommen sind (ähnlich Berliner Blatt 1, Veröffentl.
Abb. 7), thront ein Herrscher, der sich nach rechts zu einem knienden Mann wendet,
vor dem Geräte und ein Beutel auf dem Teppich liegen. Links sitzt, nach den entblößten
Armen zu schließen, eine Frau, hinter ihr offenbar das Gefolge des Herrschers. Hinter
dem Zelt beiderseitig je ein schräg gestellter Baldachin, das ganze hinten von einer halb-
kreisförmigen Schirmwand umgeben, die rechts auch nach dem Vordergrund übergreift.
Hier spielt sich vor der Estrade des Königs ein Überfall ab, bei dem mehrere Männer
gefangen werden, beziehungsweise bereits gefesselt sind, während andere hinzueilen.
1 Die indischen Miniaturen des Hamza-Romanes im österreichischen Museum für Kunst und Industrie in Wien
und in anderen Sammlungen, Amalthea-Verlag, Zürich, Wien, Leipzig 1925.
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SCHEN PRUNKHANDSCHRIFT DES HAMZA-ROMANES
VON HEINRICH GLÜCK
In meiner Veröffentlichung der indischen Miniaturen des Hamza-Romanes handelte es
sich im wesentlichen um den Hauptstock der 60 Blätter im österreichischen Museum für
Kunst und Industrie und um den Besitz der ausländischen öffentlichen Sammlungen an
Bruchstücken dieser groß angelegten Handschrift der Moghulkaiser Indiens1. Mit Ein-
beziehung zweier Blätter von Mr. G. Reitlinger, London, konnten in dem Werke 97 Blätter
reproduziert, dazu noch sechs weitere im Brooklyn Institute Museum (New York) und
eines im Museum of Fine Arts in Boston festgestellt werden. Von einzelnen Blättern im
Privatbesitz und Kunsthandel wurde abgesehen, so daß sich eine Zahl von 104 ergab,
womit freilich kaum ein Zehntel des ursprünglichen Bestandes von zirka 1400 Blättern,
beziehungsweise Bildern, erreicht wurde. Schon während des Druckes und, wie zu erwarten
stand, nach der Veröffentlichung wurde ich auf weitere privat verstreute Blätter, die
zweifellos derselben Ausgabe des Hamza-Romanes angehörten, aufmerksam gemacht.
Zwei solcher Exemplare wurden mir durch gütige Vermittlung von Prof. A. U. Pope
(Philadelphia) von dem Besitzer, Henn J. Boehler (Luzern) in Lichtbildern freundlichst
zur Verfügung gestellt. Ihre ungewöhnliche Größe (hier bis zum Bildrand beschnitten),
die Aufmachung und der Stil der Bilder, sowie Schriftduktus, Text und Inhalt machen
die Zugehörigkeit zu der zirka 1550-1575 entstandenen Monumentalhandschrift zur
Gewißheit. Das eine Blatt (Abb. 1) zeigt wie in den meisten anderen Fällen auf der
Vorderseite ein vollseitiges Bild, von dessen ehemaliger farbiger Umrahmung nur wenige
Spuren erhalten geblieben sind. Rückseitig befinden sich die üblichen 19 persi-
schen Textzeilen. Beide Seiten haben besonders durch drei große Querfalten stark gelitten
und sind durch Flecken und Abschürfungen entstellt. Zudem wurden die Gesichter der
Figuren von einem sunnitischen Fanatiker verwischt, eines davon (Mitte rechts) später
roh nachgezeichnet; Immerhin ist die Szene deutlich erkennbar: Unter einem doppel-
stangigen Zelt, dessen Wände weggenommen sind (ähnlich Berliner Blatt 1, Veröffentl.
Abb. 7), thront ein Herrscher, der sich nach rechts zu einem knienden Mann wendet,
vor dem Geräte und ein Beutel auf dem Teppich liegen. Links sitzt, nach den entblößten
Armen zu schließen, eine Frau, hinter ihr offenbar das Gefolge des Herrschers. Hinter
dem Zelt beiderseitig je ein schräg gestellter Baldachin, das ganze hinten von einer halb-
kreisförmigen Schirmwand umgeben, die rechts auch nach dem Vordergrund übergreift.
Hier spielt sich vor der Estrade des Königs ein Überfall ab, bei dem mehrere Männer
gefangen werden, beziehungsweise bereits gefesselt sind, während andere hinzueilen.
1 Die indischen Miniaturen des Hamza-Romanes im österreichischen Museum für Kunst und Industrie in Wien
und in anderen Sammlungen, Amalthea-Verlag, Zürich, Wien, Leipzig 1925.
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