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DER KÜNSTLERISCHE SCHMUCK DER
CORVIN-CODICES
VON EDITH HOFFMANN
Die wissenschaftliche Wichtigkeit, der Bibliothek des Königs Matthias wurde von seinen
Zeitgenossen und den Humanisten des 16. Jahrhunderts mindestens so hoch geschätzt
wie ihr künstlerischer Wert. Mit dem. Vorwärtsschreiten der Wissenschaft aber verlor
sie aus diesem Gesichtspunkte immer mehr an Ansehen und besonders seit dem ig. Jahr-
hundert gewann die Frage des künstlerischen Schmuckes der Corvin-Codices und der
damit verbundenen Fragen immer mehr an Bedeutung. Diese Reihenfolge in der Be-
wertung entspricht im ganzen und großen der eigenen Auffassung des großen Herrschers,
betreffs seiner ihm so teueren Schöpfung, des einzig überlebenden Zeugen der einstigen
Pracht seines Hofes, dieser fremden aber glänzenden künstlerischen Kultur, die er in
seiner Heimat zielbewußt entfachte und die — nachdem sie da schon fast einheimisch
geworden — mit der Niederlage bei Mohäcs beinahe spurlos verschwand.
Der Thron, auf welchen der junge König 1458 erhoben wurde, war ein bescheidener,
ja fast dürftiger Thron1. Mit den ihm nach bisherigen Brauch zustehenden Einkünften,
die noch dazu durch die sich fortwährend erneuernden Kämpfe der ersten Jahre auf-
gezehrt wurden, war nicht auszukommen. Die schwere Frage der Zukunft war es, diese
Einkünfte dermaßen zu steigern, daß nicht nur die ständigen Geldschwierigkeiten1 ihr
Ende nehmen, sondern daß größere Summen sogar auf künstlerische Zwecke verwendet
werden könnten. Seine Büchersammlung kann damals noch keine Bibliothek genannt
werden. Die Bücher, welche der Jüngling zu den von seinen Vorfahren ererbten Stücken
erwarb, dienten offenbar mehr zur eigenen Weiterbildung, als zur Befriedigung seiner
künstlerischen Ansprüche. Es waren einfach ausgestattete, nur des Textes halber gewählte
Handschriften kleineren Umfanges, welche er — laut einer Aufzeichnung aus dem Jahre
1465* — inmitten seiner unausgesetzten Kriege allabendlich in seinem Bette las.
Damals hatte er noch keine größeren künstlerischen Ansprüche. Er nahm die Dienste
der Maler bloß bei Herstellung von Wappenbriefen in Anspruch, wobei er den Auftrag
immer von Fall zu Fall erteilte. Der Schmuck dieser Wappendiplome zeigt jene Art
des gotischen Blütenschmucks, welcher sich unter dem in dieser Zeit ausschlaggebenden
Einfluß der benachbarten westlichen Gebiete im Laufe des ausgehenden 14. und im
15. Jahrhundert in Ungarn heranbildete. Und welchen man auch in der einfacheren,
aller Wahrscheinlichkeit nach in Ungarn verfertigten Handschrift des Grauer (Esztergom)
Erzbischofs Johannes Vitez, dem Krakauer Regiomontanus vorfindet (1)2, wie auch in
dem viel sorgfältiger geschmückten Victorinus-Codex (2), welcher wahrscheinlich eben-
1 D. Csänki, Elsö Mätyäs udvara, Budapest 1884, S. 10 und 54. 2 Die Ziffern in runder Klammer verweisen
auf das Codices-Verzeichnis am Ende der Arbeit.
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