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Benndorf, Otto
Die Metopen von Selinunt: mit Untersuchungen über die Geschichte, die Topographie und die Tempel von Selinunt — Berlin, 1873

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https://doi.org/10.11588/diglit.1109#0010
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II

Selinunt hat sich nie zu der Bedeutung einer Stadt erhoben, welche befähigt gewesen wäre,
selbständig in die Geschicke der alten Welt einzugreifen: seine Geschichte, wie sie in gelegentlichen
zusammenhanglosen Berichten vorliegt, ist in die Aufgaben und Schicksale grösserer Staaten ver-
flochten. Wie alle günstig gelegenen Colonien in erstaunlich raschem Anwachsen und verhängniss-
voller Steigerung von Macht und Reichthum begriffen. Hess es sich zu Ansprüchen verleiten, welche
eine frühe schwere Niederlage hervorriefen, dagegen in der entscheidenden Zeit ohne nachhaltige
Widerstandskraft finden, welche einen neuen Aufschwung hätte begründen können. Mit der ersten
Zerstörung durch die Karthager im Jahre 409 hat es jede politische Bedeutung, mit der zweiten
im Jahre 249 seine staatliche Existenz eingebüsst. Für das spätere Alterthum war es, wie Mykenai,
eine Ruine vergessener Zeiten.

Selinunt ist von einer dorischen Colonie im Norden von Syrakus, von Megara Hyblaia, nach
Diodor im Jahr 651, nach einer Combination anderer Angaben denen die neuere Forschung1)
grössere Zuverlässigkeit beimisst, ungefähr im Jahre 628 gegründet worden. Nach alter Sitte wurde
das Feuer des Staatsheerds und der Cultus der Götter, welche die neue Colonie begleiteten, aus
der hellenischen Mutterstadt Megara eingeholt. Unter der Führung des von dort gesandten Oikisten
Pammilos wagten sich die Ansiedler in ein entferntes, noch nicht besetztes Gebiet der Insel, welches den
Phönikiern, die sich unter dem stetigen Vordringen der Griechen auf die Westküste zurückzogen,
allem Anschein nach erst abzugewinnen war. Wie die Mutterstadt Megara sich um eine doppelte
Akropolis ausbreitete, so war es ein Paar benachbarter Hügel, auf dem sie die Gründung voll-
zogen.2) Geeignetes, leicht zu gewinnendes Baumaterial trafen sie an Ort und Stelle oder in unmit-
telbarer Nähe, und bald bezeugten ihre Tempel, dass hellenische Gottheiten vom Lande Besitz

melt von Reinganum a. o. 0. p. 101 — 176, und
Brunei de Presle recherches sur les etablissements
des Grecs en Sicile, Paris 1 845. Einige Nachträge hat
A. Holm Geschichte Siciliens im Alterthum I und im
bullettino della commissione di antichitä e belle arti di
Sicilia no. IV p. 2 folg. gegeben.

') A. Holm Geschichte Siciliens p. 881 folg. E.
Wölfflin Antiochos von Syrakus p. 6 folg.

2) Dicht am Meer, vergl. Thucyd. 17, 1 : toiv os
tto^ewv oaai uiv VEiutata lüxi'aihjaav xat fjorj ttAuhiao)-
xipojv ovtiuv, iTEpiouat'ai; u.aAAov e^oujoci yprju.ocT<dv Sit
aürot; toTc atyia^ol? tei^soiv e'/.tiCovto. Nach den Re-
geln Vitruv's I i, I wäre die gewühlte Lage in mehr als
einer Beziehung ungünstig.
 
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