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Altertumsverein zu Wien [Hrsg.]
Berichte und Mitteilungen des Altertums-Vereines zu Wien — 5.1861

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Sacken, Eduard von: Kunstdenkmale des Mittelalters im Kreise ob dem Manhartsberge des Erzherzogthums Niederösterreich
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https://doi.org/10.11588/diglit.68343#0134
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Kunstdenkmale des Mittelalters etc.

103

Dagegen sind die in das Fenstermasswerk eingefugten herrlichen Blumen ganz übereinstimmend mit den
älteren Tafeln und beweisen, dass diese die ursprünglichen Fenster sind.
An den Pfeilern des Orgelchores sind zwei Al t ar sehr ein e mit geschnitzten Figuren aufbewahrt.
In dem einen sieht man den heil. Martin, seinen Mantel mit einem am Boden hockenden Krüppel theilend,
rechts Jacobus d. ä., links Christoph, tüchtig mit Tact und ausgebildeter technischer Fertigkeit geschnitzt,
von schlichtem Ausdruck aber ohne besondere Feinheit der Empfindung, — eine gute Schularbeit. Bei
weitem besser ist der zweite Schrein mit drei bekrönten Jungfrauen (die Attribute fehlen, wahrscheinlich
Katharina, Barbara, Margaretha, die so häufig zusammen dargestellt werden), sehr anmuthige, feine
Gestalten von jenem eigenthümlichen Reiz der Unschuld und Jungfräulichkeit, der den Werken aus dem
Ende des XV. oder Anfang des XVI. Jahrhunderts eigenthümlich ist. Die lieblichen Köpfe mit demuths-
voll gesenkten Augen sind mit hohen ausgeschweiften Kronen geschmückt. Die Figuren beider Schreine
sind naturgemäss bemalt mit vergoldeten Gewändern ’).

Friedersbach, Hardegg.

Die Pfarre wurde im J. 1250 gegründet; Hugo Turso von Lichtenfels erscheint in der darüber
ausgestellten Urkunde als Zeuge. 1263 war dessen Oheim Hartung Pfarrer daselbst 1 2). Die dem heil.
Laurentius geweihte Kirche hatte ursprünglich niedrigere Abseiten mit halbrunden Altarnischen ge-

schlossen, ist also noch von romanischer Anlage, aber durch ungeschicktes Umbauen sind die alten

Formen fast vollständig verwischt; das Mit-
telschiff ist mit einem Netzgewölbe bedeckt.
Der Chor zeigt reine gothische Formen; die
reich profilierten Rippen der einfachen Kreuz-
gewölbe werden von einzelnen Halbsäulen

Fig. 37.


angebrachte Inschrift Auskunft: Chadold plbs. ulricus.

getragen. Das Fenstermasswerk ist im edlen
Style gehalten, aus Drei- und Vierblättern
in einem Kreise oder Quadrat mit gekrümm-
ten Seiten bestehend. Über die Zeit der Er-
bauung gibt eine an einem Strebepfeiler
oder. . fres füdatores huis opls. anno dm.

m.c.c.c.c.vni. coples est ops. Darunter: Chadold plbs und das Wappen Fig. 37 (ein Drachenfuss);
auf einem andern Strebepfeiler: Ulrich oder, und ein Wappen, in demselben ein kreuzförmiges Be-
schläge. Also der von dem Pfarrer Chadold und dessen Bruder begonnene Bau (des Chores) wurde 1408
vollendet.

Mehrere Fenster haben noch Reste von schönen Glasmalereien, die aber äusserst defect sind.
Zwei Tafeln zeigen die Stifter, schlichte Männer in betender Stellung; im zweiten Fenster mehrere
Heilige: Leonhard, Magdalena, Barbara, Helena, schlanke, edle Gestalten mit empfindungsvoll
gezeichneten Köpfen; im dritten Fenster ist noch ein heil. Christoph und Maria mit dem Kinde in der
Glorie erhalten, in einem andern Christus am Kreuze, links ein Scherge mit dem Schwamme, eine phan-
tastische Figur, rechts der Soldat mit der Lanze, ferner der Apostel Matthias und noch ein Heiliger.
Diese Bilder zeigen den ausgebildeten Styl des XV. Jahrhunderts, feine Köpfe, stark gebrochene Fal-
ten, Freiheit in Stellung und Bewegung. Die Farben sind frisch und klar, aber nicht sehr intensiv; das
Feld hinter jeder Figur ist mit zierlichen Desseins geschmückt.

1) Über die Grabmäler der Familie Lindegg, besonders das sehr schön gearbeitete mit einem trefflichen, die heil,
drei Könige darstellenden Marmor - Relief geschmückte des Kaspar von Lindegg zu Lisanna (f 1588) s. Reil;
„Donauländchen“ 431, Sclimidl: „Wiens Umgebungen“ I, 388 und Lichtenberger in den „Berichten und
Mittheil, des Alterthums-Vereines“ I, 304.
2) Fräst: „Stiftungen - Buch von Zwetl“ 358.
 
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