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Die Bewegung: Zeitung d. dt. Studenten — 4.1936

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Nr. 52 (23. Dezember 1936)
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Dke öewegung

Nummer iK

Sekte S

1)re »«^e^sa^tie^e Ve»usK«»»«A.

Kvieden? Kriede aui Grden!

Wir haben uns nachgerade im Verlaufe
der vergangenen vier Jahre daran gewöhnt,
datz das Ausland übel von uns spricht und
uns beschuldigt. Wir haben uns daran ge-
wöhnt, den Vorwurf zu hören, daß wir den
Frieden stören. Heute, unmittelbar vor dem
Weihnachtsfefte, wankt tatsächlich die Welt,
ünd es ist nicht mehr das Vorrecht schwach-
nerviger Menschen, besorgt oder gar ge-
ängstigt der Jahreswende entgegenzusehen,
sondern geradezu das bessere Teil ehrlicher
und klar denkender Männer geworden, mit
Entwicklungen zu rechnen, die von verant-
wortungsbewußten Eeistern nie herbeige-
wünscht werden können. Und wenn eines
die Ereuellügen und gegen Deutschland ge-
richteten Anschuldigungen der letzten Jahre
widerlegen konnte, so sind es die heute sest-
stellbaren Tatsachen: Es ist llnruhe und
Blutvergießen auf dem westlichen Teil un-
seres Kontinents; es drohten schwerste Ver-
wicklungen «n den Erenzen des britischen
Jinperiums; es drohen im Fernen Osten
Revolution und blutige Zusammenstöße der
Völker; aber Deutschland ist an keinem der
Konflikte beteiligt und erfreut sich einer
innenpolitischen Ruhe, wie sie kaum je für
möglich gehalten wurde.

Die Frage, warum man Deutschland so be-
harrlich des Kriegswillens beschuldigte, ist
schon oft gestellt und noch öster beantwortet
worden. Es ist mllßig, wieder näher darauf
einzugehen. Es muß nur ganz allgemein
sestgestellt werden — denn dies ist die
Grundlage aller die Eeister heute beherr-
schenden llnruhe —, daß das Versailler Dik-
tat die llrsache aller Nöte und Ängste bildet,
von denen die Menschheit erfaßt ist. Auf
der einen Eeite, nämlich bei den Eewinnern
de« Weltkrieges, ist es das schlechte Eewissen,
das sie nicht zur Ruhe kommen läßt; bei den
anderen, den Neutralen, ist es die Furcht,
in eine an sich berechtigte Vergeltungsunter-
nehmung miteinbezogen zu werden; bei den
Verlierern des Weltkrieges ist es die hand-
greisliche Not und die schandbare Mißachtung
ihres Selbstgefühls, das diese Kriegspsychose
geschaffen hat.

Deutschland hat sich von den Punkten
des Versailler Vertrags losgesagt, die seine
Souveränität einengten und seine Ehre be-
schnitten. Es hat sich nicht von der 1919 neu-
geschaffenen sogenannten Ordnung, die
allerdings keine Ordnung war, sondern eine
gemeingefährliche Konstruktion, losgesagt,
weil dann der europäische Vau zusammen-
gestürzt wäre und fraglos alle europäischen
Völker unter sich begraben hätte. Das ist
der größte Beitrag, den Deutschland zum
allgemeinen Frieden beigesteuert hat. Der
zweite allgemeine Beitrag zum Weltfrieden
ist die Wiederherstellung der deutschen Sou-
veränität, also die Wiedererrichtung der
deutschen Wehrhoheit, die Wiederbesetzung
der Rheinlande und letztlich die Rückführung
der deutschen Ströme unter die Oberhoheit
des Neiches. Deutschland hat diese Schritte
getan in der Erkenntnis, daß eine derartige
Einschränkung des Vestimmungsrechtes über
eigenen Erund und Vodcn zu Konslikten
führen muß, wenn ein Volk davon über-
zeugt ist, daß ihm llnrecht geschieht und das
nationale Gewissen sich dagegen aufbäumt.

Diese llberlegungen stnd auch in der Welt-
össentlichkeit angestellt worden, sie sanden
sogar hier und da Anerkennung. Eines aber
hat man uns immec wieder vorgeworfen,
nämlich, warum Deutschland nicht auf dem
Verhandlungswege versucht habe, diese Un-
gerechtigkeiten rückgüngig zu machen, und in
sriedlichen Besprechungen mit seinem Nach-
barn die Fragen zu regeln, die sich aus die-
sen llngerechtigkeiten ergeben hatten. Wir
könnten tausend Veweise unseres guten Wil-
lens anführen, solche Neuregelungen zu schaf-
fen. Sie sind alle mißlungen. Ob wir an die
Saar erinnern, ob wir an unsere Vemü-
hungen auf der Abrüstungskonferenz denken,
ob wir die Vorschläge Deutschlands zu einer
beschränkten Verstärkung des Heeres aus
200 090 oder 300 000 Mann unseren heuti-
gen Mahnern ins Eedächtnis zurückrufen —
all das ist vielfach getan und der Welt von
der zuständigen Stelle nachdrücklich ins Ve-
wußtsein gerufen worden. Wie die Eeister
1919 vom Haß und von dem Eedanken an
Vergeltung verblendet waren, so sind sie es
später aus Furcht aeblieben.

Es ist wohl selten in der neueren Ee-
stbjchte ein solches Erstaunen durch die

Welt gelaufen, wie am Anfang des denk-
würdigen Jahres 1934, als Deutschland
und Polen ein zehnjähriges Freundschafts-
abkommen schlossen. Zwei Staaten, die
1ö Jahre lang in notorischer Feindschaft
nebeneinander gelebt hatten, deren Ver-
hältnis sich 1933 so zuspitzte, dnß aus aller
Welt Neugierige herbeiströmten, um die
erwartete Auseinandersetzung von möglichst
nahe beobachten zu können, schlossen ein
Abkommen, 10 Jahre lang alle Feindselig-
keiten zu unterlassen, und stellten sich die
Aufgabe, in dieser Zeit möglichst viele der
schwebenden Fragen auf friedlich-schiedliche
Weise zu regeln und möglichst zu einem
sreundschaftlichen Verhältnis zu kommen.
Es ist ein Zeichen unserer verworrenen
Zeit, daß selbst angesichts dieses erdrücken-
den Beweises friedlichen Wollens die

Die Beauftragung Dr. Eustav Adolf
Scheels mit der FUHrung des gesamten
deutschen Studententums zu Beginn des
Novembers 1936 war verbunden mit dem
gleichzeitigen Auftrag des Stellvertreters
des Fiihrers und des Reichs- und Preußi-
schen Ministers für Wissenschaft, Erziehung
und Volksbildung, dem deutschen Studen-
tentum eine neu'e, eindeutig klare rechtliche
Stellung zu schaffen. In seiner program-
matischen Rede auf Schloß Solitude bei
Stuttgart hat der Reichsstudentenfiihrer Dr.
Scheel am 10. November aufgezeigt, welche
Aufgaben er sich zu bewältigen vorgenom-
men hat. Er stellte damals die Eroßziele
heraus.

Die Geschichte des deutschen Studenten-
tums ist reich an programmatischen Reden.
Den wenigsten Führern war es vergönnt,
ihr Programm durchzuführen. Es ist hier
nicht der Raum, zu untersuchen, durch wes-
sen Schuld.

Die neugeschaffene Lage hat aber bereits
ihre ersten Ergebnisse gezeigt. Die Einheit
der Fiihrung ist nicht nur als Tatsache ver-
öffentlicht worden, sondern sie hat sich jllngst
dadurch bewiesen, daß der Reichsstudenten-
fllhrer die Eingliederung der Deutschen
Fachschulschaft in die Deutfche Studente.n-
schaft vollziehen konnte und gleichzeitig die
Reichsschaft der Studierenden als eine un-
organische Dachorganisation auflöste.

Stimmen in der Lberzahl waren, die in
dem deutsch polnischen Abkommen ein Ma-
növer und womöglich gar einen gegenseiti-
gen Betrug sehen wollten. Sie haben un-
recht behalten, denn sie beurteilten dieses
hochpolitische Ereignis von jener Mentali-
tät aus, die durch das Versailler Diktat
geschaffen worden war.

Deutschland ist auf dem Wege, möglichst
viel zum Frieden der Welt beizutragen,
weitergegangen. Wie es an seiner Ost-
grenze die Ruhe auf friedliche Weise her-
stellte, hat es auch dasselbe an seiner West-
grenze versucht. Es ist eines der schwersten
Opfer des Reiches gewesen, als der Füh-
rer ein für allemal auf jeden Anspruch
auf Elsaß-Lothringen verzichtete.

Deutschland hat dieses Opfer gebracht, im
Hinblick darauf, daß eine ständige Kampf-
stellung der beiden benachbarten Eroßmächte
nicht nur beide Völker, sondern die ganze
Welt in ewiger Unruhe hätte halten mllssen.

Nun hat die letzte Woche wiederum ein-
schneidende Maßnahmen gebracht, die einen
gewaltigen Schritt zur endgllltigen Berei-
nigung aller schwebenden Fragen bedeuten.
Reichsminister R u st erließ die Anordnung,
daß kllnftighin, d. h. bis zum Jnkrafttreten
einer neuen Verfassung der Deutschen Stu-
dentenschaft, der Reichsstudentenführer die
Leiter der Studentenschaften und Fachschul-
schaften selbst bestellt und äbberuft.

Es ist bekannt, daß bisher der Reichs-
wissenschaftsminister sich dieses Recht selbst
vorbehielt, und es ist ein verheißungsvolles
Dokument des Vertrauens, daß er es nun-
mehr dem neuernannten Reichsstudenten-
fllhrer delegierte.

Dr. Scheel hat ebenfalls in der ver-
gangenen Woche an eine Reihe namhafter
Männer der Partei und des Staates die
Einladung ergehen lassen, zu einem Aus-
schuß znfammenzutreten, dessen Aufgabs die
Schaffung der neuen studentischen Verfas-
sung sein soll. Erfreulicherweise hat schon
heute ein Eroßteil der Eingeladenen die
Bereitwilligkeit zur Mitarbeit erklärt. Es
kann damit gerechnet werden, daß schon in
kurzerZeit — etwa zu Beginn des Januars
1937 — der neugebildete Verfassungsaus-
schuß zusammentritt.

llber das Wesen der neuen Verfassung
werden in einer kurzen Verlautbarung fol-
gende Ausfiihrungen gemacht:

Es ist aus diesen überlegungen heraus noch
weiter gegangen und hat der französischen
Regierung vorgeschlagen, einen Nichtangriffs-
pakt für die Dauer von 25 Iahren abzu-
schließen und gleichzeitig unter Earantie
der anderen westlichen Eroßmächte Europas
beiderseits der deutsch-französischen Erenze
eine entmilitarisierte Zone zu schaffen, um
auch jeden nur möglichen Erund des Miß-
trauens zu beseitigen. Frankreich hat bis-
her leider nicht die innere Sicherheit gefun-
den, um auf diesen Vorschlag so ernsthaft zu
antworten, wie er es verdient hätte.

Jn anderer Weise hat der reale Sinn der
Engländer auf das deutsche Angebot geant-
wortet, die deutsche und die britische Flotte
in ein ständiges feststehendes Verhältnis zu
bringen, das einerseits den großen Aufgaben
der britischen Seemacht und andererseits den
Vedürfnissen des Deutschen Reiches gerecht
wird. Im Iuni 1935 wurde das deutsch-eng-
lische Flottenabkommen geschlossen, das eine
Flottenrivalität ausschließt und damit jenen
Hauptgrund des deutsch-englischen Zerwürf-
nisses ausschaltete, das die tiefere Ursache
des Weltkrieges gewesen war.

Wenn man diese Hauptpunkte der Frie-
denspolitik des nationalsozialistischenDeutsch-
. lands zusammenfaßt, dann ergibt sich ein
Aktivposten von außerordentlichem Eewicht.
Wir können alle anderen deutschen Ange-
bote an unsere übrigen Nachbarn, Nicht-
einmischungs- und Schiedsverträge zu schlie-
ßen, mit Berechtigung und Stolz diesem
Werke hinzufllgen, doch genügt es, der Welt-
öffentlichkeit sowohl als auch uns Deutschen
gegeniiber allein das tatsächlich Erreichte
festzuhalten und davon auf die zukllnftige
Entwicklung des europäischen Schicksals, so-
weit es von uns abhängig ist, zu schlietzen.
Wenn wir weiter daran denken, daß sich
unser Verhältnis zu Italien, zu Österreich
und anderen mitteleuropüischen Ländern in
dem Jahre, das sich nun seinem Ende zu-
neigt, in erfreulicher Weise entwickelt hat,
so dllrfen wir, ohne llberheblich zu werden,
feststellen, daß unser Veitrag zum Frieden
mehr wiegt als alle Bemühungen um die
sogenannte Organisation des Friedens oder
die „kollektive Friedenssicherung" französisch-
sowjetrussischer Eedankenfllhrung. Wir wol-
len keine miißigen Behauptungen aufstellen,
aber der Eedanke liegt nicht so fern, als
manche es wahrhaben möchten. daß nämlich
durch das aktive Eingrerfen der deutschen
nationalsozialistischen Regierung in die
europäische Politik nicht einmal, sondern
mehrfach eine Entwicklung abgeschnitten
worden ist, die zum größten Unheil dieses
Jahrhunderts hätte fllhren können.

„Die Verfassung hat, ausgehend von
der Erziehungs- und Führungsaufgabe
der NSDAP. an den Hoch- und Fach-
schulen und der Sicherung der wissen-
schaftlichen und fachlichen Höchstleistung
des Studententums, die Führungs-, Or-
ganisations- und Verwaltungsaufgaben
organisch auf den Erundsätzen der Ein-
heit von Partei und Staat und der füh-
rungsmäßigen Einheit der Hochschule auf-
zubauen."

Diese beiden hier genannten Maßnah-
men ergeben zusammen mit der in Folge 50
der „Bewegung" angekündigten endgülti-
gen Befriedung des deutfchen Studenten-
tums einen Abschluß des Kampf- und Ar-
beitsjahres 1936, wie er schöner und erfolg-
versprechender nicht sein könnte. Die deut-
schen Studenten dürfen mit dem frohen Ve-
wußtsein in die Weihnachtsferien gehen,
daß mit dem neuen Jahr unter der Füh-
rung Dr. Scheels eine würdige und bedeut-
same Epoche deutschen Studententums ein-
geleitet werden wird. Lr.

HaupUchristleiler und verantworllich sur den Gesamtin»
I,alt: Dr. Wilhelm Kaffl, Slellvertr.: Dr. Karl Rau,
beide in München. Anschrift der Hauptschriftleitung: Mün-
chcn, Schellingfti. M, Fernrus Müt. Fllr Len Anzcigcnteil
vcranlworllich: Gcorg Kienle. Verlag Franz Eher Nach»
folger, GmbH. Druck: Mllnchner Buchgcwerbehaus M.
Mllllcr L Soi,n KG. Sämiiichc in Mllnchen. Durchschnitts-
auslagc 3. Viertcljayr 1S36: iiber 23 000 Stlick, davon
Mllnchener Hochschulnachrichicn über 3ÜÜÜ Etllck. Anzeigcu-
preise laut auflicgcnder Preislists Nr. ö. — Fllr unver-
langl eingesandtc Manuskripte und Bilder übcrnimmt die
Schristlcltung keinc Vcrantwortung. Rllckfcndung erfolqt
mir, wenn Riichporto beiliegt. J„ jedcm Fnll miisien
Manuikript und Biider mit Nnmeu und Adrelse des Ler-
fassers bzw, Einscndcrs verfehcn jein.

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V/sibkischtski

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Eingljedevung dev deutschen Kachschulschast / Gvnennung dev Studentensühvev duvch Dv. Scheel

Äusammentvitt des vevsassunsSauSschusseS
 
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